Niemand kann ernsthaft erwarten, mit Gratis-Content im Internet zu Börsenthemen Geld zu verdienen. Es ist eine Illusion zu glauben, es würde reichen, das Geschreibsel in Internetforen (inkl. Ariva) oder auch "Anlagetipps" aus Gratis-Börsenbriefen einfach eins zu eins umzusetzen.
Wer aus Gratis-Content etwas für sich gewinnen will, kommt daher nicht um "Querdenken" herum. Liest man z. B. in einem Ariva-Thread, dass alle Poster sehr bullisch und optimistisch auf einen Wert sind, sollte man sich fragen, ob hier nicht allzu euphorisches "Groupthink" die Birnen vernebelt hat.
Das Gleiche gilt umgekehrt, wenn die Arivaner nach langen Kursabsackern sehr pessimistisch sind und bärische Basher noch weiteres Öl ins Feuer zu kippen versuchen. (Ich gehe in letzter Zeit eher nach dieser zweiten Methode vor.) Kostolany schrieb nicht ohne Grund, man solle kaufen, wenn die Kanonen donnern.
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Im Web gibt es aber auch noch massenhaft "professionellen Gratis-Content". Das sind Analysten-Empfehlungen für Kleinanleger, die wider besseres Wissen falsch oder irreführend sind und allein dazu dienen, die "Muppets" (wie Goldman sie nennt) auf die falsche Fährte zu locken:
Die Muppets sollen nach langen Anstiegen, wenn die Profis im Eigenhandl Kasse machen wollen, zukaufen, "weil alles so schön gestiegen ist", damit die Verkäufe der Profis nicht allzu sehr auf die Kurse drücken (oft werden sehr große Posis losgeschlagen, deren Verkauf sich über Tage und manchmal sogar Wochen hinziehen kann, sofern dies kursschonend erfolgen soll).
Man könnten nun natürlich schlussfolgern: Ha, ich mache einfach das Gegenteil von dem, was die Profis den Kleinanlegern empfehlen. Aber ganz so einfach ist das auch wieder nicht, weil öfter auch mal "zutreffende" Tipps bzw News eingestreut werden, um den latenten Anlegerbetrug der Profis nicht so offenkundig zu machen.
Hier ist erst recht in hohem Maße "Querdenken" gefragt - eine Fähigkeit, die mMn voraussetzt, dass man sich schon viele Jahre mit der Börse beschäftigt hat, die Anfängerfehler alle früher selber mal gemacht hat (d.h. von den Profis "reingelegt" worden ist) und inzwischen dank seiner langen Erfahrung mit allen Wassern gewaschen ist.
Querdenken beheutet dabei konkret, Konsens-Empfehlungen auf ihren Realgehalt abzuklopfen, wobei auch Recherchen über Umsätze, Verschuldunggrad von Firmen/Staaten usw. weiterhelfen. D. h. es ist teils harte Arbeit. Als Arbeitshypothese sollten (Gratis-)Konsens-Empfehlungen grundsätzlich angezweifelt werden.
Allerdings besteht Querdenken - zumindest aus meiner Sicht - eben NICHT darin, sich in "mathematischen" Absonderlichkeiten wie Zahlenreihen oder auch komplizierten Strichmuster-Charts zu verheddern, in denen der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu erkennen ist. Querdenken sollte in erste Linie eine Form des KLARDENKENS sein, also das Gegenteil von Okkultismus. Mir reicht schon der "Okkultismus", den Goldman und Co. als Anleger-Tipps verbreiten. Dazu muss ich mir selber nicht noch einen Okkultismus zweiter Ordnung herbeiphantasieren. D.h. man sollte die eigene Birne möglichst frei machen von ideologischen Ballast und von Verschwörungstheorien.
Das ist nur meine Meinung, jeder muss selbst entscheiden, was für ihn das Beste ist. Er sollte dann aber auch allen Anderen zugestehen, anderer Meinung zu sein, ohne die Andersdenkenden gleich als "blöd" oder "ignorant" zu verunglimpfen - eine Unart, die sich bei Ariva quer durch alle Foren zieht. |