Der Gewinner der Robbins World Championship Interview mit dem Trading Weltmeister Herr Unger, ist der amtierende Trading-Weltmeister, dies erreichte er indem er im Jahre 2008 die Robbins World Cup Championship of Futures Trading mit einem Gewinn von 672 % in 12 Monaten gewinnen konnten. Diesen Titel konnte er auch im Jahr 2009 erfolgreich verteidigen. Dr.Andrea Unger DM: Können Sie uns etwas über Ihren persönlichen Werdegang erzählen?
AU: Nach dem erfolgreichen Abschluss des Maschinenbau-Studiums 1990 war ich neun Jahre als technischer Marketing-Manager in zwei mittelständischen Unternehmen tätig und führte in dieser Funktion bis zu 30 Angestellte. Trotz guter beruflicher Perspektiven und eines überdurchschnittlichen Einkommens wurde der Wunsch nach einer eigenverantwortlichen Tätigkeit immer stärker. Nachdem ich in dieser Zeit bereits einige Jahre als nebenberuflicher Trader aktiv war, entschloss ich mich dazu, eine zweimonatige Betriebspause zum Vollzeit-Trading zu nutzen: Ich habe mir diese acht Wochen als Limit gesetzt. Wenn ich es in dieser Zeit schaffen würde, genug Geld für meine Familie zu verdienen, wollte ich meinen Job kündigen. Zu dieser Zeit gab es hervorragende Möglichkeiten durch ineffiziente Kursstellungen der Emittenten von Covered Warrants Geld zu verdienen. Durch das Ausnutzen fehlerhafter Quotierungen (Verspätungen von mehreren Sekunden bzw. Minuten), gelang es mir, in diesen zwei Monaten weiteres Startkapital für ein Leben als Vollzeit-Trader zu verdienen. Nachdem der erste Schritt in die Selbständigkeit als Trader getan war, folgten unterschiedlich gute Jahre, wobei 2002 und 2008 besonders erfolgreich waren. Aber auch in den schwierigen Jahren 2004 und 2007 verdiente ich immer noch mehr als in meinem alten Job!
DM: Herr Unger, Sie sind quasi der amtierende „Trading-Weltmeister“, indem Sie im Jahre 2008 die Robbins World Cup Championship of Futures Trading® mit einem Gewinn von 672 % in 12 Monaten gewinnen konnten. Was hat Sie zur Teilnahme an diesem Echtgeld- Wettstreit bewogen?
AU: Nun, diesen Wettstreit habe ich seit Jahren von aussen „verfolgt“ und einige der Trader konnte ich persönlich kennenlernen. Meine Idee war, mit einigen selbst entwickelten Handelssystemen zu starten, um festzustellen, wie solche Systeme gegen andere, zum Teil diskretionäre Handelsansätze und bekannte Namen aus der amerikanischen Traderszene bestehen kann. Mein Wetteinsatz waren 15 500 Euro Risikokapital, das ich zu Beginn schon als möglichen Verlust verbucht habe. Meine Systeme waren auf das Kurzfristziel 1 Jahr hin entwickelt, aber meine Tests zeigten klar, dass innerhalb dieser 12 Monate auch ein heftiger Drawdown auftreten könnte. Wie auch immer: Es hat einfach beim Wettbwerb alles „gepasst“. Systeme, die ich in meinem regulären Handel einsetze, sind im Grundsatz anders konzipiert.
DM: Was war die positivste Erfahrung in Bezug auf Börse?
AU: Positive Erfahrungen mache ich andauernd. Als besonders befriedigend empfinde ich es immer wieder, wenn ich neue Ideen erfolgreich teste und sie dann auch gewinnbringend am Markt umsetzen kann. Kein anderer Beruf belohnt so direkt für gute Arbeit wie die Tätigkeit als Trader.
DM: Gab es auch negative Erfahrungen? Was konnten Sie daraus lernen?
AU: Meine negativen Erfahrungen beruhen auf den vielen Problemen, mit denen man im Vorfeld überhaupt nicht rechnet. Da kann der Computer abstürzen, die Internetverbindung abreissen, der Broker ist nicht erreichbar und Vieles mehr. Im schlimmsten Falle treffen mehrere Probleme aufeinander und man ist handlungsunfähig. Gelernt habe ich daraus, dass sich ein Trader unbedingt auf alle Eventualitäten vorzubereiten und alle damit verbundenen Risiken soweit als möglich vorher auszuschliessen hat. Dazu gehören eine alternative Internetverbindung, ein Backup-System auf einem zweiten Rechner, unabhängige Kursversorgungen.
DM: Wie würden Sie Ihre Handelsmethodik zusammenfassen?
AU: Ich wende unterschiedliche Methoden an. Das Zusammenspiel dieser Methoden bringt mir mein dauerhaft positives Gesamtergebnis. Ich lege sehr grossen Wert auf den Einsatz unterschiedlicher parallel laufender Systeme. Übertragen auf den Rennsport könnte man sagen: Ich setze Fahrzeuge mit unterschiedlicher Motorleistung und Bereifung ein. Konkret: Es kommen Trend-, Following-, Countertrend-, Kurzfrist- und Langfrist-Systeme zum Einsatz.
DM: Mit welchen Techniken arbeiten Sie bevorzugt, welche Rolle spielen bspw. Candlesticks, Indikatoren, E-Wave etc.?
AU: Ich studiere die Märkte normalerweise statistisch und finde dabei Chancen mit einer hohen Gewinnwahrscheinlichkeit. Ideen, die ich dabei entwickle, programmiere ich dann in Systeme. Indikatoren nutze ich sonst keine, manchmal vielleicht einen „Moving Average“ als Filter, aber das gefällt mir auch nicht besonders. Indikatoren sind Ableitungen aus dem Preis und liefern mir im Grundsatz keine neuen Informationen.
DM: Betrachten Sie den Markt in unterschiedlichen Zeithorizonten?
AU: Ja und nein. Intraday lässt sich das Daily-Intervall als Filter einsetzen, bspw. einem Long-Signal nur dann folgen, wenn das Daily-Intervall einen Aufwärtstrend zeigt, und umgekehrt oder nach einem bestimmten Chartmuster auf Tagesbalken.
DM: Gibt es für Sie eine bevorzugte Software?
AU: Genesis Navigator Platinum und TradeStation sind meine bevorzugten Werkzeuge. Genesis ist wirklich einfach zu programmieren und bietet unheimlich viele Möglichkeiten, insbesondere im Hinblick auf die amerikanischen Märkte. Ich liebe Pattern Trading, was mit Genesis sehr einfach umzusetzen ist. Auch der Laie findet sich mit dieser Software innerhalb kürzester Zeit zurecht. Trade-Station ist etwas schneller und besser für Intraday-Systeme, und da ich noch die alte Version mit dem Global Server habe, kann ich in den italienischen Märkten Daten meines Brokers direkt übernehmen, schnell verarbeiten und Ideen testen.
DM: Sie sind also das, was man gemeinhin als einen „Systematischen Händler“ bezeichnet?
AU: Ja, zu 90 % arbeite ich mit Handelssystemen. Nur so kann man verschiedene Märkte gleichzeitig handeln. Die Signalgenerierung muss automatisch erfolgen. Der Vorteil ist einfach, dass ich immer nur einen Mausklick vom nächsten Trade entfernt bin und so meine Handelssysteme fast nebenbei handeln kann. Die Arbeit der Entwicklung wurde ja bereits vorher erledigt und man führt die Trades nur noch aus.
DM: Wo liegen die Fallen des systematischen Handels?
AU: Eine Idee oder eine Methode kann plötzlich versagen. Die Ergebnisse müssen also ständig analysiert und ausgewertet werden. Die eigentliche Arbeit wie Systemanpassung usw. ist untrennbar verbunden mit dem systematischen Handel. Wer glaubt, ein System würde immer funktionieren, ist auf dem „Holzweg“ und wird sein Geld verlieren.
DM: Was macht ein gutes Handelssystem aus?
AU: Ein Handelssystem ist dann gut, wenn ich ihm als Trader vertrauen kann. Kaum ein Handelssystem lässt sich beliebig auf einen anderen Händler adaptieren. Was bei dem Einen funktioniert, muss nicht unbedingt auch beim Anderen gute Ergebnisse liefern. Oft ist es eine Frage der persönlichen Händlermentalität. Ein Handelssystem muss Ruhe ins Trading bringen. 90 % Gewinn-Trades bei riesigem Stop-Loss bringen für den einen Trader bspw. Zweifel und Angst, für den Anderen mindern sie den Entscheidungsdruck. Da sind wir wieder bei der Händlermentalität, wie oben bereits beschrieben. System und Händler müssen zusammenpassen. Das ist einer der Gründe dafür, warum die meisten Trader mit gekauften Systemem keine Erfolge erzielen.
DM: Suchen Sie immer noch nach neuen Setups?
AU: Eigentlich andauernd, die beste Idee ist immer die nächste.
DM: Optimieren Sie Ihre Systeme?
AU: Nicht besonders, einige Dinge werden natürlich optimiert, aber man darf es hier nicht übertreiben. Andernfalls baut man Systeme, die morgen nicht mehr funktionieren.
DM: Welche Märkte handeln Sie und warum?
AU: Aktien, Index Futures, Bonds und EuroFX, Diversifikation ist in meinen Augen sehr wichtig. Mit Index Futures, Bonds und Euro ist man praktisch auf den drei wichtigsten Märkten, die natürlich auch miteinander korrelieren. Trotzdem ist man als Trader so besser aufgestellt, als wenn man bspw. nur DAX und andere internationale Indizes wie S&P, EuroStoxx und Dow Jones handelt.
DM: Wie wichtig ist Money Management?
AU: Sehr wichtig, ohne Money Management kann man im Markt nicht bestehen. Ich habe umfangreiche Studien über Money Management durchgeführt und in Italien ein Buch zu diesem speziellen Thema geschrieben. Es ist unglaublich, wie die Ergebnisse sich ändern können, wenn man eine Money-Management-Methode nutzt. Sehr viele Händler machen es sich zu einfach. Position Sizing kann nicht nur als „Gefühl“ kalkuliert werden, ein System ist komplett, nur wenn man darauf auch eine gute Money-Management-Methode aufsetzt. Mein Rechner ist voll mit Excel-Dateien und unterschiedlichsten Simulationen, die ich für meine Systeme durchgeführt habe.
DM: Wie lange halten Sie Ihre Positionen im Schnitt?
AU: Ich benutze mehrere Intraday-Systeme, meine Trades dauern im Schnitt einige Stunden. Auf Bonds und EuroFX dauern die Trades bis eine Woche und mit Aktien mache ich auch mittel- bis langfristige Geschäfte über Tage oder Wochen. Aktien habe ich aber in der letzten Zeit etwas beiseite gelassen und mich mehr auf Futures konzentriert.
DM: Wie viel Prozent Ihres Kapitals riskieren Sie pro Trade?
AU: Normalerweise 1,5 bis 2 %, nicht mehr. Und diese Werte kommen gerade aus den umfangreichen Simulationen, die ich gemacht habe. Mein Ziel war und ist es noch, über die Jahre ein stabiles Ergebnis zu erreichen und in jedem Fall Drawdown so niedrig wie möglich zu halten. Mit Money Management – insbesondere beim Vergrössern der Position Size, aufgebaut auf Kapitalwachstum, wächst auch der Drawdown. Daher bedarf es eines ausreichenden Kapitalstocks, um die Phasen zu überstehen. Dies zu simulieren ist wichtig, damit man dann bereit ist, eine solche Situation auch psychisch zu verarbeiten und durchzuhalten.
DM: In welchem Verhältnis stehen Gewinn- und Verlust-Trades?
AU: Das ist von System zu System ganz unterschiedlich. Bei Systemen mit einer Trefferquote unter 50 % habe ich manchmal Gewinne, die den durchschnittlichen Verlust um ein Vielfaches übersteigen. Ich habe aber auch Systeme mit einer Trefferquote bis zu 90 %. Hier ist der durchschnittliche Verlust höher als der durchschnittliche Gewinn, weil diese Systeme mit sehr grossen Stoppweiten arbeiten.
DM: Arbeiten Sie mit Trailing-Stopps und Kurszielen?
AU: Derzeit arbeite ich kaum mit Kurszielen. Aber in einer Gruppe von Händlern arbeiten wir aktuell an einigen Systemen zum Aktienhandel, bei denen wir versuchen, das Potenzial in den einzelnen Trades auszuloten. Meine generelle Erfahrung ist aber, das Take Profit und Trailing-Stopps die Ergebnisse in Summe verschlechtern. Ich glaube, diese Methoden sind eher „psychologisch“ hilfreich, als dass sie tatsächlich der Performance-Verbesserung dienen.
DM: Sie sind in Italien durch die Internetforen von Finanzonline.com und noch mehr durch FCFinanza.it bekannt geworden. Wie wichtig sind Foren bzw. der Austausch mit anderen Tradern für Sie?
AU: Sehr wichtig, da habe ich mehrere Trader kennen gelernt und mit einigen arbeite ich jetzt zusammen. Man muss aber aufpassen, sich nicht in Diskussionen hineinziehen zu lassen. Dann verliert man zu viel Zeit, was dann wiederum Probleme im tatsächlichen Trading mit sich bringen kann.
DM: Was unterscheidet Sie von so vielen weniger erfolgreichen Händlern?
AU: Ich glaube, es ist mein unermüdliches und ausdauerndes Studium der Märkte, verbunden mit meiner ständigen Neugier. Ich bin der Überzeugung, dass Trading „Arbeit“ heisst, und entsprechend gehe ich an meinen Beruf heran. Händler zu sein bedeutet nicht, am Strand unter einer Palme zu liegen und Geld aus dem Computer herauszuziehen.
DM: Welche Ratschläge würden Sie Anfängern geben?
AU: Es eilt nicht, man braucht Zeit. Ist das Ziel ausschliesslich der „schnelle Reichtum“ wird man scheitern und es ist besser, sich einem anderen Beruf zu widmen. Man darf nicht stur sein und Recht behalten wollen, wenn eine Idee nicht funktioniert, sondern muss nach neuen Wegen suchen. Der Markt bietet eine Fülle von Ansätzen. Ich treffe sehr oft Leute, die einige Konzepte in Seminaren oder auf Kongressen gehört haben und sie dann als den „Heiligen Gral“ beschreiben. Oft sind diese Methoden in keiner Weise getestet und man freut sich einfach über eine Bestätigung der eigenen (vielleicht sogar falschen) Ansichten. Gutgemeinte Kritik wollen solche Händler nicht hören.
DM: Sie geben auch Seminare. Was motiviert Sie dazu? Können Sie Ihr Geld nicht viel einfacher an den Märkten verdienen?
AU: Ich gebe Seminare in Deutschland, ausschliesslich in Partnerschaft mit meinen Freunden Peter Müller und Bruno Stenger von www.termintrader.com. Es geht dabei nicht um Geld im eigentlichen Sinne.
Dazu ein Beispiel aus meinem letzten Seminar in Deutschland: Aufbauend auf meinen Systemen, die bei der World Cup Trading Challenge zum Einsatz kamen, wurde mit den Seminarteilnehmern ein neues System entwickelt und backgetestet.
Dabei konnten die Seminarteilnehmer von meiner Erfahrung und ich selbst von den frischen Ideen der Seminarteilnehmer profitieren. Das System steht den Seminarteilnehmern zur Verfügung und ich befinde mich mit ihnen im ständigen Austausch. Was gibt es Angenehmeres, als sich über seine Leidenschaft mit Gleichgesinnten auszutauschen?
Trading kann auch manchmal langweilig sein, man verbringt viele Stunden vor dem Computer beim Beobachten kleiner sich ständig ändernder Zahlen. Dann gibt es nichts Erholsameres, als aus der gewohnten Umgebung herauszukommen und einmal wieder „frische Luft“ zu atmen. So ist auch die Idee zu „One-Year-Target“ entstanden (www.oneyeartarget.de), einem Projekt, das insbesondere durch die Ideen und Mitarbeit der Seminarteilnehmer wächst. Ich strebe immer danach, neuen „Input“ zu erhalten, und verbinde dies damit, neue Gesichter beim Trading kennenzulernen. Für mich ist auch das eine Art der „Diversifikation“.
Herr Unger, wir danken für das freundliche Interview und wünschen Ihnen für die Zukunft weiterhin viel Erfolg! |