Jürgen, das würde ich persönlich anders sehen. Zunächstmal: ich finde den grundsätzlichen Ansatz, das Gehalt des Vorstands in Relation zum EBIT zu setzen nicht an sich verkehrt. Tatsächlich nervt es mich als Miteigentümer von Unternehmen, was wir als Aktionäre sind, auch immer, wenn das operative Ergebnis kaum höher ist als das Gehalt des CEOs.
Aber: man muss hier aus meiner Sicht schon auch ein paar Sachen in Relation stellen.
1. Das für den Vorstand ausgewiesene Gehalt von 2,3 Mio. EUR ging nicht komplett an Trier, da bis Mitte des Jahres auch noch ein Finanzvorstand aktiv war. Meine grobe Schätzung wäre, dass der Finanzvorstand ein Jahresgehalt von etwa 600k hatte. Dies ergibt sich daher, dass das Gesamtgehalt des Vorstandes ein Jahr zuvor noch 2,6 Mio war. Der Rückgang von 300k sollte über den Daumen gepeilt das halbe Gehalt des CFOs sein, da dieser 2014 sechs Monate im Amt war. Hieraus ergibt sich, dass Triers Gehalt in etwa 2 Mio. ist.
2. Trotz der unerfreulichen Kursrückgänge zuletzt hat Trier die Marktkapitalisierung von Softing allein in den letzten 5 Jahren auf "per share"-Basis verfünffacht. Das entspricht einer CAGR Rendite von 38% pro Jahr. Wer damit unzufrieden ist, der wird wohl nie zufrieden sein. Vor diesem Hintegrund fände ich es jedenfalls absurd, rückblickend zu sagen "oh Mann, wir Aktionäre wurden hier echt über den Tisch gezogen; wenn Trier nur die Hälfte verdient hätte, dann hätte ich 45%." Vor dem Hintergrund "Pay for Performance" hat Trier geliefert.
3. Natürlich sollte man nicht nur die Vergangenheit im Aufe haben, sondern auch die Zukunft. Was Triers zukünftige Anreize angeht Shareholder Value zu schaffen, sollte man dann aber bedenken, dass Trier direkt und indirekt etwa 25% der Aktien an Softing hält. Er ist damit selbst der mit Abstand größte Einzelaktionär. Aktien machen im Durchschnitt historisch etwa 8% pro Jahr. D.h., selbst wenn Trier es in Zukunft nicht mehr schaffen sollte, den Markt outzuperformen, sondern nur noch auf die durchschnittliche Marktrendite käme, ergäbe sich ein erwarteter Kapitalertrag für Trier von 88 Mio. x 0,25 x 0,08 = 1,76 Mio. Da Trier eine deutlich höhere Steuerquote auf sein Gehalt haben wird, als auf seine Kapitalerträge, ist also klar, dass Trier mehr durch die Kapitalerträge verdient, als durch das Gehalt. Insofern sitzt er mit uns in einem Boot.
In Summe: während ich es vollkommen legitim und wichtig finde, das Gehalt des CEOs kritisch zu hinterfragen, finde ich nicht, dass wir momentan wegen einem Übergangsjahr bereits an einem Punkt sind, wo man hier von einem fundamentalen Problem wegen überzogener Vergütung sprechen kann. Um es klarzustellen: ich finde Triers Gehalt letztlich auch etwas zu hoch und würde weiteren Gehaltserhöhungen mit starker Reservation gegenüberstehen. Aber im Moment ist es aus meiner Sicht gerade noch vertretbar. Vor die Frage gestellt, ob ich lieber Trier als CEO mit 2 Mio. Gehalt oder einen beliebigen Nachfolger mit 1 Mio. Gehalt hätte, würde ich jedenfalls persönlich lieber erstere Variante wählen. Und das ist letztlich der marktwirtschaftliche Test dafür, ob das Gehalt angemessen ist.
PS: Was die Corporate Governance angeht, sehe ich es aber durchaus auch mit leichter Skepsis, dass Trier sich sein Gehalt letztlich selbst bestimmen kann. Noch kein Grund bei IR sturmzuklingeln, aber das Gehalt sollten wir als Aktionäre sicher dennoch im Zeitverlauf im Auge behalten--zumal in Jahren, wo weniger Cashflow generiert wird. |