Die Schaeffler AG hatte sich bislang vor allem mit (teuren) Bankkrediten finanziert. Mit Bonds kann sie sich billiger refinanzieren - das ist in USA schon länger gang und gäbe. Und bei der EZB-Negativzinspolitik (eine Folge der PIIGS-Misere) wird der Anlagenotstand für Bondinvestoren in Europa voraussichtlich noch lange anhalten.
Kein Wunder, dass die neuen Schaeffler-Anleihen mehrfach überzeichnet waren. Es sind auch keine Junkbonds, sondern sie haben Investment Grade (IG). Der Bondmarkt ist in der Regel "smarter" als der Aktienmarkt. Die Überzeichnung verrät: Bondanleger gehen NICHT davon aus, dass SHA demnächst gravierende Finanz- oder Ertragsprobleme bekommt.
Wenn das KGV niedriger ist als die Dividendenrendite, ist das zunächst mal attraktiv - aber es könnte eben auch ein Alarmsignal sein. Die Dividendenrendite ist zurzeit deshalb so hoch, weil der Kurs so stark gesunken ist. Als Grund nennen die - ewig trendfolgenden - Börsenbrief-Schreiber die sinkende Marge. Auch stimmen sie in den (mMn unbegründeten) Chor ein, dass die Zukunft in der E-Mobilität liege.
Könnte also die Dividende demnächst wegen Ertragsproblemen gekürzt werden? Ich glaube dies nicht, weil SHA rund 50 % seines Umsatzes mit Auto-Ersatzteilen macht - zugegeben für Benziner und Diesel, aber ich sehe auf den Straßen bislang nur wenig E-Autos, und auch die Käufer bleiben zurückhaltend. Nur 1,7 % aller Neubestellungen sind E-Mobile.
Hauptgrund ist, dass die Interessenten Reichweitenangst haben. Niemand hat Lust, nach 400 km (oder im Winter, wenn elektrisch geheizt wird - E-Motoren erzeugen kaum Abwärme - nach nur 300 km) eine Stunde an der Ladesäule zu stehen. Und dann das Ganze 300 km später noch einmal. Eine Fahrt von Flensburg nach Stuttgart dauert dann 12 Stunden...
Und gibt es wirklich Ertragsprobleme? Gemäß den letzten Zahlen wurde der Umsatz in allen Bereichen gesteigert, bei Industrieprodukten sogar um 10 %. Allerdings ist - und da haben die Kritiker recht - die Gewinnmarge gesunken.
SHA tut mit dem CARE-Programm aber etwas zur Steigerung der Marge (Kritiker sagen "zu wenig", ich sage: "genug"). Unrentable Werke sollen geschlossen und Leute schonend entlassen werden. Dies betrifft übrigens vorwiegend Werke und Mitarbeiter aus dem Verbrennungsmotor-Bereich. D.h. SHA bewegt sich ebenfalls, dem Markt folgend, langsam in Richtung E-Mobilität. Daher auch Übernahmen in diesem Sektor, die jetzt mit den Bonds refinanziert werden.
Läuft die Umstellung auf E-Mobile schnell genug? Das ist eine Streitfrage. Zetsche von Daimler sagt, man solle sich nach den Kaufinteressenten richten und erst dann verstärkt auf E-Mobilität setzen, wenn die Bedingungen dafür gegeben sind. Also erst dann stärker produzieren, wenn stärker nachgefragt wird. BMW sieht das anders...
Die SHA-Bedenkenträger haben insofern recht, dass in E-Mobilen viele klassische Auto-Teile nicht mehr benötigt werden wie Kupplung, Getriebe usw.
Die entscheidende Frage jedoch bleibt, wie schnell die E-Moblität tatsächlich kommen wird. Es gibt da einen ausgeprägten und wenig aussichtsreichen Hype. Wir werden mMn auch auch in 50 Jahren in D. noch Benziner und Diesel auf den Straßen sehen. Denn woher soll der viele Strom für die Umstellung auf E-Mobilität eigentlich kommen? Wollen die Grünen dafür etwa Atomstrom aus Frankreich importieren? Um sich dann damit zu brüsten, in D. alle AKWs abgeschaltet und die Mobilität auf "umweltfreundliche" E-Autos umgestellt zu haben? Lächerlich.
Das Hauptproblem bei E-Autos sind die Batterien. Li-Akkus haben eine zu geringe Energiedichte. Oder anders ausgedrückt: Sie sind gemessen an dem, was sie an Energie speichern können, viel zu schwer. Will man große Reichweiten, müsste man (noch) mehr von den schweren Akkus verbauen. Aber diese müssten dann nach jeder roten Ampel wieder - viel Energie fressend - beschleunigt werden. Der Kompromiss ist, weniger Akkus zu verbauen, was die E-Autos zwar leichter macht, aber eben auch die Reichweite senkt.
Es gibt in der Akku-Technik nur sehr langsame Fortschritte. Seit 1990 wurde die Energiedichte von Lithium-Akkus gerade mal verdoppelt. Reichweitenangst legt sich erst, wenn E-Autos 800 km im Stück schaffen. Dazu müsste die Energiedichte nochmals verdoppelt werden. Das kann beim gegenwärtigen "Fortschrittstempo" noch weitere 30 Jahren dauern. Besonders viel Zeit kosten die Testreihen, die sich oft über Jahre hinziehen.
Schnell-Ladung a la Tesla kann man ebenfalls vergessen. Denn das macht die Akkus kaputt. Bei zu hohen Ladeströmen gibt es Abscheidungen von metallischem Lithium an der Graphitoberfläche der Anode, und die teuren Akkus werden schnell zu Schrott (irreversibler Kapazitätsverlust.). Akkus sind das teuerste am 35.000 Dollar teuren "billigsten" Tesla. Wer hat schon Lust, für zig Tausend Euros neue Akkus zu kaufen, weil die alten wegen zerstörersischer Schnell-Ladung den Geist aufgegeben haben? Die Gesetze der Physik und Chemie kann auch ein Elon Musk nicht außer Kraft setzen.
Merkel versucht nach Kräften, die E-Mobilität in D. zu fördern. Bis 2020 sollen eine Mio. E-Autos auf unseren Straßen fahren, so der "Plan". Um diesen umzusetzen, wird der Kauf von E-Autos massiv (und geradezu "planwirtschaftlich") mit über 4000 Euro Prämie subventioniert. Dennoch besteht nach aktuellen Zahlen keine Chance mehr, dieses Ziel zu erreichen - und zwar wegen Käuferstreik trotz üppiger Prämie. Wie ich oben schon schrieb, sind nur 1,7 % der Neukäufe E-Mobile.
Spätestens wenn sich der Hype um die E-Moblität gelegt hat und den Börenbrief-Fuzzis klar wird, dass sich das klassische Auto nicht planwirtschaftlich verdrängen lässt (jedenfalls nicht auf die Schnelle), dürfte der Kurs von Schaeffler wieder anziehen. Dann wird auch die Marktkapitalisierung wieder steigen, und SHA könnte wieder vom SDAX in den MDAX aufsteigen. Die ETF-Emissionäre, die SHA jetzt wegen MDAX-Ausscheiden verkaufen mussten, müssen dann wieder zurückkaufen...
FAZIT: Immer die gleiche Seifenoper an der Börse, nur die Besetzung wechselt von Vorstellung zu Vorstellung. |