Quelle: Primondo Intranet
Essen, den 7. Mai 2009 Sehr geehrter Herr Patzelt, sehr geehrter Herr Sindel, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
ich danke Ihnen für Ihre Schreiben zum Konsolidierungsprogramm. Ich möchte gerne die Gelegenheit nutzen, einige Aspekte aus meiner Sicht darzustellen. Als ich am 1. März die Verantwortung als neuer Vorstandsvorsitzender der Arcandor AG bernommen habe, war mir bewusst, dass wir das Unternehmen angesichts der kritischen inanzkennziffern sowie angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise nur durch einen konsequenten Konsolidierungskurs sichern können. Am 18. März habe ich in meinem Brief an die Mitarbeiter des Konzerns geschrieben, ein „Weiter so!“ wie bisher sei nicht möglich. Diese Auffassung habe ich in einem ausführlichen Interview in der maz für die Mitarbeiter noch einmal inhaltlich vertieft. Da mir sehr an einer offenen und transparenten Kommunikation gelegen ist, war das Konsolidierungsprogamm demnach für niemanden eine Überraschung. Am Montag, den 20. April, aben wir dann zeitgleich mit der Öffentlichkeit die Mitarbeiter über das Konzept informiert. Die Vorabveröffentlichung einiger Medien auf Basis ungenannter Informanten am Wochenende uvor ist sicherlich bedauerlich, aber bei einem Projekt dieses Umfangs kaum zu verhindern. Mit einem Interview in der Bild am Sonntag haben wir den Spekulationen der Medien konkrete Aussagen entgegen setzen können. Zudem ist es im Rahmen unseres Konzeptes wichtig, die Politik in Berlin und Düsseldorf von unserem Weg zu überzeugen.
Seit Anfang März haben wir intensiv an dem Konsolidierungsprogramm gearbeitet, das das Ziel erfolgt, Banken, Eigenkapitalgeber, die Politik und andere wichtige Partner von der Zukunftsfähigkeit unserer Handelsgeschäfte nachhaltig zu überzeugen. Arcandor, seine Unternehmen und seine Mitarbeiter sollen eine Chance erhalten zu beweisen, dass wir mit unseren Geschäften auf Dauer Geld verdienen können. Diesen Beweis werden wir jedoch nur dann antreten können, wenn wir zuvor im Vertrauen auf unser Konzept weitere Unterstützung erfahren. Davon hängt alles andere ab. Ich bin mir darüber im Klaren, dass das am 20. April vorgestellte Konzept insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Skepsis, bei manchen auch auf erste Ablehnung trifft. Das war nicht anders zu erwarten, denn das Konzept greift in die bestehenden Strukturen ein. Manche Mitarbeiter fragen mich, warum wir nicht am ersten Tag konkret erklären, was mit den Atrys-Einheiten geplant ist und was eine gemeinsame Beschaffung für die tägliche Arbeit bedeutet.
Hier möchte ich einem Missverständnis vorbeugen. Das Konzept ist kein detaillierter Aktionsplan, in dem bereits jetzt alle Einzelmaßnahmen bis ins letzte Detail vorgezeichnet sind. Das Konsolidierungsprogramm gibt den Kurs, die Richtung und auch das Ziel vor, aber es lässt genügend Raum für angepasste Lösungswege und neue Ideen auf dem Weg zum Ziel. Wir wollen diesen Freiraum ganz bewusst, um handlungsfähig zu sein und den jeweils besten Weg zu finden. Verbunden mit diesem Freiraum ist allerdings auch zum heutigen Zeitpunkt die Unfähigkeit, alle Detailfragen zu beantworten. Fragen wie: Was bedeutet die Separierung von Kernund Nicht-Kerngeschäft konkret für mich und meinen Arbeitsplatz? Was heißt „Weiterentwicklung“? Warum sagt uns keiner, was genau passiert? Wird es Schließungen geben? Wer kauft das KaDeWe? Und wie sehen zukünftig die Schnittstellen zwischen Category Management und Beschaffung aus? Ich verspreche Ihnen, diese Fragen werden beantwortet, sobald wir die Antworten erarbeitet haben. Einige Fragen werden früher, andere werden später zu beantworten sein. Bitte schauen Sie ins Intranet und nutzen Sie die Mitarbeiter-Zeitung, um sich zu informieren. Dort werden die von Ihnen gestellten Fragen entsprechend adressiert. Doch auch das Management und die Führungskräfte bei Primondo und Karstadt sind in diesen Tagen vor Ort, um die Mitarbeiter persönlich über das Konsolidierungskonzept zu informieren. Marc Sommer hat knapp 2.000 Primondo-Mitarbeiter im Rahmen von zwei Mitarbeiter-Versammlungen informiert und Stefan Herzberg und seine Geschäftsführung sprechen in diesen Tagen ebenfalls mit mehreren Tausend Karstadt-Mitarbeitern über die anstehenden Veränderungen. An dieser Stelle möchte ich noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen zu den von Ihnen kritisierten Teilen des Konsolidierungsprogramms machen. Mit Atrys möchte ich beginnen. Atrys ist ausdrücklich keine separate Gesellschaft, in die Firmenteile, Gesellschaften oder Mitarbeiter ausgegliedert werden. Alles, was wir tun, findet unter Berücksichtigung des im Herbst 2008 vereinbarten Zukunftspaktes statt. Die Karstadt-Mitarbeiter bleiben ebenso Karstadt-Mitarbeiter wie die Quelle-Mitarbeiter Mitarbeiter der Quelle GmbH bleiben werden. Die operative und disziplinarische Führung verbleibt dabei in den jeweiligen Handelssegmenten. Alle möglicherweise anstehenden Veränderungen in den Gesellschaften werden selbstverständlich mit den Sozialpartnern besprochen und vereinbart. Atrys wird drei Jahre arbeiten, um als Entwicklungseinheit seine Aufgabe zu vollenden. Dabei arbeitet die neue Generalbevollmächtigte Zvezdana Seeger Hand in Hand mit den operativen Vorständen Marc Sommer (Primondo) und Stefan Herzberg (Karstadt). Das Management im
Versandhandel und im Warenhaus kann sich mit voller Aufmerksamkeit um das Kerngeschäft im Segment konzentrieren. Zvezdana Seeger prüft für alle Atrys-Geschäfte die jeweils optimalen Optionen für eine Weiterentwicklung. Auch wenn Schließungen und Stellenabbau nicht unser Ziel sind, so möchte ich hier ein weiteres Mal betonen, dass wir auch diese Maßnahmen zum heutigen Zeitpunkt nicht vollständig ausschließen können, sollte sich keine alternative Lösung finden lassen. Ich möchte betonen, dass die Tatsache, als Einheit von Atrys weiterentwickelt zu werden, keinen Malus darstellt. Das KaDeWe, Profectis oder die Quelle-Kundenzentren zum Beispiel sind für sich genommen erfolgreiche Geschäfte, allerdings entsprechen sie nicht dem Kerngeschäftsmodell in ihrem jeweiligen Segment. Im Warenhaus konzentrieren wir uns auf die profilierte Mitte der Gesellschaft mit Sortimenten, einer Kundenansprache und einer Betriebsgröße, die für die verbleibenden 81 Karstadt-Filialen funktioniert. Bei Primondo fokussieren wir uns auf das reine Versandhandelsgeschäft. Geschäfte, die im bestehenden Rahmen keinen positiven Ergebnisbeitrag leisten, können dies vielleicht in einem anderen Unternehmensumfeld bzw. einer veränderten Konstellation. Wir werden konsequent nach diesen Chancen suchen. Die zentrale Beschaffung stellt eine weitere grundlegende Veränderung dar, die zwangsläufig zu Anpassungen in den Organisationen führen wird. Wir wollen durch eine engere Verzahnung des Einkaufs von Handelswaren und Nicht-Handelswaren bis zu fünf Prozent des gesamten Einkaufsvolumens von über sieben Milliarden Euro im Konzern einsparen. Das geht nur, wenn wir Prozesse und Strukturen verändern und die Bereitschaft mitbringen, über die Firmengrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Das setzt auch eine veränderte Unternehmenskultur voraus, die bislang sehr dezentral geprägt war. Arnold Mattschull hat diese Aufgabe als neuer Generalbevollmächtigter bernommen und ich erwarte, dass er dabei von allen Beteiligten nach Kräften unterstützt wird.
Bleibt die Frage, weshalb Zvezdana Seeger und Arnold Mattschull Vorstandsmitglieder werden sollen. Die Antwort ist, dass von ihrer Arbeit und dem Erreichen ihrer Zielsetzung ebenso viel abhängt wie vom Erfolg der Vorstandskollegen in den operativen Segmenten Thomas Cook, Primondo und Karstadt. Aus diesem Grunde sollen sie auch dieselbe Verantwortung tragen und die Chance erhalten, die Unternehmenspolitik im Vorstand mitzugestalten. Lassen Sie mich zum Abschluss des Briefes noch einmal betonen, welch großen Respekt ich Ihnen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihren Beitrag zur Zukunftssicherung des Unternehmens entgegenbringe. Er ist Ausdruck höchster Loyalität, Verbundenheit und Identifikation. Das kann Ihnen nicht hoch genug angerechnet werden. Deswegen werde ich es nicht zulassen, dass bei aller konstruktiven Kritik und beim Ringen um den richtigen Weg der soziale Frieden im Unternehmen gestört wird. Meine Vorstandskollegen und ich persönlich stellen uns dem Dialog mit Ihnen. Allerdings sage ich mit ebensolcher Verbindlichkeit, dass wir als Vorstand nach allen notwendigen Gesprächen letztendlich Verantwortung tragen zu entscheiden und umzusetzen, das aus unserer Sicht für die nachhaltige Zukunft dieses Unternehmens und seiner Arbeitsplätze erforderlich ist. In den vergangenen Wochen haben wir zahlreiche Briefe, Faxe und E-mails von besorgten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Karstadt und Primondo zu dem Konsolidierungskonzept erhalten. Wir verstehen diese Sorgen, hoffen jedoch auf Ihr Verständnis, dass wir nicht alle schriftlichen Einlassungen individuell beantworten können. Bitte verstehen Sie diesen Brief, den wir auch im Intranet veröffentlichen, als stellvertretende Beantwortung der allermeisten dort angesprochenen Aspekte.
Ich freue mich auf den weiteren Dialog.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Gerhard Eick |