Hallo Fill,
Du schreibst: "... Um die Chance auf Implosion des militanten russischen Faschismus ergreifen zu können ... würde ausreichen den russischen Massenangriffen standzuhalten. Hunderttausende für letztlich nichts zu verheizen wird ... einen erodierenden Effekt auf die Autorität eines Regimes ausüben ... Es kann dann auch ganz schnell gehen und DARAUF sollte man vorbereitet sein..."
In Grundzügen sehe ich das ähnlich. Zwar bin ich der Ansicht, man sollte zunächst mal außen vorlassen, ob tatsächlich von "Hunderttausenden" gesprochen werden kann, da wir in D keine Chance haben, die diesbezügliche Propaganda zu durchschauen; andererseits aber sind natürlich auch Tausende oder Zehntausende ein unakzeptabler Blutzoll.
Was mich aber fasziniert, ist, daß in der Gruppe derjenigen, die einen Sturz Putins herbeisehnen oder gar von ihm überzeugt sind, nur ein einziges Szenario zu existieren scheint: daß nach Putin ein "westlich orientierter Progressiver" nachfolgen werde, der mit ein wenig Geld brav und gefügig zu machen ist, möglicherweise also z. B. eine Art kuscheliger Selensky 2.0.
Nach dem, was ich aus dem Land höre und was auch Russland-Kenner mit jahrzehntelanger Erfahrung regelmäßig andeuten, scheint die Stimmungslage in Russland aber überwiegend eine erheblich andere zu sein und dementsprechend auch grundlegend anders ausgerichtete "Kronprinzen" in Stellung zu stehen, nämlich Personen, die einen erheblich konsequenteren und konfrontativeren Kurs gegenüber den USA und der "westlichen Welt" zu fahren bereit sind und deren Interesse noch viel mehr in einer Ost-Bindung und radikalen wirtschaftlichen Ausrichtung gen Osten liegt, als dies sozialisationsbedingt bei Putin der Fall war (und scheinbar immer noch ist).
Die Wurzel dieser gedanklichen Fixierung auf einen "braven" Nachfolger Putins ist offensichtlich: die verheerend destabilisierende Wirkung eines Zerfalls Rußlands würde, wenn sich nach Putin kein starker Mann mehr etablieren könnte, einen unvorstellbar großen geopolitischen Zugewinn für die USA bedeuten.
Nur sollte man bedenken: es wäre nicht das erste Mal, daß sich diesbezügliche westliche Hoffnungen (und Planspiele) als trügerisch erwiesen. Putin sitzt zum Einen möglicherweise viel fester im Sattel, als man uns das tagtäglich zu vermitteln versucht, und vor allem weiß zum Anderen niemand in der EU/den USA sicher, wer ihm gegebenenfalls nachfolgen würde. Zwar ist Vorfreude bekanntlich die schönste Freude, aber bei so eindimensionaler gedanklicher Fixierung wird auch die Enttäuschung (oder das Entsetzen) hinterher umso größer sein, wenn ein eventueller Nachfolger Putins nicht so ganz "unseren" Erwartungen und vor allem den "unserer Freunde" entspricht.
Es ist ja in der heutigen Zeit, in der jeder glaubt, Spiele mit anderen spielen zu können, extrem unpopulär geworden, sich das Wichtigste beim Spielen von Spielen zu vergegenwärtigen: Wer Spiele spielt, sollte stets im Kopf behalten, daß man ein Spiel auch verlieren kann.
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