Doktore, was Du im letzten Posting schreibst, ist ein Querschnitt durch die gängige Konsensmeinung, die sich auch in Artikeln im Handelsblatt oder in der FTD widerspiegelt. Der Konsens liegt meistens falsch. Wer auf dem Finanzmarkt Geld verdienen will, kommt um eine eigene Meinung nicht herum.
Wenn Du nicht selber auch daran glauben würdest, wärest Du vermutlich gar nicht in Intel investiert. Für den Dollar gilt das Gleiche. Fundamental ist USA die wirtschaftliche Weltmacht. Daran ändern auch kurzfristige Konjunkturzyklen nicht. Das Wachstum in Ami-Land liegt mit 5 % immer noch gut 3 % über dem in der Euro-Zone. Selbst wenn das Wachstum in der Euro-Zone von 2 auf 2,5 % stiege und das in USA von 5 auf 4 % fiele, wüchsen die USA immer noch 1,5 % stärker.
Die Argumentation in meinem Dollar-Long-Thread ist überwiegend fundamental. Charttechnik, die auch vorkommt, verwende ich völlig anders als die meisten Charttechniker, da ich von der "Rückkehr zum Mittelwert" (reversal to the mean) ausgehe. Dies ist übrigens auch die Vorgehensweise der "Commercials" bei ihren Absicherungsgeschäften. Die meisten Charttechniker ("large Specs" im COT-Chart oben) hingegen sind Trendfolge-Deppen, die etwas kaufen, weil bzw. nachdem es gestiegen ist - in der Hoffnung, dass es wohl noch weiter steigt. Da die large Specs mit ihren Futurekäufen aber auch "Macht" ausüben (z. B. über von ihnen ausgelöste Stop-Loss-Lawinen), kommt es bei Währungskursen häufig zu starken Übertreibungen nach oben oder unten, die sich monate- und zuweilen jahrelang halten können.
Beim Dollar ist der Mittelwert, um den EUR/USD sehr langfristig (10-Jahres-Wellen) oszilliert, die Kaufpreisparität von ca. 1,09. In Phasen der Übertreibung wie 2000 bis 2002 bewegte sich EUR/USD zwischen 0,82 und 0,95, in Phasen der Untertreibung wie in den letzten zwei Jahren bewegt er sich zwischen 1,25 und 1,36.
In den USA hat sich seit 2000 fundamental weit weniger verändert, als es dem drastisch verändertem Kurs von EUR/USD (0,82 -> 1,36) entspricht. Das ist wie an der Börse: Reale Unternehmenswerte sind wesentlich kleineren Schwankungen unterworfen, als es die extremen Börsenkursschwankungen suggerieren.
Freilich gibt es eine ganze Industrie (Banken, Fonds, Broker), die versucht, Unbedarften diese Schwankungen für bare Münze zu verkaufen. Sie haben in Gestalt der Analysten, Börsen-Kommentatoren und News-Schreiber ein veritables Trommler-Heer zur Hand, um ihre verlogen-irrigen Meinungen der Öffentlichkeit einzupauken. Dies geschieht wohlgemerkt mit Kalkül.
Das sind dieselben Leute, die jetzt den Dollar und Intel schlecht reden. Sie setzen erfolgreich darauf, dass das Gedächtnis der meisten "Anleger" nur zwei Quartale zurück reicht (10-Jahres-Wellen sind für diese "Investoren" wie Gezeitenwellen für Phytoplankton).
Wer dageben hält, verdient Geld. Wer aufgrund solcher "Empfehlungen" verkauft, verliert Geld. Das ist schon deshalb logisch, weil diese Industrie immer zu Höchstkursen Kaufempfehlungen ausspricht, denen später Verkaufsempfehlungen zu Tiefstkursen folgen. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ist jedem Gemüsehändler klar, den "durchschnittlichen Aktienanlegern" (= Konsens-Trendfolgedeppen) hingegen offenbar nicht. Denn sonst könnten die Industrie mit deren Dummheit nicht jahraus, jahrein soviel Geld verdienen.
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