Dieser Bericht hat sicherlich einige Überschneidungen mit dem Bericht von Biergott. Ich möchte aber versuchen, alle relevanten Inhalte der HV in meiner Ausführung zu erwähnen. Die HV wurde in den Räumen der IVU in Berlin abgehalten. Von außen ist das Gebäude relativ unscheinbar und auch im Treppenhaus denkt man nicht direkt an ein internationales Softwarehaus. Meine Stimmen wurden auf einer Stimmkarte zusammengefasst und auch bei den Vollmacheten kam mir IVU entgegen und bündelte diese nachträglich mit den anderen Stimmen auf einer Karte. Es waren ca. 40-50 Aktionäre vor Ort, wobei ein Großteil im Rentenalter war. Prof. Dr. Herbert Sonntag (Aufsichtsrat) eröffnete die HV mit der üblichen formalen Einführung. Danach übernahm Herr Müller-Elschner das Wort und erläuterte kurz den GB 2016. Dabei wurde betont, dass das letzte Jahr ein wirklich schwieriges und intensives Jahr für die AG war. Die Vorfälle Israel und Herr Dr. Bergestein wurden nur kurz und mit den schon bekannten Formulierungen abgehandelt. Besonders hervorgehoben wurde, dass man trotz der Vorfälle eine Steigerung im Umsatz sowie Rohergebnis erzielen konnte. Ein weiteres Thema war das Produktportfolio. Die Aufteilung ist hier sicherlich bekannt. Das Produkt IVU.rail wurde hervorgehoben. Software wird auch in diesem Bereich und zur effektiven Steuerung der Züge immer wichtiger. Die Kundengruppe Schienenverkehr wächst kontinuierlich (vor allem in den letzten drei Jahren) und ist für IVU mit der aussichtreichste Markt für die Zukunft. Das Problem sind die oft relativ konservativen Kunden bzw. die ganze Branche ist von neuen Techniken nicht immer so leicht zu überzeugen. Man sieht aber, dass sich IVU.rail als Standartprodukt durchsetzt. Ausschreibungen sind oft sehr speziell und haben viele eigene Anforderungen. Grundsätzlich ist aber jedes Eisenbahnunternehmen weltweit ein potenzieller Kunde. Vietnam ist in diesem Fall ein guter Beispielkunde, der zeigt, wie gut IVU auch in exotischen Ländern arbeiten kann. Trotzdem muss jeder Auftrag, gerade in Schwellenländern, überprüft werden hinsichtlich Chance/Risiko. Es ist ein „Eiertanz“. Auch das Produkt IVU.cloud hat großes Potenzial. Technisch stark und belastbar, allerdings sind die Kunden oft noch nicht bereit und es bedarf Überzeugungsarbeit. Zum Thema internationale Aufstellung von IVU, betonte Herr Müller-Elschner, dass man weiter neue Märkte und Ländern für sich gewinnen möchte. Allerdings nur unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Stichwort: Vorsichtiges Wachstum. Es bringt nichts, wenn man einen Auftrag gewinnt, einen Standort eröffnet und dann viel Jahr nichts mehr kommt. Jedes neue Land wird kritisch analysiert. Grundsätzlich möchte man sich vor allem auf die margenstarken Heimatmärkte wie DACH + Benelux + Italien (hier hat man auch den größten und „liebsten“ Kunde, die Trenitalia) konzentrieren. In Frankreich und Großbritannien ist man bisher nicht sehr stark vertreten. Diese möchte man ändern und rückt die beiden Länder in den Fokus. In Ländern mit höherem Risiko möchte man nur noch mit einem Partner vor Ort arbeiten, siehe Nigeria (Weltbank + Partner aus Südafrika). IVU ist auf weiteres Wachstum ausgerichtet. Man hat dies auch viele Jahre in der Vergangenheit gezeigt. 2016 war ein Ausrutscher und man hätte ohne die Vorfälle auch im EBIT ein gutes Jahr gehabt. Für 2017 bestätigt man die Aussagen zu Umsatz und EBIT. Als nächstes Sprach Herr Voith, der im Unternehmen den Bereich Finanzen leitet. In der Erläuterung der GuV 2016 wurde mit einer Folie deutlich erklärt, was das Ergebnis so negativ beeinflusst hat.
Abschreibungen auf Materialaufwand 0,4 Mio Personalaufwand durch Abfindung 0,7 Mio Wertberichtigung Israel 2.2 Mio Sonstiges 0,2 Mio -------------------------------------------------- 3,5 Mio
Danach ging Herr Voith auf die Bilanz der AG ein. IVU ist schuldenfrei und hat ein hervorragendes Verhältnis von kurzfristigen Vermögenswerten (74%) gegenüber langfristig. Auch sind die kurzfristigen Verbindlichkeiten relativ gering. Langfristige Verbindlichkeiten hat IVU bis auf die Pensionsansprüche keine. Die Vorräte konnte man um 1 Mio. reduzieren, was das Risiko für weitere Abschreibungen miniert. Die Kapitaldecke (66% EK) ist robust und gibt IVU in Zukunft die Möglichkeit von M&A Transaktionen. Dividenden oder Aktienrückkaufen sind nicht ausgeschlossen, allerdings muss nach HGB ein Gewinn erwirtschaftet werden. Die unterschiedliche Rechnungslegung zwischen IFRS und HGB trifft gerade IVU als Projektgesellschaft besonders stark. So ist man aber zuversichtlich, schon bald einen Gewinn nach HGB ausweisen zu können und die Schere zwischen HBG und IFRS wieder zu verringern. Beim Thema latente Steuern (scheint relativ komplex zu sein) können die hohen Verlustvorträge nur teilweise genutzt werden. Hauptsächlich entstehen die Steuern durch Aufträge in Italien. Danach wurden kurz die Q1 Zahlen von IVU erklärt. Herr Voith verwies auf die gute Entwicklung im Rohertrag und EBIT. Die Personalkosten hat man im Blick und ist optimistisch auch hier in Zukunft keinen starken Anstieg auszulösen, sondern setzt auf kontinuierlichen und kontrollierten Mitarbeiterzuwachs. Allerdings zahlt IVU wohl ein relativ niedriges Gehalt, was Umfragen unter Mitarbeitern und der Vergleich in der Branche zeigrn. Ich könnte mir vorstellen, dass gutes und fähiges Personal in der Zukunft teurer für IVU wird. Vor allem bei Neueinstellungen. Als letztes Sprach Herr Rust, der als COO tätig ist, über die verschiedenen Projekte der IVU. Hier wurde vor allem auf die bekannten Referenzaufträge in Europa gesprochen. Was dabei immer wieder klar wird: IVU hat die richtigen Produkte für einen wachsenden Markt, der sich in Zukunft immer mehr dem Thema Software zuwenden wird. Durch die Einsparungen und die effizienteren Abläufe beim Kunden sehe ich das Geschäftsprinzip von IVU als ein WIN-WIN Modell. Anschließend begann die Aussprache mit den Aktionären. Der erste Herr vertrat einen institutionellen Anleger aus München und sprach die Probleme des letzten Jahres sehr deutlich an, vor allem die große Enttäuschung über das aus seiner Sicht unfähige Management wurde thematisiert. Anschließend Sprach ein Privatanleger der ebenfalls harte Kritik übte, und vor allem die Frage wiederholte warum man bei IVU auf einen CFO verzichtet. Es folgte meine Ansprache und noch zwei weitere kürzere Wortmeldungen. Herr Müller-Elschner begann mit der Beantwortung der Fragen: Thema Israel: Der Auftrag der Hauptsächlich zu den Abschreibungen geführt hat ist der von SuperBus (2,7mio Auftragswert). IVU ist bis heute davon überzeugt, dass man diesen Auftrag durchführen konnte und die überraschende Kündigung von seitens des Kunden ungerechtfertigt ist. Es gab zwar immer wieder Probleme und der Kunde drohte. 0,9 Mio. wurden daher schon im vorherigen Jahr abgeschrieben. Allerdings hat IVU nicht damit gerechnet, dass es zu kompletten Kündigung kommt. „Der Kunde hat uns einfach alles auf den Hof gekippt und den Auftrag storniert.“ Man könnte nun rechtlich gegen diesen Vorfall vorgehen. Leider müsste ein Rechtsstreit auf israelitischem Boden geführt werden. Kostenpunkt mind. 0,5 Mio. Aussichten auf Erfolg ungewiss. Dieses Risiko wird man sehr wahrscheinlich nicht eingehen und es bei der Abschreibung belassen. Es ist das erste Mal, dass IVU einen Job nicht beendet hat. Bei der Meldung von Aufträgen hat IVU das Dilemma, dass viele Kunden es ausdrücklich nicht wollen, dass der Auftrag von IVU gemeldet wird bzw. wenn dann nur unter strengen Auflagen.
Thema DB Auftrag: IVU arbeitet schon lange mit der DB Regio zusammen (15 Jahre). Der Auftrag, bzw. der Rahmenvertrag ist nun ein weiterer Schritt dieser Kundenbeziehung. Der Rahmenvertrag macht es der DB möglich Aufträge direkt an IVU zu geben ohne diese immer wieder neu ausschreiben zu müssen. Einfach ausgedrückt: IVU wird zum Haus und Hof Lieferanten der DB in Sachen Software. Die Laufzeit des Vertrags beträgt sieben Jahre. Bis jetzt wurden 0,4 Mio. aus diesem Auftragspool vergeben und sind damit im Zahlenwerk von IVU inkludiert. Dazu kommen dieses Jahr noch weitere 6 Mio. (99%). Beim Thema Gesamtwert des Auftrages tat sich Herr Müller-Elschner schwer. Die Bahn möchte wohl nicht, dass diese Information nach außen dringt. Nur so viel: Es ist ein zweistelliger Millionen-Betrag und kein ganz kleiner. Ich selber schätze das Volumen auf ca. 30mio. Es wurde auch nochmal darauf aufmerksam gemacht, dass die Aufträge mit der Bahn auch immer eine politische Komponente haben. So hat zum Beispiel bei diesem Rahmenvertrag der Betriebsrat bei der Bahn sehr viel mitgemischt und überprüft jede Meldung die IVU zu diesem Thema raus gibt. Was man aber auch noch bei diesem Auftrag berücksichtigen sollte, sind die hohen und skalierbaren Wartungserlöse in der Zukunft. US Geschäft: Das US Geschäft läuft nicht so an wie man es sich erwartet hat. Es gibt eine Kooperation mit Scheidt und Bachmann aber auch hier gab es noch keinen gemeinsamen Auftrag im Bereich Flottenmanagement. Für das Produkt IVU.rail ist die USA ein sehr interessanter Markt. Die Margen sind hoch und es gibt viele potenzielle Kunden. Allerdings sind diese sehr anspruchsvoll und die politischen Rahmenbedingungen erleichtern das Ganze auch nicht. Man will weiter dran bleiben, überprüft aber immer wieder Chancen und Kosten des Standortes. Es wird morgen keinen Auftrag geben. Es ist also Geduld gefragt. Init ist übrigens auf den US Markt relativ erfolgreich unterwegs kämpft aber auch mit den Umständen vor Ort.
Dann wurde über Mexico und die Türkei gesprochen. Ich hatte das Gefühl, dass die Vorkommnisse mit Israel ein wirkliches Umdenken gefördert haben. Man ist deutlich vorsichtiger und prüft regelmäßig das Risiko. Bei der kleinsten Problematik stellt man nun die Arbeit ein.
Der Markt in Nordeuropa ist gesättigt. Die meisten Länder (bis auf Norwegen, aber hier ist man dran) fahren zum Großteil mit IVU Produkten. Autonomes Fahren ist ein spannender Trend. Vieles von IVU wird dann nicht mehr benötigt, dafür aber andere eigene Produkte. Grundsätzlich sieht man diesen Trend aber noch nicht wirklich kommen. Österreich wird in den Fokus gerückt. Mit einem neuen Standort und österreichischem Personal möchte man hier neue und margenstarke Aufträge gewinne. Thema Kapitalmarktkommunikation: Müller-Elschner betonte nochmal, dass er Ingenieur ist und es dadurch manchmal etwas schwierig sei, die Ansprüche des Marktes zu sehen. Als Zielmarge für die nächste Zeit (ich glaube es waren die nächsten zwei Jahre) wurde 12,5% genannt. Man hat Bereiche, da liegt man deutlich darüber auch welche da liegt man darunter. Eine starke Steigerung der Marge ist nicht vorgesehen. Sonstiges: Die Erlaubnis für Aktienrückkaufe hat man sich ja schon vor einiger Zeit eingeholt. Sobald ein HBG Gewinn diese wieder zulässt, kommt das Thema auf den Tisch. Allerdings nicht zur Kurspflege, sondern für Mitarbeiterbeteiligungen oder als Akquisitionswährung. Wartungskosten stellen jetzt schon 30% des Umsatzes dar. Eine wichtige und wachstumsstarke Säule des Geschäftsmodells. Ähnlich wie das Geschäftsfeld Cloud, mit dieser Serviceleistung kann man hohe und konstante Erträge erzielen. Personal wird bei IVU als größtes Asset gesehen und man stellt nicht für einzelne Aufträge ein. Die Mitarbeiter sind grundsätzlich zufrieden bei IVU (Mitarbeiterbefragung), aber gehaltstechnisch kann man nicht punkten. Standort Berlin und die gute Arbeitsatmosphäre sind Pluspunkte von IVU. Übernahmen werde nicht mehr kategorisch abgelehnt. Man hält die Augen offen, wird aber nicht morgen aktiv werden. Man möchte mit einer kleineren Übernahme erst mal „üben“. Interessant wäre eine Übernahme, um Personal / neue Technik einzukaufen oder einen Markteintritt zu erleichtern. Hier wurde der Güterverkehr in den USA angesprochen. Ich finde diese neue Information sehr interessant. Muss man mal sehen, was daraus wird. Zur Info: (http://boerse.ard.de/anlagestrategie/branchen/...die-zukunft100.html) Der EBIT mit mindestens 3,0 Mio ist eine sehr konservative Aussage. Man hat glaube ich mehr als deutlich vernommen, dass die Kommunikation in Bezug auf „Margen des Vorjahres“ nicht gut war. Man muss gucken ob sich hier eine Verbesserung einstellt. Die Personalie Dr. Bergestein, hat für viele Turbulenzen im Unternehmen geführt. Der Aufsichtsrat musste am Ende eine Trennung bekannt geben, um die Unternehmensführung wieder zu vereinen.
Fazit: Vor allem bei der Aussprache hatte ich das Gefühlt, dass IVU wirklich daran interessiert ist, seine Aktionäre zu informieren und auch Probleme offen anzusprechen. Es wurde kein Blatt vor den Mund genommen und man stellte sich der doch harte Kritik von uns Anlegern. Operativ läuft es für IVU wirklich gut. Es ist allen klar, dass die Aktie unterbewertet ist und man die Kommunikation verbessern muss. Daran möchte man arbeiten. Ich habe auch Frau Weisser persönlich kennengelernt und wurde von ihr durch die Räumlichkeiten der IVU geführt (man kennt das Forum hier sehr gut und liest regelmäßig mit). Kritik wurde auch hier angenommen und man weiß über die Schwächen. IVU wird sich natürlich nicht zu einem Musterbeispiel für Kapitalmarktkommunikation entwickeln. Aber ich hoffe, dass man seine Hausaufgaben macht und verlorenes Vertrauen der Anleger zurück gewinnt. Die starke Auftragslage und die weltweit gefragten Produkte zeigen: IVU macht vieles richtig und braucht sich am Kapitalmarkt nicht zu verstecken. Man ist bis auf 2016 jedes Jahr stabil gewachsen und es ist kein Ende in Sicht. Der Markt ist riesig und wächst weltweit. Wenn man jetzt noch einen CFO einstellt, wäre ich in Bezug auf das Management wunschlos. Ich habe auch einen der Gründer kennengelernt, der sich bei mir für die Rede bedankte. Man sieht die Kritikpunkte ähnlich wie ich, ist aber auch von der Qualität des Unternehmens überzeugt. Der Investmentcase für IVU ist für mich voll intakt. Ein Wachstumsunternehmen im Softwarebereich mit einer solch niedrigen Bewertung findet man nicht oft. Jetzt konnte ich mir auch ein persönliches Bild des Managements machen und bin positiv überrascht worden. Ich verkaufe hier keine Aktie unter 7€. Den EBIT sehe ich dieses Jahr <5,5 Mio. Mit dem Bahnauftrag im Rücken ist man nach unten sehr gut abgesichert und Potenzial für neues Geschäft gibt es genüge. Lassen wir uns überraschen!
PS. Danke nochmal für das Vertrauen der vielen Aktionäre, die mir ihre Stimmt übertragen haben. Bei Bedarf schicke ich euch gerne meine Rede. Einfach BM an mich! |