...offenbar hatte die Wire Card damals auch alles, was man gebraucht hätte, um erfolgreich zu sein. Technischer Vorsprung, Unterstützung, Kunden, ein explodierender Markt...
Nur klappte es nicht. Warum nicht? Weil es nicht reicht, gut zu sein, es muß auch zugelassen werden, dass man sich durchsetzt. Was aber, wenn es ein Interesse gäbe, das Wachstum der wirecard nicht mehr zuzulassen? Weil starke Interessen es anders haben wollen?
Genau das, vermute ich, ist damals passiert. Irgendetwas muß gewesen sein, das hat jemandem nicht gepasst. Und plötzlich war alles nichts mehr wert, was kurz zuvor noch nach rosiger Zukunft klang. Die rosige Zukunft (das ist ja das Verrückte), die gab es dann: für die neue Wirecard...
Ich habe 2000/2001 an der Börse erlebt... Es kam mir oft vor, wie ein schlechtes Theaterstück.
Wire Card, im Jahr 2000: Man kooperiert mit der Bayrischen Landesbank, mit 12snap, Software AG, hat ein überlegenes modulares System, mit dem man alles aus einer Hand anbieten kann.
"Wire Card 2.0" war fertig! "Möchte der Shop-Betreiber seinen Kunden zusätzliche Zahlungsmethoden anbieten, beispielsweise elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) oder Mobile Payment, lassen sich diese nun im Plug-&-Play-Verfahren einführen. Der Betreiber passt lediglich die XML-Strukturen an und braucht keine Änderungen an der Software vornehmen. Auch native Treiber für ePayment-Lösungen werden damit überflüssig. Dadurch wird der Integrationsaufwand erheblich minimiert und somit für den Kunden ein wesentlich kostengünstigerer Weg beschritten. Gleichzeitig kann Wire Card durch die Vereinfachung beziehungsweise Flexibilisierung der Schnittstelle für zukünftige Produkte wesentlich schnellere Entwicklungszyklen garantieren."
Das ist genau das, was die Wirecard heute auch auszeichnet.
"Viele versprechen es, aber wenige können es wirklich bieten: Die perfekte Verbindung von Shop-Software und sicheren Zahlungslösungen aus einer Hand. Als Unternehmen mit derselben Philosophie haben Wire Card und die BEANS AG ein ge-meinsames Office in Großbritannien eröffnet und somit ihren Kooperationen einen weiteren Meilenstein hinzugefügt."
Beans AG sollte Anfang 2001 an die Börse, Manfred Sokat von der "Wire Card AG" sagte noch im Mai 2001 "Börse, aufgepaßt wir kommen! IPO fest vor Augen!"
Beans: "Wir kamen in die glückliche Situation, uns den Kapitalgeber aussuchen zu können." Im Juli 1998 entschied sich Beans für die LBB Seed Capital Fund GmbH, die zwei Millionen Mark investierte. ...zum Erfolg versprechendsten Start-up-Unternehmen Deutschlands mit Prämierung durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog... ...Gold-Zack AG ... investierte im Juni 1999 3,5 Millionen Mark... Weitere Kapitalgeber folgten mit der Knorr Capital Partner AG sowie der Systematics AG, der InternetMediaHouse.com AG und der InFoScore-Gruppe als strategische Investoren.Jetzt steht das Unternehmen vor seinem Börsengang, den Fischer folgendermaßen begründet: "Wir haben uns bereits im Markt erfolgreich positionieren können. Dazu haben wir die geeigneten strategischen Partner, die Vertrauen mitbringen." ... Auf die Frage, wie eine bayerische Bohne etablierten Softwareanbietern die Anlegergunst entziehen will, antwortet Fischer: "Softwarehersteller wie Intershop, Openshop oder Internolix [ach!] sind reine Produktunternehmen. Sie verfolgen nicht den Lösungsansatz, wie wir es tun. Darunter verstehen wir die systematische Begleitung des Kunden von der E-Business-Konzeptphase über Installation bis hin zum Service gemeinsam mit unseren Partnern." ("wir sind der geborene Partner für E.Commerce-Startups", hihi)
April 2000, Redaktionsmeldung bei wo http://www.wallstreet-online.de/diskussion/...gt-sich-an-der-beans-ag
"Der Vorstand der InternetMediaHouse, Dr. Ralph Eric Kunz, zählt die Beans-Standardsoftware Cappucino, zu den technologischen ausgereiftesten innovativsten Software-Lösungen im Bereich des elektronischen Shopping. So verwundert es nicht, dass parallel zur Beteiligung auch die strategische Zusammenarbeit bekannt gegeben wurde. Zunächst wird die Beteiligung der IMH, City 24 Online Shopping GmbH, bei ihrer Relaunch auf die Beans-Software Cappucino aufsetzen. Weiter erhält InternetMediaHouse weitere Shoplizenzen und wird die Beans-Softwarelösungen bevorzugt einsetzen."
8.11.2000 "titian" zu Beans AG/IMH "wer nur ein halbes gehirn hat der steigt jetzt ein:
Vom 25.10.2000 BEANS präsentiert E-Business B2X Lösungen mit starken Partnern in Halle B3, Stand 143/244 Starnberg, 25. Oktober 2000 "
3/2001 "Beans AG wettbewerbsfähig"
Im Juli 2001: pleite, weil "Der Hauptkapitalgeber, Seed Capital Fund eine Tochter der Landesbank Berlin, zog ihr Finanzierungsversprechen zurück."
warum? weil die Geschäftsidee plötzlich scheiße war? Nein! Weil der Börsengang wegen der Marktlage nicht möglich war.
Verstehst Du? Es ging nicht um die Idee, auch nicht wirklich um die Vision, sondern für die Geldgeber darum, schnell Geld machen! Kein IPO? Dann ist uns das gute Konzept alleine nichts wert...
so war das damals... IPOs von Mistideen und heißer Luft gab es genug... und gab es keine Warner?
Aber freilich! Und wie! Da sind rentfort & Co heute Waisenknaben dagegen. Dotcomtod, natürlich, oder das hier http://www.wallstreet-online.de/diskussion/...marktes#beitrag_2294184
by the way: Wo ist das Shopkonzept von Beans AG eigentlich gelandet?
Was will ich damit sagen... Neben der von mir (und Zatarra) skizzierten Corporate-Governance/Vertrauensfrage und neben der von McCrum (und rentfort?) skizzierten Fragen zur Bilanz gibt es noch ein anderes Problem: lässt man wirecard wirklich einfach so davonlaufen?
Vision 2020 160 Milliarden Transaktionsvolumen (45), 2.1 Milliarden Umsatz (0,8)
Ingenicos Vision: Gewinne von 2,2 auf 4 Milliarden steigern Worldpays Vision: "Verdopplung des Geschäftes bis 2020"
ist der Kuchen so groß? Oder flunkern worldpay und ingenico?
Um bis 2020 auf 2,1 Milliarden Umsatz zu kommen, müsste man halt einfach mal soeben die Entwicklung von 2010 bis 2015 wiederholen... Mit Verlaub, das ist ganz schön optimistisch... nicht unmöglich, aber... sportlich...
Wenn man mal wüsste, wieviel Citi kostet, könnte man überlegen, ob man noch irgendwo etwas zukauft...
und: Die Paymentszene seit 2010 hat sich verändert. Visa ist zurück (wie wirkt sich das eigentlich jetzt aus? Habe es immer noch nicht verstanden...), es gibt immer mehr lustige neue Anbieter (wie Spire, Miura), dann gibt es immer diese Kooperationen mit Ingenico und Verifone (mindestens Ingenioc hat sich aber ordentlich in wirecards Jagdgebiete "eingekauft"), Asien ist immer wieder für Überraschungen gut (mal will man fremde Investoren, dann wieder nicht, dann gibt es neue Regularien, dann neue Regierungen, siehe Philippinen), dann gibt es große Investoren mit unbekannten Plänen (Li Ka-shing! was macht der mit seinem vielen Geld, wenn er O2UK nicht kaufen darf?). und so weiter.
Eine Vision ist eine Vision. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Aber alle Analysten klingen für mich so, als würden sie die Vision als gegeben betrachten. Ob das aber so kommt?
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