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Nach mehreren Anläufen ist der DAX am Dienstag auf ein Rekordhoch geklettert: Der wichtigste deutsche Börsenindex befand sich am Dienstag auf dem höchsten Stand seiner fast 25-jährigen Geschichte. Der Leitindex übersprang sein bisheriges Allzeithoch von 8.151,57 Punkten vom 13. Juli 2007 und stieg in der Spitze auf 8.206 Punkte.
Vor ihm hatten das schon der Dow-Jones-Index und der S&P 500 an der Wall Street geschafft. „Das billige Geld ist wie Wasser - es sucht sich seinen Weg“, kommentierte Aktienmarktexperte Robert Halver von der Baader Bank die Hochstimmung an den Börsen. Zum Handelsende stand der DAX mit plus 0,86 Prozent bei 8.181,78 Punkten.
Geldschwemme spült Titel auf Rekordhoch Entscheidender Auslöser der globalen Rally ist die extrem lockere Geldpolitik der Notenbanken: Die Bank of Japan hatte Anfang April ihre Geldschleusen weit geöffnet. Die amerikanische Fed hat signalisiert, der weltgrößten Volkswirtschaft noch lange unter die Arme zu greifen. Und die Europäische Zentralbank (EZB) wird nicht müde zu wiederholen, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun wird, um die Euro-Zone zu retten. Vergangene Woche wurde der ohnehin bereits extrem niedrige Leitzins nochmals um 25 Basispunkte auf 0,5 Prozent gesenkt. Am Dienstag hat nun auch die australische Zentralbank den Leitzins auf ein Rekordtief gesenkt.
Die von den Zentralbanken verursachte niedrige Verzinsung an den Anleihemärkten hatte Investoren in den vergangenen Monaten in Anlagenot gebracht. Immer mehr setzten deshalb wieder auf Aktien und schoben so die Börsenrally an. Nach einer Durststrecke kamen zuletzt sogar wieder recht optimistisch stimmende Unternehmensbilanzen und Konjunkturdaten.
Für gute Stimmung auf dem Aktienmarkt sorgten – neben der Geldschwemme – auch Quartalsbilanzen zahlreicher Unternehmen. Im DAX überzeugten die Allianz und die Commerzbank mit ihren Zahlen zum ersten Quartal. Die Anleger honorierten die Entwicklung mit einem Aufschlag von 3,56 Prozent beziehungsweise 2,59 Prozent.
Weltweit positive Stimmung Die Stimmung an den Börsen war am Dienstag weltweit positiv. Dem japanischen Nikkei half die Gemengelage aus billigem Geld und Konjunkturhoffnung auf ein Fünfjahreshoch, dem britischen FTSE auf den höchsten Stand seit Ende 2007, der französische CAC40 notiert so hoch wie seit Sommer 2011 nicht mehr. Beflügelt von den internationalen Hochs schloss auch die Wiener Börse am Dienstag bei geringem Volumen mit leichten Zuwächsen. Der ATX stieg 5,36 Punkte oder 0,22 Prozent auf 2.421,71 Einheiten.
„Man will wieder dabei sein“, sagte Aktienstratege Jörg Rahn von Marcard, Stein & Co. „Wirklich neu ist, dass Anleger in Kauf nehmen, wenn es mal schlechter läuft. Investoren haben zum ersten Mal seit langem viel mehr Angst, die Rally zu verpassen als vor einem Rücksetzer.“
Indizes kein Spiegelbild der Realwirtschaft mehr? Spannend wird nun, ob der DAX sein Hoch nachhaltig halten kann. Die Mehrheit der Experten sieht gute Chancen für eine Fortsetzung der Rally, einige warnen jedoch vor einem Rückschlag. Die Schweizer Tageszeitung „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“) schrieb bereits Ende vergangener Woche von einer zunehmenden Entkoppelung von Realwirtschaft und Finanzmärkten. Frühindikatoren wie Einkaufsmanagerindizes für die amerikanische Wirtschaft wiesen nach unten, während die Aktienindizes auf Rekordhöhen klettern. Manche Beobachter nähmen bereits das Wort Gewinnblase in den Mund, heißt es in der „NZZ“.
In Europas größter Bank, der HSBC, sieht man diese Angst als weitgehend unbegründet an. „Wir haben aktuell nicht den Eindruck, dass es sich um eine Aktienmarktblase handelt“ - besonders nicht in Deutschland, wo sich die Konjunktur als recht robust darstelle, erklärt HSBC-Experte Heiko Weyand in einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ („Wiwo“). Weyand geht davon aus, dass es noch weiteres Aufwärtspotenzial für den DAX gibt, wenn auch in unbegrenztem Ausmaß. |