27.06.2011 - Mit SIAG Schaaf plant ein Familienunternehmen die Ausgabe einer Anleihe im Volumen von 50 Millionen Euro. Der Konzern ist Hersteller von Schlüsselkomponenten für On- und Offshore-Windkraftanlagen und könnte bei der Platzierung Unterstützung von der veränderten energiepolitischen Lage erhalten. Konzernchef Rüdiger Schaaf hat sich den Fragen der Redaktion von
www.4investors.de gestellt.
www.4investors.de: Windenergieanlagenbauer wie Nordex oder Vestas sind Börsianern mittlerweile bestens bekannt, Zulieferer wie SIAG Schaaf Industries dagegen kaum. Was veranlasst sie, sich dennoch an den Kapitalmarkt zu wenden und eine Anleihe zu emittieren?
Schaaf: Wir entwickeln und produzieren weltweit Schlüsselkomponenten für On- und Offshore-Windkraftanlagen: Türme, Gründungsstrukturen und selbsterrichtende Umspannwerke, um nur ein paar Beispiele zu nennen. 15 Jahre Erfahrung, leading supplier bei vielen Anlagenherstellern und langjähriges bestes Ingenieurs-Know-how in einem starken weltweiten Wachstumsmarkt, das ist aus meiner Sicht sehr attraktiv für den Kapitalmarkt. Den letzten Impuls hat jetzt gegeben, dass unser Offshore-Geschäft sich derart stark entwickelt, dass wir, um dieses Wachstum darzustellen, neue Investoren mit ins Boot holen wollen.
www.4investors.de: Welche konkreten Investitionspläne bestehen für die 50 Millionen Euro, die sie mit der Emission der Anleihe einnehmen wollen?
Schaaf: Wir sprechen im Offshore-Markt nicht über Zukunftsmusik, wie das die Branche jahrelang tat. Die Aufträge sind da. Uns ist die Offshore-Großserienfertigung gelungen. Im ersten Schritt produzieren wir in unserer Werft in Emden mit eigenem Seezugang 40 Gründungsstrukturen. Wir haben unterschriebene Aufträge im Offshore-Bereich für 182 Millionen Euro per Ende April und wir haben über ein Volumen von rund 1,4 Milliarden Euro Aufträge abgegeben, von denen wir allein in diesem Jahr rund 400 Millionen Euro generieren wollen. Für dieses Wachstum setzen wir die Mittel der Anleihe ein.
www.4investors.de: Wie werden ihre Bilanzrelationen hinsichtlich Eigen- und Fremdkapital aussehen, vorausgesetzt die Anleihe wird voll platziert?
Schaaf: Für uns war im langjährigen Mittel eine Eigenkapitalquote von 30 Prozent normal. Aufgrund der Branchenentwicklung im Nachgang zur Finanz- und Wirtschaftskrise sanken wir auf 25 Prozent. Und es ist völlig normal, dass wir aufgrund der Wachstumsfinanzierung rechnerisch nochmal etwas absinken werden. Wir haben unseren Anleihe-Investoren Financial Covenants zugesichert, die garantieren, dass wir unterhalb einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent keine Gewinne an die Aktionäre ausschütten werden. Ich möchte nur ergänzen: Wir haben noch nie ausgeschüttet, sondern immer reinvestiert.
www.4investors.de: Mit welcher Umsatz- und Ertragsentwicklung rechnen sie nach den Rückgängen im vergangenen Jahr für 2011 und die kommenden Jahre konkret? Wie wird sich SIAG während der fünf Jahre entwickeln, die die Anleihe als Laufzeit hat?
Schaaf: Bei der Emission einer Mittelstandsanleihe mit einem durch die BaFin geprüften und gebilligten Wertpapierprospekt dürfen Sie leider nur über die Gegenwart sprechen. Wir haben in diesem allein bis Ende April Aufträge von 254 Millionen Euro generiert. Zum Vergleich: 2010 lag unsere Gesamtleistung bei 133 Millionen Euro. Der Onshore-Markt ist nach der Delle 2009/2010 wieder voll auf Kurs und der Offshore-Markt ist extrem wachstumsstark – und vor allem er ist real. Die projektierten Windparks gehen jetzt in die Realisierung und alle Trends und politischen Entscheidungen weltweit weisen nur in eine Richtung. Die aktuell generierten Aufträge im Offshore-Sektor geben uns eine sehr gute Sicherheit für die nächsten zwei bis drei Jahre. Wir werden 2011 deutlich wachsen auf rund 190 Millionen Euro Gesamtleistung. 2012 und 2013 sehen wir weiter zunehmendes Wachstum – sowohl bei Umsatz als auch Ertrag.
www.4investors.de: Erwarten sie durch den politischen Kurswechsel in Berlin kurzfristig oder eher langfristig positive Auswirkungen auf ihre Zahlen?
Schaaf: Sowohl als auch. Das politische Umfeld könnte für Offshore- und Onshore-Windkraft nicht besser sein – wir werden als einer der führenden Technologie-Zulieferer im Offshore-Bereich profitieren. Allein die Projekte in der Nordsee, auf die wir uns im ersten Schritt konzentrieren, bergen ein gewaltiges Potenzial. Sie dürfen aber nicht vergessen, auch Onshore tut sich weltweit eine Menge. Wir haben eigene Produktionsgesellschaften in den USA für Nordamerika, eine Produktion in Nordafrika für den gesamten Mittelmeerraum und in Tschechien, um kostengünstig für Osteuropa produzieren zu können. Nicht nur in Deutschland, weltweit hat der politische Wille vieler Staaten zum Atomausstieg das Marktumfeld für regenerative Energien und insbesondere Windkraft sprunghaft verbessert.
www.4investors.de: Wie sichern sie die Ergebnisse von SIAG gegen steigende Rohstoffpreise, vor allem im Stahl- und Energiebereich, ab?
Schaaf: Wir verfügen über eine eigene Einkaufsorganisation in Singapur. Bis zu 80 Prozent des von uns benötigten Stahls beziehen wir aus China, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll ist. Mit unseren Strukturen sind wir voll wettbewerbsfähig. Wir sind Technologie-Zulieferer, das heißt alle unsere Mitbewerber haben eine ähnliche Entwicklung auf den Beschaffungsmärkten mit entsprechenden Auswirkungen auf die Absatzpreise. Um es aber auch ganz klar zu betonen: Wir sind keine Spekulanten. So weit wie möglich und wirtschaftlich sinnvoll sichern wir uns gegen Marktpreisschwankungen ab, denn wir wollen uns auf unser Geschäft konzentrieren: technologisch anspruchsvolle Schlüsselkomponenten für On- und Offshore-Windkraftanlagen.
www.4investors.de: Chinesische Hersteller holen bei der Herstellung von Windenergieanlagen stark auf, sind aber noch nicht auf ihrer Kundenliste. Was unternehmen sie, um das zu ändern?
Schaaf: Alle international führenden Windkraftanlagenbauer gehören zu unseren Kunden: VESTAS, GE Energy, Enercon, Siemens, Nordex und Repower. Auch die indische SUZLON – das ist aus meiner Sicht schon einmal eine sehr komfortable Situation. Wir planen definitiv keine eigene Produktion in China – auch nicht um damit eventuell näher an den chinesischen Partnern zu sein. Wir sehen bei unseren etablierten Partnern ganz ausgezeichnete Wachstumsperspektiven. Und bei den chinesischen Anbietern ist uns jetzt ein erster Erfolg gelungen: Wir haben eine Tochter des zweitgrößten chinesischen Windkraftanlagenherstellers als Kunden gewinnen können. Das wird unser Weg sein: Schritt für Schritt und durch unsere Qualität, Technologie und Präzision überzeugen.
www.4investors.de: Ist die Emission der Anleihe als ein Test zu sehen, wie SIAG am Kapitalmarkt ankommt? Können sie sich einen späteren Börsengang vorstellen, wenn sich die Bewertungen im Windenergiesektor erholt haben?
Schaaf: So würde ich es nicht sehen. Wir sind ein Familienunternehmen und ein international aufgestellter Konzern. Wir werden auch weiterhin ein verlässliches Familienunternehmen bleiben. Die Anleihe dient jetzt dazu, insbesondere das Wachstum in der Offshore-Sparte mit zusätzlichen Finanzmitteln zu unterlegen. Die Aufträge sind da, wir haben die Großserienproduktion für Offshore-Anlagen gestartet. Jetzt werden wir in den nächsten Jahren erst einmal zeigen, was wir in diesem Markt können.
www.4investors.de: Können sie sich auch vorstellen, einen Investor als Partner ins Boot zu holen?
Schaaf: Wir haben auf der Eigenkapitalseite einen Partner, der rund 23 Prozent am Unternehmen hält. Klar ist, wir werden ein Familienunternehmen bleiben. Und obwohl wir einen Finanzinvestor mit im Boot haben, haben wir in der Vergangenheit nie ausgeschüttet sondern immer reinvestiert. Das soll auch so bleiben – mindestens bis zu einer Eigenkapitalquote von 30 Prozent. Das haben wir unseren Anleihe-Investoren in den Financial Covenants zugesichert. Jetzt platzieren wir erst mal unsere Anleihe erfolgreich, alles Weitere wird man sehen. Wir gehen Schritt für Schritt vor, mit hoher Verlässlichkeit für alle unsere Investoren.
( mic )