Bankrotterklärung
Sehr geehrter Anleger,
Stellen Sie sich einmal vor, dass Sie sich in eine Lage hineinmanövriert haben, in der Sie " alternativlos " sind. Das fällt Ihnen schwer? Mir auch. Da ich immer in meinem Leben? auch in schwierigsten Situationen - den Weitblick und das Verantwortungsgefühl hatte, dass sich mir Alternativen auftaten bzw. richtiger gesagt, ich mir diese erarbeitet habe. Dieses Land hat gestern offiziell damit Schluss gemacht und so eine Bankrotterklärung abgegeben. Denn gestern musste ich von der Kanzlerin die Worte vernehmen, dass die Handlungsweise ihrer Regierung " alternativlos " sei. Nun könnte man meinen, dass wenigstens die Opposition dieses allzu durchsichtige Theater aus CDU, CSU und FDP durchschaut. An dem sich sogar die SPD in virtueller Fortsetzung einer übergroßen Koalition beteiligt. Aber nein. Selbst die Grünen stellen sich semi-staatsmännisch und überraschend alternativlos an die Seite Angela Merkels. Was wohl der Lohn dafür ist? Und so finde ich mich wieder einmal in der etwas ungewohnten und nicht gerade angenehmen Situation, dass ich mit der DIE Linke einer Meinung bin. Und ich in Deutschland als konservativer Wirtschaftsliberaler keine andere Nische mehr finde. Und keine andere Hoffnung habe, als dass die Linke stark genug wird, um endlich diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Auch damit endlich einmal jemand etwas gegen die Banken unternimmt. Selbst Warren Buffet und Charlie Munger, die wahrlich keine Linken sind und in Omaha soeben das Woodstock der Kapitalisten feierten, setzen sich für ein Trennbankensystem ein. Das sollte uns zu denken geben. Nun ist gestern auch eine andere Grenze überschritten worden, die ich nie- und das meine ich auch so - geglaubt hätte, dass sie überschritten wird. Selbst in Zeiten wie diesen nicht. Die Europäische Zentralbank, kurz EZB, kauft Griechenland Ramschanleihen, sog. junk bonds, von Banken an. Die Rede ist von bis zu 40 Mrd. Euro. So einen Sündenfall hat es noch nie in der Geschichte der Deutschen Bundesbank und auch der relativ jungen Geschichte der EZB gegeben. Nicht einmal die Allianz Leben hat so etwas getan. Damit geht man indirekt doch noch an unsere Goldreserven, die direkt zu holen, selbst die CDU, Schäuble und die Kanzlerin bisher nur kurz wagten und wegen des aufbrausenden Protestes dann zurückzuckten. Was ist nur aus unserer Wirtschaft, was ist nur aus unserer Währung, was ist nur aus unserer einst so geschätzten Zentralbank, dem Hort der Stabilität geworden? Ein politischer Selbstbedienungsladen. So zerstört man Vertrauen. Nicht nur in eine Zentralbank, sondern auch in eine Währung und eine Wirtschaftsgemeinschaft. Und was ist nur aus dem einst so großen Gedanken Europa geworden? Wenn Europa lediglich bedeutet, dass wir Deutsche zahlen, wenn wieder mal ein Land in Not ist oder ein Kompromiss ansteht, dann ist mir das - ehrlich gesagt - einfach zu wenig, zu billig und zu einfallslos. Ich nenne das Ausnutzen. Solidarität ist etwas anderes. Europa war und ist für mich mehr. Aber Europa wurde und wird von selbstsüchtigen und unfähigen Politikern Stück für Stück herabgewirtschaftet. Und keiner im politischen Establishment hat den Mumm in den Knochen, das zuzugeben. Lediglich noch der ehrenwerte und kompetente Professor Dr. Starbatty sagte uns gestern die Wahrheit auf den Kopf zu. Die natürlich keiner hören wollte. " Das wird nicht gut gehen ", war seine einfache und klare Botschaft, die ich voll und ganz teile. Aber wie wenig hierzulande Professoren und damit Bildung und Geist geschätzt werden, zeigt nicht nur der Zustand der Schulen und Universitäten, sondern einst auch der Ausflug des begnadeten Verfassungsrichters und Steuer- und Staatsrechtlers Paul Kirchhof in die Politik. Den Schröder als den "Professor aus Heidelberg" verunglimpfte. Dass die Griechen, die sich in einer Rezession befinden und jetzt das stärkste Sparpaket tragen müssen, dass je ein europäischer Staat tragen musste und sie damit in eine Depression geraten werden, darauf verwies Starbatty zu Recht. Das wäre in etwa wie wenn wir hierzulande mitten in der Finanzkrise die Staatsausgaben massiv zusammengestrichen hätten. Was selbst überzeugte Marktradikale für Unsinn gehalten hätten. Genau das mutet man aber nun Griechenland zu. Das wird nicht gut gehen, weil es nicht gut gehen kann. Jeder der das volkswirtschaftliche ein mal eins beherrscht, weiß das. Ganz abgesehen davon, dass uns Griechenland wiederholt belogen hat Das politische Berlin hält dennoch an ihm fest. Warum? Wieder wird ein Problem in die Zukunft verlagert, wieder wird das Übel nicht an der Wurzel gepackt. Wieder muss die Zukunft unserer Kinder herhalten. Ein Wahnsinn ist das. Und Konservative wie Liberale stimmen diesem Unsinn Hand in Hand mit Sozialdemokraten zu. Unglaublich. Wie kann man eigentlich noch deutlicher die Zukunft verspielen? Das Signal ist verheerend. Anstrengen lohnt sich nicht, das zeigt auch unser Steuersystem mit der kalten Progression. Betrügen und andere für die eigenen Fehler in Mithaftung nehmen heißt das Gebot der Stunde. Nicht nur die großen Banken zeigen das eindrucksvoll. Ich weiß nicht wie es Ihnen geht. Aber mir wird diese Woche der letzte Rest einer politischen Heimat genommen. Diese Parteien vertreten nicht mehr meine Ziele. Diese Parteien verschulden sich zu Lasten unserer Kinder. Diese Parteien helfen Ländern, die uns über Jahre schamlos betrogen haben. Und diese Parteien belügen uns wider besseres Wissen. Weil schon heute klar ist, dass Griechenland diese Schulden niemals wird zurückbezahlen können. Das ist utopisch. Und so ist die Aussage der Kanzlerin bereits heute nicht das Papier wert, von dem sie die abliest. Ich sage vorher, dass einen nicht unwesentlichen Teil dieses Geldes der deutsche Steuerzahler wird berappen müssen. Und ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass ich noch oft an diese Kolumne erinnern werde. Und sagen Sie bitte hinter nicht, Sie hätten es nicht gewusst bzw. wissen können. Hier wird eine Grenze überschritten, die historisch und schicksalshaft genannt werden kann. Vertrauen, auch und gerade in eine Notenbank ist ein hohes Gut. Das wird wegen der Unfähigkeit der Regierung gegen Banken und die Griechen den harten, aber richtigen Weg zu gehen und strukturell etwas zu unternehmen zu unser aller Ungunsten verspielt. Beschämend ist das einzige Wort das mir angesichts dessen noch einfällt. Wieder einmal sehen wir, das in Wahrheit Politik- und Staatsversagen die Ursachen für diese Krisen sind. Und wenn man so weiter agiert, wird auch unsere segensreiche und an sich starke Soziale Marktwirtschaft auch noch aus den Angeln gehoben. Eines jedoch wird diesmal nicht greifen. Dass wieder eine Generation vorgibt, dass sie es nicht geahnt oder gewusst hätte, was da passiert sei. Und soll ich Ihnen etwas verraten? Hätte ich viel Geld und einen Hedge Fonds hinter mir, ich würde mir einen nach dem anderen herausgreifen und gegen diese hochverschuldeten europäischen Staaten wetten, dass die Schwarte kracht. Und auch gegen den Euro. Diese Griechenland Aktion ist diesbezüglich geradezu eine Steilvorlage für sog. Spekulanten. Und dabei sind die Spekulanten zu jedem Zeitpunkt aufrichtiger, klarer und bewirken wahrscheinlich am Ende mehr als der gesamte Deutsche Bundestag. In dem in Kürze eine politisch und wirtschaftliche Bankrotterklärung abgegeben wird. Und wir alle sind dabei gewesen. Und haben nichts dagegen unternommen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.
Ihr Norbert Lohrke |