Sympatischer und gut geschriebener Beitrag.
Dein Optimismus zeugt in jedem Fall von einer gesunden Gemütsverfassung und einer positiven Denkweise.
Nur leider halte ich Deine Sicht nicht für allzu realistisch.
Es wäre viel zu oberflächlich und kurz gegriffen, die Krise, die wir seit 2008 erleben, auf den Immobiliencrash in den USA und die Subprimekrise zu reduzieren, und die Staatschuldenkrise allein auf diesen Einmaleffekt, unser Bankensystem gerettet zu haben, zurückzuführen. Das Problem der öffentlichen und privaten Verschuldung ist zwar erst durch diese Ereignisse eskaliert. Sie waren dabei aber wohl mehr Symptom der Krankheit unseres Finanzsystems, als dessen eigentliches Problem.
Die Vereinigten Staaten haben den höchsten Stand öffentlicher und privater Verschuldung seit Ihrer Geschichte! Und zwar nicht nur nominal sondern auch real!
Hier eine sehr interessante Rede von Marc Nuttle (ehemaliger Berater von Reagan)
http://www.youtube.com/watch?v=cC6YmlQIlgw
Alle europ. Staaten leben im Grunde über ihre Verhältnisse - seit JAHRZEHNTEN! Selbst Deutschland steht, was seine Verschuldung betrifft, längst nicht so gut da, wie viele meinen - wenn man mal einen Blick auf die implizite Staatsverschuldung wirft. Die liegt nämlich um ein Vielfaches höher!
http://de.ibtimes.com/articles/17759/20100215/...-vielfach-hoeher.htm
Hier nochmal ein guter Artikel:
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/...luege/4654530.html
Bei den anderen europ. Ländern wird es wohl ähnlich katastrophal aussehen.
Die sozialen Sicherungssysteme sind in dieser Form, wie man leider aber deutlich erkennen kann, unbezahlbar. Drastische Veränderungen werden wohl leider unumgänglich sein. Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt und tun dies heute noch!
Die viel zitierten Sparbemühungen und Reformen, gehen einerseits noch längst nicht weit genug und sind anderen teils bisher auch nicht viel mehr als bloße Absichtserklärungen.
Die Schuldenbremese soll bei vielen Staaten erst 2020 einsetzen. Besser als nichts, stimmt. Aber wenn die Staaten bis dahin munter weiter Schulden machen, wird sich der Berg bis dahin vielleicht auf ein vielfaches aufgebläht haben. Falls die Staaten bis dahin nicht schon längst pleite gegangen sind! Aufgrund des Zinseszinseffektes (Zinsen von alten Schulden, werden durch die Aufnahme neuer Schulden bezahlt, die wiederum verzinst werden müssen!) steigt die Verschuldung nämlich exponentiell an.
Ausserdem bedeutet eine Schuldenbremse keinen Schuldenabbau! Es wird nur die Neuverschuldung entsprechend reduziert!
Für einen Schuldenabbau wurden bisher noch keine glaubwürdigen Konzepte vorgelegt. Ohne einen entsprechenden Schuldenabbau dürfte aufgrund des Zinseszinseffektes eine Veringerung der Neuverschuldung aber kaum möglich sein!
Die Mastrichtverträge wurden auch nicht eingehalten (Leider, denn dies hätte uns diese Schuldenkrise zumindest in Europa wahrscheinlich erspart) Die No-bail-out-Klausel der EU-Verträge wurde ebenso wenig eingehalten. Die EZB kauft plötzlich Staatsanleihen auf - wobei ihre Statute im Grunde strikt dagegen sprechen!
Die Verträge werden also an ökonomisch und politisch vermeintliche Notwendigkeiten angepasst.
Im Zweifel dürfte das 2020 bei Eintritt der Schuldenbremsen genau so sein. Ich sehe bisher also wenig gewonnen.
Um wirkliche alle Zusammenhänge und Auswirkungen unseres Geldsystems zu erfassen, müsste man noch viel tiefer in das Thema einsteigen, als es im Rahmen dieses Forums möglich ist.
Zum Einstieg/Vertiefung ein Link zu einer hervorragenden Doku, die 2010 sogar nen Filmpreis als beste Doku des Jahres gewonnen hat:
http://www.youtube.com/watch?v=swkq2E8mswI
Eine Lösung dieser Probleme wird aller Wahrscheinlichkeit nach ohne eine längere Rezession kaum möglich sein. (Falls nicht zufällig wieder gerade irgendeine bahnbrechende Erfindung, wie die Dampfmaschine oder das Internet die Bühne der Welt betritt ;))
Kenneth Rogoff (ehemaliger Chefökonom vom IWF) und Carmen M. Reinhardt haben ausserdem ein ganz tolles Buch veröffentlicht " Dieses Mal ist alles anders", in dem sie 800 Jahre Wirtschaftsgeschichte empirisch analysiert haben. Wir erleben mit diesen Ergebnisssen übereinstimmend bisher einen typischen Verlauf solcher Krisen. Am Ende steht eine große Vernichtung von Geldvermögen, eine Umverteilung von oben nach unten (daraus resultierend) - und natürlich auch ein Reset des Systems inkl. Währungsreform. Mal sehen ob es diesmal anders wird - wäre dann allerdings in 800 Jahren Wirtschafts- und Währungsgeschichte die große Ausnahme!
Das ist zwar ziemlich schmerzhaft und katastrophal, heißt aber nicht, dass nun die Welt untergeht ;)
Es heißt übrigens auch nicht, dass die Aktienmärkte nun nächste Woche in den Keller müsssen, oder nächsten Monat oder nächstes Jahr.
Der Auftrieb ist nicht zuletzt auch ein Stück weit Liquiditätsgetrieben. Irgendwo muss das Geld ja hin. Wenn weiter eifrig für Liquidität durch die Zentralbanken gesorgt wird, kann es sein, dass wir dieses Jahr vielleicht sogar nochmal neue Höchststände in den Indizes sehen. Wer weiß das schon? Das wäre dann wohl ein typischer Crack-Up-Boom.
Wie dem auch sei, wo sich die Märkte auch hinbewegen werden, "Alles Gut" sieht jedenfalls anders aus, als das gegenwärtige Umfeld.
Ich glaube, dass wir erst ganz am Anfang von einer Phase tiefgreifender Veränderungen stehen |