0 | SZ | Job | 04.03.2008 19:00
Sonne, Wind und Biomasse sorgen für Arbeit
250 000 Menschen sind derzeit in der Branche der erneuerbaren Energien beschäftigt, bis 2020 könnten es 400 000 bis 500 000 sein.
Der Erfolg der erneuerbaren Energien in Deutschland hat den Arbeitsmarkt noch positiver beeinflusst als bisher vermutet: Circa 250 000 Menschen arbeiten mittlerweile in der Branche, die mit Sonne, Wind und Biomasse, mit Geothermie und Wasser Geld verdient. Vor zwei Jahren waren es lediglich 157 000. 2020 könnten es nach Ansicht der Marktforscher der Unternehmensberatung Roland Berger 400 000 bis 500 000 sein.
Ein Blick in die Solarbranche: hier arbeiten derzeit 40 000 Arbeitnehmer. Das hat der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) ermittelt. Damit haben die Solarfirmen bereits Wirtschaftssparten wie die Biotechnologie überflügelt. Besonders stark profitieren die ostdeutschen Bundesländer vom Boom der Branche: Jeder 100. Industriearbeiter Ostdeutschlands ist in einer Solarfabrik beschäftigt. "Die Solarenergie hat beste Voraussetzungen, zur Leitindustrie des 21. Jahrhunderts aufzusteigen", schwärmt BSW-Geschäftsführer Carsten Körnig. Dafür aber brauchen die Unternehmen gut ausgebildete Arbeitskräfte. "Es gibt Nachwuchsprobleme in der gesamten Branche", sagt der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien Dietmar Schütz: "Schon jetzt fehlen überall Fachkräfte." Insbesondere Ingenieure werden gesucht wie die berühmte Nadel im Heuhaufen, aber auch qualifizierte Facharbeiter. Wichtig sei eine solide Grundausbildung. "Die Spezialisierung übernehmen dann meist die Betriebe selbst", sagt der Verbandschef. "Daran sehen wir, dass die dualen Ausbildungsgänge noch nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnitten sind."
Genau an dieser Stelle forscht Theo Bühler, Berufs- und Bildungs-Experte beim Wissenschaftsladen Bonn: "Die Ausbildung muss flexibler werden, damit die Unternehmen neue Entwicklungen der Branche aufnehmen können." Für Bühler treffen die beiden Ausbildungsberufe "Mechatroniker" und "Elektroniker für Gebäude- und Energietechnik" am ehesten die Anforderungen der Firmen. "Beide Berufe sind bereits am Markt etabliert. Dadurch fällt ein Jobeinstieg mit diesen Kompetenzen leicht." An den Hochschulen wünscht sich Bühler mehr Kapazitäten. "Es gibt viel zu wenig Lehrstühle für den Bereich erneuerbare Energien." Gute Chancen haben nämlich nicht nur die Bewerber aus den klassischen Ausbildungsberufen, auch Wirtschafts- und Naturwissenschaftler werden gesucht. Gleiches gilt für Kaufleute und PR-Profis mit Schwerpunkt Erneuerbare Energien.
Beim Energiekonzern Shell beispielsweise braucht man seit Jahren Beschäftigte für Erneuerbare Energien. Die Verfahrenstechnikerin Sandra Sander ist in der Rheinland-Raffinerie in Köln zuständig für Biokraftstoffe der zweiten Generation. Die 35-jährige wertet Studien aus und überprüft die Wirtschaftlichkeit von Biokraftstoffen. Sander hat sich während des Studiums frühzeitig an der Technischen Hochschule auf die Bereiche Umweltschutz- und Bioverfahrenstechnik spezialisiert. "So wusste mein Arbeitgeber genau, wo er mich einsetzen konnte." Shell braucht noch mehr Verstärkung und sucht für den Bereich Biokraftstoffe Hochschulabgänger und Mitarbeiter mit Berufserfahrung.
Der Oldenburger Solarmodulspezialist aleo solar (550 Mitarbeiter) ist ein anderes Beispiel. Er hat 2007 rund 200 neue Mitarbeiter eingestellt und sucht auch in diesem Jahr noch 100 weitere für die Produktion in Prenzlau. Zusätzlich möchte der Betrieb drei bis fünf Ingenieure einstellen und Mitarbeiter für den kaufmännischen Bereich. Aleo solar kooperiert in Sachen Personalrekrutierung mit den Fachhochschulen, bildet aber auch selbst aus und weiter.
Umsatzstärkstes Segment innerhalb der erneuerbaren Energien-Branche ist die Bioenergie. Betriebe dieses Bereichs erwirtschaften gemeinsam über acht Milliarden Euro im Jahr. Die meisten Biogasunternehmen haben zehn bis 50 Mitarbeiter. Beobachter prognostizieren dieser Gruppe ein 30-prozentiges Beschäftigungswachstum. Ein Beispiel: der niedersächsische Biogasanlagen-Hersteller Envitec (rund 300 Mitarbeiter).Dort machte Carsten Steentjes (32) eine Turbo-Karriere. In nur fünf Jahren brachte er es vom Fachplaner zum Technical Sales Manager. Steentjes hatte nach einer Lehre zum Ver- und Entsorger zwei Jahre lang eine Techniker-Schule besucht: "Damit konnte ich als Bindeglied zwischen Meister und Ingenieur eingesetzt werden." 2003 war er auf Jobsuche und fand in dem Lohner Biogas-Pionier den idealen Arbeitgeber. Vom Fachplaner wurde er zum Bauleiter für mehrere Biogas-Anlagen, ein Jahr später war er Projektleiter und trug die gesamte Verantwortung für neue Anlagenprojekte. Ende 2007 machte Steentjes den vorerst letzten Schritt zum Technical Sales Manager. Der Aufsteiger: "Ich kann nur jedem raten, der sich für innovative Technik interessiert, in die Erneuerbare Energien-Branche zu kommen."
Autor: Jürgen Hoffmann |