gelesen, in denen ich (gerade als Linker) Zwangsverheiratung (übrigens kein islamisches, sondern ein patriarchaisch-kulturelles Problem), Ehrenmorde (ebenfalls kein islamisches Problem, sondern auch unter Christen verbreitet) oder Frauenunterdrückung für positiv gehalten habe?
Das Problem ist, dass du diesen Dingen erstens nur dem Islam zuschreibst, obwohl es Frauenunterdrückung überall auf der Welt gibt. Gestern hab ich dazu beispielsweise die Statistik zu Gewalt in der Ehe in Deutschland hier rengestellt. Jede 4.deutsche Frau wurde schon Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt in einer Beziehung.
Und zweitens pauschalisierst du. Nicht jeder Moslem ist ein Frauenunterdrücker oder sieht die Zwangsheirat als islamisches Gebot. Genauso wenig wie ein Moslem den Islam als perspektivisch vorherrschende Religion betrachtet, nur weil ein paar schlaue Leute das aus dem Koran rausgelesen haben.
Fakt ist, religiöse Schriften sind interpretierbar. Es ist nichts anderes als von Menschen übermittelte Geschichten. Überspitzt formuliert könnte ich auch die Schneewitchen-Religion gründen und sie durch 12 Apostel auf tausend Seiten Papier in die Welt hinaustragen und zur Staatsreligion machen und sie mit Gewalt durchsetzen, um meine Macht zu festigen. :) Kommt immer drauf an wie der Mensch es interpretiert.
Aber Frauenunterdrückung, egal in welcher Form (sexuell, körperlich, Ehrenmorde, etc) ist eh keine islamische Sache. War es noch nie, und ist es auch heute nicht. Auch in christliche Familien mit einem patriachistischen, stark konservativen Weltbild praktizieren Ehrenmorde. Das hat was mit konservativen, "ehrenhaften" Bild zu tun. In den letzten Jahrzehnten wurde das zum Glück überall geringer, egal ob bei christlichen oder islamischen oder nicht religiösen Familien. Am verbreitestens ist diese Form der bestrafung natürlich im ehemals osmanischen Raum, wobei es nichts mit dem Osmanischen reich zu tun hatte.
Ich empfehl dir mal den Film "die Frau, die singt", in dem es auch um den Bürgerkrieg im Libanon in den 70/80er Jahren ging. Gerade der Libanon ist noch heute ein Land wo man viel über kulturelle, religiöse Konflikte lernen kann, aber vor allem darüber, dass es letztlich immer um Macht geht, egal ob im kleinen familiären oder dörflichen Rahmen oder im regionalen, landesweiten oder weltweiten Rahmen. Immer versucht man sich als der Stärkere zu behaupten. Und Frauen sind allzu oft die Opfer.
Trotzdem negiere ich ja nicht, dass der radikale Islam leider vor allem seit 911 und dem Irakkrieg an Zulauf gewonnen hat. Auch da sollte man sich aber mal die Ursachen anschauen. Allein die Tatsache, dass heutige IS Führer und finanzielle Unterstützer ehemals aus Saddams Clan kommen, sollte manch einen mal zum Nachdenken bringen, denn die Leute waren früher keineswegs großartig religiös. Oftmals das genaue Gegenteil. Die Tochter von Saddam ist heute eine der finanziell größten nterstützerinnen des IS, fiel aber bisher eher durch weltliche Genüsse und Shopping in den großen Metropolen dieser Welt auf. Auch bei den Saudis spürt man doch bei den ganzen innerislamischen und innerarabischen Konflikten, dass es letztlich um Macht geht. Der Islam bzw. der Koran wird genutzt. Opium fürs Volk! |