FTD-Interview Solarindustrie muss auswandern von Mark Krümpel (Hamburg)
Deutsche Solarzellenhersteller werden nach Ansicht des Maschinenbauers Manz ihre Produktion ins Ausland verlagern müssen. Besonders hohe Kostenvorteile seien in Asien zu erreichen.
"In Asien gibt es Kostenvorteile, die die deutschen Hersteller nie mehr aufholen werden", sagte Vorstandschef Dieter Manz im FTD-Interview. Zudem seien in Asien, aber auch in den USA die Anreize für den Aufbau neuer Produktionsanlagen riesig. "Es ist weltweit ein enormer Wettbewerb um neue Fabriken entbrannt, weil alle führend sein wollen. Da kann Deutschland nur schwer mithalten", sagte Manz.
Damit stellt sich Manz gegen führende Branchenvertreter, die die Massenproduktion von Solarzellen und -modulen in Deutschland für überlebensfähig halten. Die deutsche Solarbranche glaubt, weiterhin allein mit staatlicher Unterstützung ihre Vorrangstellung verteidigen zu können. Es sollten nur noch solche Firmen staatlich gefördert werden, die zum maßgeblichen Teil in Europa fertigen, fordert etwa Solarworld-Chef Frank Asbeck. Den deutschen Herstellern brechen derzeit Umsätze und Gewinne weg, weil sie von asiatischen Konkurrenten, vor allem aus China, attackiert werden. Es droht eine Pleitewelle.
Maschinenbauer wie Manz, Centrotherm oder Roth & Rau, die Anlagen für die Produktion von Solarzellen- und modulen fertigen, sind hingegen die Profiteure des weltweiten Ausbaus der Solarproduktion. In Deutschland sei mittlerweile ein mit Abstand führender Maschinenbau für die Solarindustrie entstanden, betonte Manz. Zwar habe die Wirtschaftskrise das Geschäft zuletzt gebremst. Aber vor allem in Asien würden derzeit wieder Projekte angeschoben. Manz erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2008 etwa 75 Prozent des Jahresumsatzes von 237 Mio. Euro im Ausland. Mittlerweile würden mehr als 70 Prozent der Solarzellen weltweit mit deutschen Maschinen produziert, sagte Manz. "Da gibt es bei der Qualität keine Unterschiede."
Obwohl Deutschland durch eine außerordentlich hohe staatliche Förderung von Solarstrom der weltgrößte Wachstumsmarkt für Solaranlagen ist, sind fast alle hiesigen Zell- und Modulhersteller im ersten Halbjahr in die roten Zahlen gerutscht. Neben weltweiten Überkapazitäten und einem durch die Wirtschaftskrise gebremsten Geschäft leidet die Branche darunter, dass chinesische Hersteller wie Suntech, Yingli oder Trina Solar ihre Produkte hierzulande deutlich günstiger verkaufen - auch, weil China die Branche mit Milliardensubventionen unterstützt. Binnen zwei Jahren konnten die Chinesen ihren weltweiten Marktanteil bei Solarzellen auf mehr als 30 Prozent verdoppeln. Die Kostenvorteile für Zellhersteller in Asien seien enorm, sagte Manz. Nach Berechnungen von UBS und Goldman Sachs können sie im Schnitt 30 Prozent günstiger produzieren. "Da spielen niedrigere Lohnkosten genauso eine Rolle wie geringere Ausgaben für die Infrastruktur, etwa die Fabriken", sagte Manz. Der Aufbau einer Fertigungsstätte in Asien koste weniger als die Hälfte einer neuen Produktionsanlage in Deutschland, erklärte Manz die Unterschiede. Zudem seien die Asiaten in der Massenproduktion von Halbleitern oder Flachbildfernsehern, wo es darauf ankomme, durch neue Fertigungsverfahren die Kosten immer weiter zu drücken, extrem erfahren. Entsprechend hoch sei daher der Investitionsbedarf der Branche. "Sie müssen alle zwei bis drei Jahre neue Maschinen kaufen, um die Kosten zu senken", sagte Manz.
Die deutschen Solarzellen- und Solarmodulhersteller hätten aber noch alle Chancen, in dem zunehmenden weltweiten Wettbewerb zu bestehen. Allerdings: "Wenn es die Deutschen versäumen, im Ausland Produktion aufzubauen, dann machen sie einen Fehler", warnte Manz. Denn Deutschland werde riesige Schwierigkeiten haben, langfristig Massenproduktionsstandort für Solarzellen und -module zu bleiben, auch wenn die Fertigung hochwertiger Solaranlagen in Deutschland sicher eine Überlebenschance habe. Mit dem Bau von Fabriken im Ausland könne Deutschland aber besser seinen Vorteil ausspielen, dass das Land in der Solarzellenforschung noch führend sei.
"Die deutschen Solarzellenhersteller haben durch die hohe staatliche Förderung von Solarstrom lange gutes Geld verdient", sagte Manz. Vielleicht hätte man die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schon eher zurücknehmen müssen. "Die Chinesen haben gesehen, dass die Deutschen mit Ebit-Margen von 30 bis 40 Prozent ordentlich verdienen, und sind daher auch ins Solarzellengeschäft eingestiegen", sagte Manz. ----------- Nichts ist trügerischer als eine offenkundige Tatsache.
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