Danke, geschätzter Dividendius, für deine ausführliche, sehr kritische und trotzdem sehr faire Analyse. Ich stimme bei extrem vielen Punkten deiner Sichtweise bei, wie wahrscheinlich viele andere auch.
Dennoch denke ich, dass du bei einigen Punkten noch zu nachsichtig bzw. zu positiv bist. "wie wird die Leistung des Vorstandes, speziell des CEO beurteilt ? Welches Vertrauen bringt ihm der Börsenmarkt entgegen ? Um's klar zu sagen: dass z.B. die Zinsen steigen oder die Lager der Kunden voll sind, das muss der CEO nicht unbedingt vorhersehen können. Dass er eine KE braucht, müsste er schon wissen." Ich denke schon, dass ein umsichtiger CEO in der Lage gewesen wäre, beide fundamentalen Dinge vorherzusehen bzw. festzustellen, die vollen Lagen und die auf lange Dauer steigenden Zinsen. Die Shorties waren es auch und haben im Sommer 2021 jene Analysen angestellt, die eigentlich Herr Gerstenmayer durchführen hätte sollen. Die extrem hohe Inflation in Europa (in Ö noch einmal ein bisserl höher) ist ein Produkt aus zwei Faktoren: Nachwirkungen der Covid-Situation (1/3) und Ukraine-Krieg (2/3). Eigentlich musste man sich bei Auslaufen der Corona-Krise schon darüber im Klaren sein, dass die Inflation lange als Folge - auch des staatlichen Handelns - auf einem hohen Niveau bleiben würden und dass dann einmal die Notenbanken die Zinsen anheben würden, was sie eben mit einiger Verzögerung, dann aber mit umso größerer Radikalität auch gemacht haben. Dann kam der Ukraine-Krieg, den die wenigsten tatsächlich so vorhersagen konnten. Bis April/Mai 2022 konnte man ja die Hoffnung haben, dass dieser Krieg bald vorbei wäre und damit auch die Inflationsexplosion nicht von Dauer. Spätestens im Frühsommer 2022 musste man auch diese Hoffnung begraben und wusste, dass es ein Phänomen auf Dauer sein würde und wie die Reaktion der Notenbanken sein würde. Zu den vollen Lagern: Hat der CEO wirklich geglaubt, dass der Boom ewig so weitergehen würde und hat er sich nie gefragt, worauf dieser Boom eigentlich beruhte (nämlich großteils auf Vorratseindeckungen)??? Ich glaube nicht, dass man für diese Info große Insider-Informationen benötigte, vieles sagte einem auch der gesunde Menschenverstand. Was wir als Anleger nicht wissen konnten - aber Gerstenmayer natürlich wusste - ist, dass die Kunden Bestellungen einfach so stornieren konnten. Dazu kam dann noch die Klärung bezüglich Anrechnung der Vorauszahlungen der Kunden auf die EK-Quote. Damit war klar: ALLERSPÄTESTENS mit Sommer 2022 (wo man dann noch großzügig eine Sonderdividende auszahlte) musste einem weitblickenden CEO klar sein, dass bald Feuer am Dach sein würde. Und für so einen WEITBLICK werden solche Spitzenmanager großzügigst bezahlt, nicht für irgendwelche Milchmädchenrechnungen auf Basis der Vergangenheit und der Aussichten der nächsten 1,2 Monate. Für mich ist Gerstenmayer einfach ein visionsloser Dampfplauderer und CEO einer sehr, sehr alten und veralteten Management-Denkschule. Dasselbe Geschwafel hört man in zigfacher Ausführung von Hunderten anderen visionslosen CEO-Dampfplauderern, deren Horizont nicht einmal den eigenen Unternehmens-Tellerrand übersteigt. Technisch mag er einiges drauf haben - aber dafür gibt es eben Techniker bzw. Funktionen an der Schnittstelle zwischen Technik und Management. CEO ist er für mich eben keiner (mehr). Einen Punkt spricht Dividendius in seiner wunderbaren Analyse an, den ich ebenfalls für sehr bedenklich halte, nämlich Zweifel an der technischen Qualifikation und damit einhergehend einen möglichen Absprung von Kunden. Es wurde an mancher Stelle geäußert, dass Intel - als Mitfinanzier - des Werkes in Kulim - ja wohl nicht so leicht abspringen könne. Ich denke schon, dass die Tatsache der Mitfinanzierung ein gewisses Hindernis wäre, aber kein sehr großes, wenn nämlich Intel der Meinung ist, dass es AT&S technisch nicht mehr bringt. Ich höre da (als gebranntes Kind) vielleicht schon die Flöhe husten, aber die Tatsache, dass Intel mit einer Aussendung zur Glas-Technik in diesem Bereich vorprescht und AT&S einfach nur widerwillig und mürrisch irgendwelche Gemeinplätze von sich gibt, ist für mich vielsagend... Kurz und Mittelfristig denke ich aber, dass positiv zu werten ist, dass AMD sich offenbar sehr klar (viel klarer als Intel) zu AT&S bekannt hat und damit wohl auch die Auslastung für Kulim 1 mittelfristig mal garantiert ist. Auch die Tatsache des Darlehens an AT&S für Forschungszwecke sehe ich positiv, da diese Bank ja eigentlich die Firma auf Herz und Nieren durchleuchtet haben muss. Kurzfristig also noch keine Liquiditätsprobleme und das scheint auch der Grund für das Schweigen in Bezug auf die KE von Seiten des Managements zu sein. Man vertraut darauf, dass man die Kurve noch einmal kratzt und doch keine KE benötigt (bevor wir in Not geraten, was ja der Grund für die KE war). Ein Vabanque-Spiel: Denn glaubt das Management wirklich, dass man eine KE so hinschleppen kann - quasi mal sehen, ob wir wirklich in Not geraten - und dann zu irgendwelchen Konditionen machen könnte, die wenn die "Not" tatsächlich eingetreten wäre, noch irgendwie akzeptabel wären? |