Ich sehe hier ebenfalls keinen Grund zur Beunruhigung. Der Begriff "Islamisten", der in dem Artikel gebraucht wird, ist sehr unscharf. Das reicht von der Regierungspartei in der Türkei (NATO-Mitglied und EU-Beitrittsinteressent) bis zu den Taliban in Afghanistan. Ich finde den Begriff islamisch-konservativ für die Partei in Tunesien angebrachter. Für Öl-Firmen wäre eigentlich nur ein Iran-Szenario bedrohlich (aufgrund der Sanktionen), oder (in der nichtislamischen Welt) ein Venezuela-Szenario (aufgrund der Enteignungen/Verstaatlichungen), und das halte ich hier für vollkommen ausgeschlossen. Saudi-Arabien ist ein Dorado für Öl-Firmen und unser Partner Gulfsands hatte auch viele Jahre selbst im antiwestlichen Syrien offenbar keine Probleme. Und das was in Syrien noch bevorsteht hat Tunesien gerade (weitestgehend) ohne Gewalt hinter sich gebacht.
Aus Europa kam durchaus Unterstützung für die Wahlen, aber rein technischer Art, ohne eine Partei zu bevorzugen. Das halte ich auch für richtig, um kein Vertrauen zu zerstören. Eine bestimmte Partei zu unterstützen wäre gefährlich gewesen, siehe dazu auch den zweiten Absatz deines Postings.
Was die Saudis machen ist deren Bier. Ich meine aber, mittlerweile Reformen selbst in Saudi-Arabien wahrnehmen zu können. Umso besser (und nachhaltiger), wenn die von innen heraus kommen.
Einen ganz kleinen Hinweis, wie diese "Islamisten" vielleicht einzustufen sind liefert dieser Satz aus dem Spiegel-Artikel: "Bei einer Wahlfeier am Sonntagabend wurde einmal mehr die überlegene Organisation und Finanzkraft der Islamisten deutlich: Sie hatten Zelte und eine Großleinwand vor ihrem mehrstöckigen Hauptsitz aufgestellt, für den Generalsekretär gab es ein Podium aus Plexiglas, und die Ansprache wurde auf Französisch und Englisch übersetzt. Zwischen den Reden wurde Filmmusik aus "Titanic" und "Robin Hood" gespielt."
Das deutet auf vieles hin, aber ganz sicher nicht auf einen Iran 2.0. |