für Interessierte http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/offshore-windpark-in-der-nordsee-erfahrung-gefragt-kaeufer-gesucht-11503841.html Offshore-Windpark in der Nordsee Erfahrung gefragt, Käufer gesucht Pionierarbeit auf hoher See: Der Bau des ersten deutschen Offshore-Windparks in der Nordsee kommt nur langsam voran. Schuld sind vor allem Managementfehler. Von Holger Paul, Bremen Von den vielen Vorhaben der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien zu steigern, ist keines so ambitioniert wie der Bau von Meereswindparks in der deutschen Nord- und Ostsee. Im Jahr 2030 sollen die gewaltigen Windräder vor der Küste eine Gesamtleistung von 25.000 Megawatt erreicht haben, fast 100 Areale sind dafür vorgesehen. Doch bisher gibt es neben dem Testfeld Alpha Ventus nur einen einzigen Windpark in der Ostsee (Baltic 1) und einen in der Nordsee: Bard Offshore 1, wo inzwischen 18 von insgesamt 80 Windanlagen aus dem Wasser ragen. Aber auch davon drehen sich nicht alle. „Wir leisten täglich Pionierarbeit, weil die Offshore-Industrie immer noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung steht“, sagt Bernd Ranneberg, der Geschäftsführer der Bard Holding. Denn die deutschen Meereswindparks stehen vor besonderen Herausforderungen, weil sie anders als die Projekte vor den dänischen oder britischen Küsten viele Kilometer vom Land entfernt sein müssen. Das heißt: tieferes Wasser und hohe Wellen. Bauarbeiten kommen nur langsam voran Diese unberechenbaren Faktoren auf See waren es auch, die das Unternehmen Bard - neben hausgemachten Problemen - im vergangenen Jahr in eine Existenzkrise gebracht haben. Eigentlich wollte der Unternehmensgründer Arngolt Bekker den Ruhm, der erste Windparkerrichter in der deutschen Nordsee zu sein, schon Ende dieses Jahres einstreichen können. Aber der gebürtige Russe mit deutschen Vorfahren unterschätzte die Probleme auf dem Weg dorthin. So fehlte es zum Beispiel an geeigneten Schiffen für den Bau von Bard Offshore 1. Kurzerhand ließ Bekker für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag ein eigenes Errichterschiff herstellen, das aber viel später ausgeliefert wurde als geplant. „Mangels Erfahrung wurden die größten Fehlplanungen bei den Zeitfenstern gemacht, in denen das Wetter den Bau der Windräder überhaupt zulässt“, sagt Ranneberg, der zu Beginn dieses Jahres die Leitung von Bard übernommen hat. Weil aus Versicherungsgründen nur bis zu einer gewissen Wellenhöhe gearbeitet werden darf, kommen die Bauarbeiten viel langsamer voran als geplant. Ende 2013 werde Bard Offshore 1 vollständig in Betrieb sein, sagt Ranneberg. Ganz offensichtlich wollte Bard unter der unorthodoxen Führung von Bekker zu schnell zu viel. Nach der Gründung im Jahr 2003 stieg die Beschäftigtenzahl innerhalb weniger Jahre auf inzwischen 1100 Menschen an; das Unternehmen plante den Meerespark nicht nur, sondern entwickelte auch die Windanlagen, baut die Stützkreuze und fertigt, darauf ist man besonders stolz, die gut 60 Meter langen Rotorblätter in Eigenregie. „Das Unternehmen hatte aber gar kein richtiges Projektmanagement“, analysiert Ranneberg. „Wir standen kurz vor der Insolvenz“ Die Folgen zeigen sich heute zum Beispiel in den gewaltigen Produktionshallen des Unternehmens in Emden. Die für Bard Offshore 1 benötigten 240 Rotorblätter sind fast alle schon aufwendig mit viel Handarbeit produziert worden, im Freien stehen Dutzende der großen Gondeln zum Abtransport auf See bereit. Aber dort sind erst 47 Fundamente in 40 Meter Tiefe am Meeresgrund angebracht, bis zum Jahresende sollen es dann 53 Stützkreuze sein. „Es ist einzigartig in der Offshore-Industrie, dass Bard fast die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt“, sagt Ranneberg. Aber die Managementfehler wogen schwer. Im Jahr 2009 wies die Bard Engineering GmbH in ihrer Bilanz einen Verlust von 414 Millionen Euro aus und gab dort an, dass sich die finanzielle Situation 2010 noch weiter verschlechtert habe. „Wir standen kurz vor der Insolvenz“, räumt der heutige Geschäftsführer ein. Im vergangenen Jahr zog dann die Großbank Unicredit, die Bard Offshore 1 finanziert (und damit auch das Unternehmen) die Notbremse. Offiziell schied der damals 75 Jahre alte Arngolt Bekker Ende 2010 aus Altersgründen aus, doch in der Branche gehen alle davon aus, dass er auf Druck der Bank gehen und seine Anteile (87 Prozent) an einen Treuhänder übergeben musste. Der sucht seitdem zusammen mit der Investmentbank JP Morgan nach einem Käufer für Bard, der frisches Eigenkapital und eine gute Portion Enthusiasmus mitbringen muss. Verhandelt werde mit großen strategischen Investoren, sagt Ranneberg; der neue Besitzer soll im ersten Quartal 2012 feststehen. In der Zwischenzeit hat der Sanierer Ranneberg auch die Führungsebenen von Bard neu besetzt. Scheitern wäre ein verheerendes Signal Rund 1,7 Milliarden Euro, so heißt es am Markt, hat die Unicredit schon in das Offshore-Projekt gesteckt, und es wird wohl noch einiges mehr werden. Mehr als 400 Millionen Euro auf diese Finanzierung hat die Bank schon abgeschrieben. Über Zahlen will Ranneberg nicht reden, Unicredit habe aber die nötigen Mittel bereitgestellt, damit das Unternehmen Bard den Park fertigstellen kann. „Bis dahin sind wir durchfinanziert“, sagt er. Was danach kommt, entscheidet maßgeblich der neue Eigentümer. Direkt neben Bard Offshore 1 hat das Unternehmen die Genehmigung für einen weiteren Park (Veja Mate) in gleicher Größenordnung. Doch mit Bauarbeiten oder der Produktion der Anlagen kann und will Ronneberg erst beginnen, wenn er die Pläne des neuen Eigners kennt - und der genügend Geldgeber gefunden hat. Denn trotz des politischen Willens, der sich in der Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes widerspiegelt oder auch im jüngst aufgelegten KfW-Offshore-Kreditprogramm, sind die Banken angesichts ihrer eigenen Finanzierungsprobleme mit Darlehen für Offshore-Parks vorsichtiger denn je. Auch deshalb darf die Sanierung von Bard und die Fertigstellung von Bard Offshore 1 nicht scheitern - es wäre ein verheerendes Signal für den gesamten Markt. „Wir erleben in den Gesprächen eine positive politische Flankierung“, formuliert es Ranneberg diplomatisch. |