Deutsche Solarindustrie: Vorbild Apple 17 Nov, 2011News Zellproduktion nach Asien, Forschung und Entwicklung in Deutschland: Der Computerkonzern Apple gilt Analysten auf dem “Forum Solarpraxis” als Vorbild für die Zukunft der deutschen Solarindustrie. Ein Grabgesang für Solarworld, Q-Cells & Co. ist es nicht – aber ein Teil der Arbeitsplätze dürfte sich Richtung Ausland verlagern.
Knallvoll war der Saal im Berliner Maritim pro Arte-Hotel, als gäbe es etwas umsonst. Dabei gab es lediglich etwas Trost: Der Untergang steht nicht bevor – jedenfalls nicht für die gesamte deutsche Solarbranche. So lautet das Fazit führender Solarmarktanalysten auf dem diesjährigen “Forum Solarpraxis”, dem alljährlichen herbstlichen Treff der Branche. Titel der Veranstaltung: “Ist die deutsche Solarindustrie noch wettbewerbsfähig?”
Naja, lautet das Fazit. Eines der Zauberworte, das die Analysten der Branche für die Zukunft ans Herz legten, lautet “Branding”: Apple produziere ja schließlich auch nicht in den Staaten, sagte Dirk Morbitzer von Renewable Analytics, ebensowenig wie Nike und Adidas. Die Arbeit machen Chinesen, in Fabriken wie Foxconn. Apple klebt seine Marke drauf, fertig. Die Stärke von Apple liege in der Innovation, nicht der Produktion, glaubt Morbitzer.
Umstritten blieb unter den Analysten, wie viel der Produktion aus Kostengründen ins Ausland verlagert werden soll: Alles? Oder nur ein Teil, nämlich die Zellproduktion, während die Module nach wie vor in Deutschland zusammengeschraubt werden sollen? Glas, also komplette Module, über 10.000 Kilometer zu tranportieren, sei nicht besonders lohnend, sagte Morbitzer. Erstes Vorbild für das Morbitzer-Modell ist Conergy in Frankfurt/Oder, wo im Sommer das Aus für die Zellfertigung beschlossen wurde, die Modulproduktion aber bleibt.
Der zweite Hoffnungsschwimmer: neue Märkte. “Noch werden 80 Prozent des Marktes von Europa abgedeckt”, sagte Götz Fischbeck von der BHF-Bank. “Ich bin sicher, dass sich dies in drei Jahren umgekehrt haben wird.” Einerseits machen die gefallenen Modul- und Anlagenpreise Photovoltaikanlagen auch in China, Afrika und Südamerika erschwinglicher, andererseits können im Ausland teils noch höhere Gewinnmargen als in Deutschland erzielt werden.
Eigenverbrauchsmodelle lohnen sich bald
Dritter Hoffnungsschwimmer: Ein besserer Vertrieb, auch im Inland. Und viertens: neue Anwendungen. Da die Einspeisevergütung ab 2012 mit rund 24 Cent pro Kilowattstunde Solarstrom schon ab 2012 ungefähr so hoch liegt wie die Kilowattstunde gelieferter Strom (und weiter fallen wird), rentieren sich zunehmend Eigenverbrauchsmodelle.
Kurzfristig aber bleiben gigantische Überkapazitäten im Markt. Derzeit gibt es weltweit Produktionskapazitäten von 50 Gigawatt, gekauft werden jährlich 20-25. Inzwischen sind auch im Billiglohnland China Solarfirmen insolvent. Morbitzer glaubt allerdings, dass “die chinesische Regierung einen Großteil der Firmen nicht pleite gehen lassen und ihnen daher erlauben wird, im eigenen Land zu installieren”.
Und wieviel wird im nächsten Jahr in Deutschland installiert? Die Prognosen schwanken zwischen drei – das ist die anvisierte Zielmarke der Bundesregierung – und sieben Gigawatt. Einer der Risikofaktoren ist eine in den USA anhängige Klage gegen die chinesischen Hersteller wegen massiver Subventionen. Würde der stattgegeben und Strafzölle verhängt, könnten die chinesischen Hersteller mit noch billigeren Modulen stattdessen in den deutschen Markt drängen.
Für die deutsche Solarindustrie wie die Bundesregierung ein Graus: Die Forderung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und von Teilen der CDU nach einem Förderdeckel von 1.000 Megawatt jährlich sorgte nicht gerade für bessere Laune unter den Tagungsteilnehmern. “Unsere Kanzlerin ist Freund von Offshore-Windkraft”, hatte Moderator Harald Binder gleich zu Beginn gestöhnt, photovoltaikfreundlich sei schwarz-gelb nicht. Zumindest kurzfristig könnte Röslers Drohung aber Panikkäufe auslösen – und so die installierten Wattzahlen in 2012 nach oben treiben.
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