Quelle: Primondo Intranet
(29.4.09) Hier im Intranet und beim Betriebsrat konnten Sie Anfang vergangener Woche Ihre Fragen zum Konsolidierungsprogramm stellen, die die Verantwortlichen Ihnen ebenfalls hier im Intranet beantworten werden. Die für Primondo relevanten Antworten finden Sie hier.
Was ist/ wird Atrys? Kunstname, Kürzel, Gesellschaftsform? a) Was ist der Grund für die Schaffung dieser neuen Querschnittseinheit? b) Weshalb die „willkürlich“ erscheinende Zuordnung, welche Bereiche zu Atrys gehen und welche Kerngeschäft bleiben? (siehe stationärer Handel + Karstadt Häuser) c) Was hat Atrys für einen Einfluss auf den abgeschlossenen Zukunftspakt? d) Welche Optionen verbergen sich hinter der Formulierung Weiterentwicklung von Teilen von Atrys? e) Ist Atrys eine Auffanggesellschaft? Warum sind auch profitable Gesellschaften, wie Profectis bei Atrys angesiedelt? f) Atrys als rechtlich eigenständige Einheit mit Marketing, Beschaffung und Leistungsverrechnung?
Atrys ist ein Kunstname ohne spezifische Bedeutung. Es ist rechtlich keine Gesellschaft, sondern eine Projektorganisation mit geplantem Vorstandsrang. Der Zukunftspakt hat weiter Bestand. Grund für die Bildung von Atrys ist die angesichts der Finanzlage des Konzerns notwendige Konzentration auf das Kerngeschäft in den Handelssegmenten. Die Trennung erlaubt den Blick auf die tatsächlich profitablen Kerngeschäfte bei Primondo und Karstadt. Die Aufgliederung in Kern- und Nicht-Kerngeschäfte ist erfolgt anhand von zwei Kriterien: Es gibt Geschäfte, die zwar erfolgreich sind, aber nicht zum eigentlichen Kerngeschäft gehören. In diese Kategorie fallen zum Beispiel die Premium-Häuser, die im Vergleich zu den normalen Karstadt-Filialen andere Zielgruppen, Sortimente und Betriebsgrößen haben. Das gilt aber beispielsweise auch für Profectis oder die Kundenzentren, die zwar erfolgreich sind und das Homeshopping-Geschäft unterstützen, aber im Kern andere Geschäftsmodelle betreiben. Es gibt aber auch Gesellschaften, die aufgrund unterschiedlicher Gründe mehr Geld benötigen als sie erwirtschaften. Diese Geschäfte können im Rahmen von Karstadt und Primondo auf Dauer nicht weiter betrieben werden. Außerhalb können sie aber unter bestimmten Umständen eine Zukunft haben. Die Chancen dazu werden jetzt durch Atrys geprüft und entwickelt.
Grund für die Aufgliederung sind auch die seit der Bankenkrise deutlich strengeren Regularien für die Kreditvergabe von Banken. Ein weiteres Engagement der Banken bei Arcandor ist zwingend an glaubwürdige Erfolgschancen gebunden. Die im „Kerngeschäft“ der Handelssegmente verbleibenden Einheiten sind in Summe vom ersten Tag an positiv und bringen Gewinn. Ein Engagement seitens der Banken ist so deutlich wahrscheinlicher. Die Fortführung der bestehenden Kredite ist erforderlich für den gesamten Konzern, also auch für die Primondo-Atrys-Einheiten. Eine Weiterentwicklung dieser Gesellschaften wird jeweils individuell und unter Berücksichtigung der jeweiligen Voraussetzungen erfolgen. Die Optionen reichen von strategischen Partnerschaften über Management Buy-Outs, Sanierungen, einen Verkauf, die Entwicklung neuer Geschäftsfelder bis zu Schließungen.
Wie sieht die Zeitschiene für die organisatorischen Veränderungen aus?
Atrys wird rund drei Jahre an der Entwicklung der Gesellschaften arbeiten und Lösungen entwickeln.
Ist neben der Möglichkeit des Management Buy Out auch an ein Employee Buy Out gedacht?
Alle Optionen werden geprüft.
Was bedeutet in diesem Zusammenhang „strategisches Fit“?
Man muss sich sowohl bei Karstadt als auch bei Primondo für ein konkretes Geschäftsmodell entscheiden und das dann auch konsequent umsetzen. Karstadt fokussiert sich auf die profilierte Mitte der Gesellschaft in den deutschen Innenstädten und Primondo positioniert sich als Homeshopping-Gruppe mit dem strategischen Fokus auf E-Commerce, internationale Expansion und Spezialformate. Gesellschaften, die diese Geschäftsmodelle betreiben und keine dauerhaften Verlustbringer sind, bleiben Teil der Kerngeschäfte und entsprechen dem strategischen Fit.
Werden wir Staatshilfen erhalten? Was wird geschehen, wenn wir keine Bürgschaft erhalten?
Wir brauchen die Unterstützung aller Partner und Beteiligten. Selbstverständlich werden wir auch die Möglichkeiten in Anspruch nehmen, die der Staat zur Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise für Unternehmen zur Verfügung stellt. Derzeit führen wir entsprechende Gespräche in Berlin, Brüssel und Düsseldorf. Allerdings haben wir noch keinen offiziellen Antrag gestellt. Entsprechend liegen auch noch keine konkreten Ergebnisse vor. Aus diesem Grund macht es keinen Sinn, jetzt bereits über eine nicht erfolgte Bewilligung zu spekulieren.
Was konkret bedeutet die Zentralisierung der Beschaffung? a) Wie soll die Neugestaltung der Beschaffung aussehen? Die Details dazu werden derzeit mit den Einkaufs- und Sortimentsverantwortlichen erarbeitet. Ziel ist es, durch entsprechende Mengenbündelung und die Reduzierung der Lieferanten fünf Prozent des heutigen Beschaffungsvolumens von über sieben Milliarden Euro einzusparen.
Wie werden Mitarbeiter über die Auswirkungen des Konsolidierungsprogramms in Zukunft informiert? a) Wöchentlich, monatlich? b) Warum erfahren wir erst über die Presse, wie es um das Unternehmen bestellt ist?
Wir werden Sie immer dann informieren, wenn es neue Entscheidungen und Entwicklungen gibt.
Die Aussage aus Frage b) können wir so nicht stehen lassen. Herr Dr. Eick hat die Mitarbeiter mit einem Brief am Tag der Hauptversammlung am 18. März über die Lage des Unternehmens informiert. Des Weiteren hat er in einem sehr ausführlichen Interview in der Mitarbeiterzeitung maz die Situation und das weitere Vorgehen dargelegt. Die Medien haben sogar aus diesem Interview zitiert, weil es für sie in dieser Form neu war. Das Interview in der Bild am Sonntag am 19. April war sehr allgemein, aber notwendig, um die politische Öffentlichkeit in Berlin auf das bevorstehende Konsolidierungsprogramm vorzubereiten. Damit konnte auch auf Informations-Lücken in Bankenkreisen reagiert werden, die zu spekulativer Berichterstattung in der „Euro am Sonntag“ geführt hatte. Am selben Tag hat der Aufsichtsrat in Essen getagt und ist dort über das geplante Programm informiert worden. Als börsengeführtes Unternehmen sind wir nach Gesetz verpflichtet, unverzüglich die Öffentlichkeit über kursrelevante Entscheidungen zu informieren. Das ist am 20. April auch geschehen. An diesem Montag hat Herr Dr. Eick in einem weiteren Mitarbeiterbrief am frühen Morgen ausführlich das vom Vorstand beschlossene Konsolidierungs-programm erläutert. Zeitgleich ist die Öffentlichkeit informiert worden. Eine Vorabinformation der Mitarbeiter ist rechtlich nicht zulässig, da alle Mitarbeiter damit automatisch zu Insidern werden. Selbstverständlich ist und bleibt es unser erklärtes Ziel, die Mitarbeiter spätestens gleichzeitig mit der Öffentlichkeit zu informieren.
Thomas Cook / Karstadt: Weshalb müssen die Mitarbeiter von Thomas Cook keinen Beitrag zum Zukunftspakt leisten? Karstadt und Quelle haben immerhin 800 Mio Euro für Thomas Cook Anteile bezahlt. Wir Karstadt/Quelle-Mitarbeiter haben somit den Arbeitsplatz von TC Mitarbeiter gesichert und zahlen auch noch im Zukunftspakt dafür und werden ggf. unsere Arbeitsplätze verlieren.
Thomas Cook ist ein eigenständiges börsennotiertes Unternehmen, das in London an der Börse notiert ist. Arcandor ist zwar der größte Anteilseigner, hat aber keinen operativen Durchgriff auf das Unternehmen. Die Unternehmensleitung von Thomas Cook ist gegenüber allen Anteilseignern verantwortlich, nicht nur gegenüber Arcandor. Als Gegenwert für die 800 Millionen Euro hat Arcandor Aktien erhalten, keinen Anspruch auf Einkommenskürzungen von Thomas Cook Mitarbeitern.
Laut Expertenmeinung ist die Karstadt-Strategie auf die Mitte der Gesellschaft nicht Erfolg versprechend und in der Vergangenheit hat Karstadt in diesem Bereich viele Kunden verloren. Weshalb jetzt trotzdem der Weg der profilierten Mitte und warum werden die lukrativen Premium-Häuser zum Verkauf gestellt?
Gegen die Discounter mit ihren unglaublich effizienten Kostenstrukturen und hohen Quadratmeterumsätzen kommt das Warenhaus nicht an. Auf der anderen Seite haben sich in den vielen Jahren steigender Prosperität im Premiumsegment immer mehr Spezialisten etabliert. Auch die kann man mit Karstadt nicht imitieren. Allerdings ist anzunehmen, dass das obere Preissegment die Rezession am stärksten zu spüren bekommt. Die Menschen, die das Karstadt Warenhaus ansprechen will, bilden den größeren Teil der Bevölkerung ab. Die breite Mitte wird wieder gewinnen. Gerade in der Rezession könnte sich der Trend der vergangenen Jahre wieder drehen. Karstadt will zudem eine deutlich breitere Bevölkerungsgruppe ansprechen, und zwar hinsichtlich Alter und Einkommen. Die Premium-Häuser sind zwar erfolgreich, allerdings lassen sich die Konzepte nicht 1:1 auf Städte wie Bielefeld und Augsburg übertragen. Sie verfolgen mit ihren Sortimenten, Luxusmarken und Zielgruppen ein anderes Geschäftsmodell als die 81 Karstadt-Filialen. Aus diesem Grunde gehören sie nicht mehr zum Kerngeschäft.
Marc Sommer, CEO Primondo
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