Bambam11 (#17044), da stimme ich Dir voll zu - und leider scheint diese Taktik der Verunsicherung derzeit aufzugehen. Was mich dabei enttäuscht: Ich habe das Gefühl, dass das Management von P7S1 auf Tauchstation gegangen ist oder es fatalistisch aufgegeben hat, sich zu wehren. Hinter den Kulissen mag das zwar anders aussehen, aber ändert das etwas an der desolaten Entwicklung des Kurses von PSM777? P7S1 steht heute operativ wieder gut da - zweifellos ein Verdienst von Beaujean und seiner Führungsriege. Dem Management ist es andererseits aber nicht gelungen, das Vertrauen der Investoren wieder zu gewinnen. Keiner großer Investor ist interessiert, den Übernahmeambitionen aus Italien stellt sich niemand offensiv in den Weg. Das ist leider Fakt.
Die Entwicklung der letzten Jahre:
Thomas Ebeling hat P7S1 am 1.2.2018 vorzeitig verlassen (müssen). An jenem Tag war die Aktie noch 31 Euro wert. Interessant ist der Vergleich der Geschäftssdaten seines letzten Amtsjahrs mit den jetzigen Werten. Ich vergleiche unten die Werte von 2017, da war Ebeling fast noch voll im Amt, mit den aktuellen Daten. Das unsäglich peinliche Intermezzo von Max Conze dazwischen blende ich aus. Link zu den Zahlen: https://www.finanzen.net/bilanz_guv/prosiebensat1
Die grobe Entwicklung seit 2017 sieht so aus:
... Umsatz-Anstieg seit 2017 um ca. 10% von 4''078 auf jetzt 4''494 Euro ... Ergebnis je Aktie nach Steuern minimal von 2,06 auf 1,98 Euro gefallen ... Eigenkapitalquote seit 2017 von 18,36% auf 25,71% verbessert ... folglich Rückgang der Gesamt-Verbindlichkeiten von 5''419 auf 4''729
Positiv ist auch, dass nach den turbulenten Jahren mit zwei Führungswechseln jetzt wieder Ruhe eingekehrt ist.
Das sieht also alles ordentlich aus. Aber wo Licht ist, gibt es auch Schatten:
... Gesamte Dividendenausschüttung von 435' auf 111' gekürzt, also um fast 75% gegenüber 2017. Laut Dividendenstrategie sollen 50% von einem "bereinigten" (?) EBIT ausgeschüttet werden. Die Kriterien der Bereinigung (wer / aus welchem Anlass / wie stark) kenne ich nicht. Da besteht m.E die Gefahr willkürlicher Manipulationen. Diese Intransparenz trägt nicht zur Vertrauensbildung bei.
... Je Aktie errechnet sich gegenüber 2017 ein Dividenden-Rückgang von 1,93 Euro auf 0,80 Euro. Das bedeutet, dass trotz des weitaus höheren Aktienkurses die Rendite im letzten Ebeling-Jahr mit 6,7% höher war als 2021 mit 5,7% . Hinweis: Berechnungsgrundlage ist jeweils der Jahresendkurs - am 30.12.21 lag der Kurs von PSM777 etwas über 14 Euro.
... Der Börsengang / Verkauf von Parship-Meet / Flaconi liegt auf Eis. Von daher kein Rückenwind mehr für den Aktienkurs. Zu lange oder zu hoch gepokert und verloren? Schweigen im Walde.
... Starker Anstieg der Mitarbeiterzahl von 6.565 auf 7.906 (+20%). Der Aufbau von Joyn erfordert hohe Investitionen - ob sich diese wenigstens längerfristig rentieren oder Joyn nur "schöngerechnet" wird, kann man von außen niemand seriös beurteilen.
Mein Fazit:
1) Die Entwicklung des Unternehmens ist positiv, aber es fehlt bei den Investoren die Zuversicht, dass nach einem jahrelangen Kursdebakel jetzt endlich der Wendepunkt erreicht ist.
2) Die Aussicht, dass Silvio womöglich zu schlechter Letzt doch noch zum Zuge kommt, ist vermutlich für manchen Investor auch wenig reizvoll (siehe die von Nagartier mehrfach geposteten, jämmerlichen Geschäftszahlen von MFE). Ich nehme an, dass der Italiener bei einer Übernahme / Fusion doch hohe Kredite aufnehmen würde, die dann beim fusionierten MFE-Unternehmen in der Bilanz auftauchen und über viele Jahre hinweg z. L. künftiger Dividenden abbezahlt werden müssen.
3) Die Dürrejahren ohne Dividende (2019, also vor COVID) bzw. mit drastisch reduzierter Dividende für 2020 wirken nach. Sie wecken - gerade auch wegen der aktuell übervorsichtigen Dividendenpolitik - derzeit kaum Vertrauen, dass nach jahrelangem Kursverfall endlich die Wende kommt. Vergröbert, kann man die folgende provokative Gleichung aufstellen: 75% weniger Dividende gegenüber 2017 = 67% Verlust beim Aktienkurs Bevor ich jetzt geköpft werde: Die Zusammenhänge sind natürlich komplexer, aber eine deutliche Korrelation zwischen Dividendenausschüttung und Aktienkurs ist wohl unbestreitbar.
4) Mag sein, dass auch mentale Unterschiede eine Rolle spielen: Thomas Ebeling war ein schlitzohriger Charismatiker, der zu überzeugen wusste. Rainer Beaujean macht dagegen auf mich den Eindruck eines penibel-korrekten Kaufmanns, der seine Kröten zusammen rafft und in diversen Sparstrümpfen versteckt - es könnten ja mal wieder schlechtere Zeiten kommen. Fleißig, seriös, fachlich top. Aber: Den Markt hat er offenbar trotzdem bisher nicht überzeugen können. Einen nachhaltigen Turnaround beim Aktienkurs hat man trotz respektabler operativer Fortschritte von P7S1 nicht geschafft. Das ist wenig attraktiv für Investoren. Sie können ja kaum übersehen, wie mies sich der Aktienkurs entwickelt. 5) Als Investor kommt man scon ins Grübeln, wieso für das abgelaufene GJ bei einem Gewinn von 979' gerade mal 181' an die wegen des Kursverfalls ohnehin gebeutelten Aktionäre ausgeschüttet werden. Die Aktie steckt in einem Teufelskreis: Rückläufiger Kurs >> Sinkendes Vertrauen der Investoren >> Kaufzurückhaltung >> weitere Kurserosion >> ... Dieser Kreislauf spielt Silvio voll in die Karten. Um ihn zu durchbrechen, wäre vielleicht mal ein lauter Paukenschlag wichtig (gewesen), um das Interesse des Marktes an der PSM777-Aktie wieder zu wecken und damit evtl. auch Silvio in die Schranken zu weisen.
Schlussbemerkung an Bernie69: Die wiederholte Kritik, P7S1 sei ein "Gemischtwarenladen" teile ich nicht. Die Strategie, kostenlose Werbeminuten - die sonst womöglich z.T. überhaupt nicht verkauft würden - gegen eine Beteiligung an den Unternehmen zu "tauschen" (war wohl eine clevere Idee von Ebeling) hat bei den bisherigen Verkäufen wiederholt ordentlich Geld in die Kasse gespült. Irgendwann wird das vermutlich bei Parship und anderen mit Werbung hochgepäppelten Beteiligungen auch noch geschehen - wenn auch vielleicht nicht ganz zu den Konditionen, die man sich mal erhofft hatte. |