Christoph Daum bleibt FC erhalten VON KARLHEINZ WAGNER, 21.05.08, 23:20h, AKTUALISIERT 22.05.08, 09:13h Köln - Es ist vielleicht richtig, dass Geschichte sich nicht wiederholt; aber dass Bilder und Situationen sich ähneln - das kommt dann doch immer wieder vor, selbst wenn die Anlässe unterschiedlicher nicht sein könnten. Als Christoph Daum, Trainer des Bundesliga-Aufsteigers 1. FC Köln, am Mittwoch um 23.02 Uhr die Konferenzebene des Geißbockheims verließ und in ein Mikrofon sagte: "Zuerst das wichtigste: wir arbeiten weiter zus..." - da ging der Rest seines Satzes unter in einem Jubelschrei vor dem Vereinsheim versammelten FC-Fans wie seinerzeit die Mitteilung des Außenministers Hans-Dietrich Genscher ("...,dass Ihre Ausreise bewil...") an die DDR-Bürger auf dem Gelände der deutschen Botschaft in Prag unter dem Jubel der Ausreisewilligen. Genschers Botschaft leitete alles in allem die baldige Wiedervereinigung der deutschen Staaten ein. Wohin Daums Verbleib beim 1. FC Köln den Klub nun führt, wird die nahe Zukunft weisen. FORUM: Der 1. FC Köln und der Aufstieg
Daums Mitteilung war der Schlusspunkt unter einen dreizehneinhalbstündigen Verhandlungs-Marathon, wie es ihn in Fußball-Deutschland womöglich noch nicht gegeben hat. Um 9.37 Uhr war Daums Anwalt Stefan Seitz vor dem Haus des Trainers im Kölner Stadtteil Hahnwald vorgefahren. Die nach und nach eintrudelnden Journalisten rechneten mit einer baldigen Verkündung eines Ergebnisses: Daum bleibt, oder Daum geht. Für beide Varianten hatte der Trainer in den vergangenen Tagen plausible Erklärungen veröffentlichen lassen. Dass aber so schnell nicht mit einer Klärung zu rechnen war, deutete sich erstmals an, als um 13 Uhr Daums Assistent und Dauer-Faktotum Roland Koch zu der Runde dazu stieß. Verhandlungen im Geißbockheim Um 18.09 Uhr öffneten sich dann die Tore von Daums Villa, die von einer pudelgroßen, goldenen Löwenfigur bewacht werden. Daum, sein Anwalt und Koch rauschten zu ihren Fahrzeugen, Daum verweigerte jede Mitteilung, lediglich einen sachdienlichen Hinweis gab er: "Wir fahren jetzt zum Geißbockheim." Eine Viertelstunde später war die Delegation dort eingetrudelt, erwartet offenbar von Geschäftsführer Michael Meier, denn Anwalt Seitz erklärte immerhin: "Wir sprechen jetzt mit der Geschäftsführung." Keine Rede von Präsident Wolfgang Overath und/ oder dessen Stellvertreter Jürgen Glowacz. Ja, bestätigte Seitz noch kurz, die Geschäftsführung sei über Daums Entscheidung informiert, dennoch seien weitere Gespräche denkbar: "Gespräche führen kann man immer." Dann schlossen sich die Tore des Klubheims. Um 20 Uhr stieß Claus Horstmann, der Finanzmanager des Klubs, zu der Verhandlungsrunde dazu. Vor dem Klubheim stieg die Zahl der FC-Anhänger kontinuierlich an. Einer von ihnen trug ein FC-Trikot des Österreichers Toni Polster aus der Zeit vor den vielen Ab-und Aufstiegen; jeder der Neugierigen hatte seine eigene Theorie über das, was hinter den verschlossenen Rolläden wohl vor sich gehen möge. Allgemeiner Tenor: es geht da drin um Geld. LESERKOMMENTARE: Was sagen Sie zur Trainerentscheidung?
"Herzensangelegenheit FC" Diese These war relativ narrensicher, denn die beiden Hauptkonzepte, die Daum zuletzt zugerechnet worden waren, drehten sich beide sehr heftig um Geld. Daum will weg, pokert aber um eine Abfindung aus seinem noch bis 2010 laufenden Vertrag, den er - und nur er - im Halbjahrestakt ohne weitere Begründung kündigen darf. Oder Daum bleibt, verlangt aber vom Klub Investitionen in die Mannschaft, die die Schmerzgrenze des Vereins berühren, nein: überschreiten. Und wenn der Klub nicht mitzieht, tritt der "Daum will weg"-Fall wieder ein. Komplizierte Sache, aber 13,5 Stunden sind ja auch eine lange Zeit. "Wir haben bei den sportlichen und finanziellen Rahmenbedingungen Deckungsgleichheit herstellen können", sagte Daum bei seiner finalen Ansprache in einem Satz von erstaunlicher Kompliziertheit, wo doch womöglich ein simples: "Der Klub tut alles, was ich will" genau so richtig gewesen wäre. All die Sätze mit den Emotionen und den Fans, die die Klubanhänger so gerne hören, folgten ebenso wie die Ankündigung, die "Herzensangelegenheit 1. FC Köln" jetzt künftig auch fachlich weiter entwickeln zu können. Persönliche Ambitionen zurückgestellt Manager Michael Meier musste erst die darauf folgenden "Christoph Daum!"-Gesänge der Fans ausklingen lassen, bevor er seinerseits Freude und Zufriedenheit über den Gang der Dinge aussprechen durfte. Daum habe seine persönlichen Ambitionen - bekanntlich immer noch die Champions League - zurückgestellt, sagte Meier, um das fortzusetzen, was mit dem Aufstieg des 1. FC Köln in die Bundesliga eingeleitet sei. Diesen Weg mit einem anderen Trainer zu gehen - das habe er sich ohnehin nicht vorstellen können. Somit ist beim 1. FC Köln alles beim alten und alles neu zugleich. Neu wäre aber vor allem, wenn den großen Worten auch ordentliche Taten folgen würden. Als erste Maßnahme verlegte Daum jedenfalls schon einmal seinen ab heute geplanten Urlaub: "Jetzt werden die Ärmel hochgekrempelt." Fans wollen Daum Für die FC-Fans war die Lage schon immer klar: Mit großer Mehrheit hatten sie sich für einen Verbleib Daums in Köln ausgesprochen. In einer Umfrage auf ksta.de , die eine Rekordbeteiligung von fast 30 000 Stimmen erreichte, wollten 74 Prozent Christoph Daum auch für die kommende Saison beim FC halten. SMS-NEWS: Aktuelles vom FC aufs Handy
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