Behavioral Finance - Januar ist der beste Börsenmonat
Facebook Twitter Google+ Wie bewerten Sie diesen Artikel? Grafik 1: Durchschnittliche prozentuale Wertveränderung pro Monat seit 1960 Grafik 1: Durchschnittliche prozentuale Wertveränderung pro Monat seit 1960 Grafik 2: Durchschnittlicher prozentzualer Gewinn - Verlust pro Monat seit 1960 Grafik 2: Durchschnittlicher prozentzualer Gewinn - Verlust pro Monat seit 1960 Grafik 3: Haeufigkeit von gestiegenen und gefallenen Kursen pro Monat seit 1960 Grafik 3: Haeufigkeit von gestiegenen und gefallenen Kursen pro Monat seit 1960 Grafik 4: Chance-Risiko-Verhaeltnis seit 1960, je niedriger der Wert desto besser Grafik 4: Chance-Risiko-Verhaeltnis seit 1960, je niedriger der Wert desto besser Grafik 5: Chance-Risiko-Verhaeltnis mit unbereinigtem Zyklus Grafik 5: Chance-Risiko-Verhaeltnis mit unbereinigtem Zyklus Grafik 6: Chance-Risiko-Monatszyklus Grafik 6: Chance-Risiko-Monatszyklus Behavioral Finance
Wer möchte nicht gerne an der Börse investiert sein, wenn die Chancen auf Gewinne relativ hoch, die Risiken dagegen sehr niedrig sind? Maximale Gewinnchancen sollen minimale Verlustrisiken gegenüber-stehen. Leider ist es nicht so einfach, diesen günstigen Zeitpunkt herauszufinden. Das deutsche Marktbarometer DAX weist jedoch einen Zyklus auf, der das Verhältnis von Chance und Risiko sehr gut widerspiegelt. Es gibt demnach Monate im Jahr, in denen die Chancen überwiegen und andere, in denen die Risiken den Markt bestimmen. Das Zyklusmodell wurde an Hand von Daten der letzten 40 Börsenjahre des DAX entwickelt. Die saisonalen Monatsschwankungen wurden bis ins Jahr 1960 zurückverfolgt. Aus den Ergebnissen entstand der folgende Chance/Risiko-Zyklus.
Der Januar als Retter der globalen Börsenmärkte? Zunächst wurden die durchschnittlichen prozentualen Kursgewinne der letzten 40 Jahre ermittelt, wobei die Open-Kurse mit den Close-Kursen eines jeden Monats verglichen worden sind. Dabei wurde bewusst die prozentuale Veränderung statt der absoluten Wertveränderung in Punkten gewählt. 1960 machten 40 Punkte im (zurückgerechneten) DAX noch zehn Prozent des Indexstandes aus. Heute hingegen entsprechen 40 Punkte lediglich noch 0,6 Prozent des Indexstandes. Deshalb ist es sinnvoll, mit einer prozentualen Wertveränderung zu arbeiten, um eine Verzerrung zu vermeiden. Grafik 1 verdeutlicht die durchschnittliche prozentuale Kursveränderung pro Monat seit 1960.
Siehe Grafik 1
Dabei fällt besonders der Januar mit durchschnittlich 2,3 Prozent Kursgewinn auf. Mit Abstand der schlechteste Monat ist der September mit durchschnittlich 1,25 Prozent Kursverlusten. Damit wird auch die allgemein verbreitete Meinung widerlegt, dass der Oktober der schlechteste Börsenmonat des Jahres ist. Sicherlich ist einem der Oktober besonders im Gedächtnis; hatten wir in diesem Monat ja den Börsencrash von 1929 oder den Kurssturz in 1987. Der Minicrash von 1989 ereignete sich ebenfalls im Oktober. Zusätzlich belasteten wichtige Ereignisse das Börsengeschehen rund um den zweiten Herbstmonat, so zum Beispiel der Golfkrieg 1989 oder die Asienkrise 1997 (siehe Grafik 1).
Gibt es eine Erklärung für die jahreszeitlichen Schwankungen? Die Tatsache, dass der DAX im Januar statistisch gesehen um 2,29 Prozent zulegen kann, ist sicherlich mit dem Liquiditätsüberhang von privaten und institutionellen Anlegern um diese Jahreszeit zu erklären. Am Jahresende fließen größere Summen wie Bonuszahlungen, Prämien, Zinsrückzahlungen oder Steuerrückflüsse in die Kassen der potenziellen Anleger. Dieses Kapital wird anschließend im Januar den Kapitalmärkten zugeführt, was die Kurse steigen lässt. Vielleicht sind es die ängstlichen oder vorsichtigeren Anleger, die sich erst zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ihr Kapital anzulegen, nämlich im Februar und März. Das würde die gute Wertentwicklung dieser Monate erklären. Statistisch gesehen legen die Kurse dann noch um 0,73 bzw. 1,3 Prozent zu.
Von April bis August wird es dann ruhiger. Der Mai fährt im Schnitt schon das erste negative Ergebnis mit minus 0,02 Prozent ein, während April und Juni mit 0,52 Prozent und 0,58 Prozent leicht zulegen können. Juli und August bringen es im Schnitt noch auf 0,01 Prozent und 0,26 Prozent Kursgewinn. Die überdurchschnittlichen Kursgewinne zum Jahresanfang müssen zunächst einmal verarbeitet werden; Gewinnmitnahmen und fehlende Liquidität sind sicherlich weitere Belastungsfaktoren. Bereits zu dieser Jahreszeit beginnt für viele Anleger der Sommerurlaub. In den Sommermonaten wird ohnehin tendenziell weniger gehandelt.
Im Anschluss folgen dann die schwächsten Monate des Jahres. Der September schlägt wie erwähnt im Schnitt mit 1,29 Prozent, der Oktober noch mit 0,42 Prozent Kursverlust zu Buche. Die Vergangenheit lehrt uns, dass wichtige Ereignisse oft in diesem Zeitraum geschahen. Die Anleger sind daher zu dieser Zeit für schlechte Nachrichten besonders anfällig und tendieren verstärkt dazu, auf die Verkäuferseite zu wechseln. Da die Kurse in diesem Zeitraum günstiger sind als noch wenige Monate zuvor, könnten Käufe von institutionellen und besonnenen Anlegern ein Grund dafür sein, dass der Markt im November und Dezember erneut anzieht. Außerdem animiert möglicherweise die vorweihnachtliche Zeit, verbunden mit Weihnachtsgeldzahlungen, zum Kauf.
Mit der ersten Untersuchung haben wir die durchschnittliche prozentuale Kursveränderung herausgefiltert. Diese allein ist jedoch noch nicht ausschlaggebend bezüglich der Chancen und Risiken in den einzelnen Monaten. Im zweiten Schritt sind die maximalen prozentualen Kursgewinne und Verluste analysiert worden. Dabei wurden die Open-Kurse mit den High- und Low-Kursen eines jeden Monats verglichen und ausgewertet. Die Grafik 2 verdeutlicht das Ergebnis.
Siehe Grafik 2
Der Januar hat ein sehr günstiges Verhältnis von maximalem Gewinn zu maximalem Verlust. Im Durchschnitt ergab sich seit 1960 die Chance auf über 4,5 Prozent maximalen Kursgewinn. Diesem standen durchschnittlich nur maximale Kursverluste von 2,5 Prozent gegenüber. In den Monaten Mai, September und Oktober sah das Verhältnis wesentlich ungünstiger aus. Zusätzlich ist es von Vorteil zu wissen, in wie vielen Fällen ein Monat mit Gewinn beziehungsweise mit Verlust geendet hat. Hierzu wurde die Häufigkeit der Monate mit gestiegenen und gefallenen Kursen analysiert (siehe Grafik 3).
Siehe Grafik 3
In 26 Fällen endete der Januar mit einem positiven Ergebnis, in nur 14 Fällen hingegen negativ. Ganz anders sah es wiederum im September aus: Hier standen 26 negativen Monaten nur 14 positive gegenüber (Grafik 2 und 3). Die analysierten Einzelaussagen sind sicherlich sehr interessant. Um jedoch zu einem Endergebnis zu gelangen, müssen die Einzelauswertungen in einer Gesamtaussage zusammengefügt werden. Nachstehende Grafiken verdeutlichen folgende Berechnung:
Für jede einzelne Berechnung werden Punkte von eins bis zwölf vergeben. Dabei erhält der Januar bei der durchschnittlichen prozentualen Kursveränderung einen Punkt für den besten und der September zwölf Punkte für den schlechtesten Monat. Die restlichen Punkte verteilen sich entsprechend der Rangfolge. Ebenso werden die zwölf Punkte bei den anderen Einzeluntersuchungen vom besten bis zum schlechtesten Monat aufgeteilt. Im Anschluss wurden die Punkte der einzelnen Monate addiert (Grafik 4 ff.).
Siehe Grafik 4 und 5
Grafik 4 und 5 verdeutlichen das "Best-Case Szenario” des Chance/Risiko-Verhältnisses der einzelnen Monate. Hierbei gilt: Der Monat mit der niedrigsten Punktzahl weist das beste, der Monat mit der höchsten Punktzahl das schlechteste Chance/Risiko-Profil auf. Die Monate Januar, März, April, Juli und November haben die besten Chancen und die geringsten Risiken, da sie die geringste Gesamtpunktzahl haben. Das Schaubild bietet als zusätzliches Ergebnis, dass die Rangliste eine zyklische Bewegung aufweist. Die Wellenberge und Wellentäler befinden sich in etwa immer dem gleichem Abstand (Grafik 5). Demnach scheint sich das Verhältnis von Chancen zu Risiken seit 1960 zyklisch zu verändern. In der Grafik 6 ist der Monatszyklus des Chance/Risiko-Verhältnisses dargestellt.
Siehe Grafik 6
Hierbei haben wir es im Vergleich zum Punktesystem (Grafik 5) mit einer leichten Verschiebung des Chance/Risiko-Verhältnisses zu tun. Aus zyklischen Gesichtspunkten weisen demnach die Monate Januar, April, Juli und Oktober ein hohes, im Vergleich dazu die Monate März, Juni und Dezember ein niedrigeres Chance /Risiko-Verhältnis auf.
Quelle: Technical Investor Magazin Nr. 4, Dez. 2000, S. 50 |