zu # 9439
Dabei wurde damals ja bereits über einen weiteren Schuldenschnitt hinter vorgehaltener Hand gesprochen und spekuliert als der erste noch gar nicht in trockenen Tüchern war!
Dass ein weiterer Schuldenschnitt notwendig werden würde war m.E. völlig absehbar. Das Problem, dass sich dabei ergibt, ist allerdings folgendes:
Im Hinblick darauf, dass schon ein Schuldenschnitt mit einer Beteiligung von privaten Gläubigern erfolgt ist, müssten bei einem nächsten Schuldenschnitt nun auch die Staaten und Zentralbanken mit einbezogen werden, um zu einer nennenswerten Reduzierung zu gelangen.
Die privaten sind schon zuvor bis an ihre Schmerzgrenze gegangen. Würde man ihnen nun einen Totalverlust aufbürden wollen, so würde das das Vertrauen in Anleihen schwacher europäischer Staaten weiter unterminieren. Welcher Private kauft denn dann noch solche Anleihen, ausser zu einem Zinssatz, der dem Ausfallrisiko entsprechend Rechnung träge.
Dies liefe den QE Maßnahmen der EZB entgegen. Es müsste noch mehr Geld in die Hand genommen werden, um die Zinsätze der entsprechenden Anleihen zu drücken.
Einen Totalausfall bei privaten Gläubigern würde man zudem auch nicht mehr auf freiwilliger Basis organisieren können! Es ergäbe für diesen Fall keinen Sinn mehr, auf die Zahlungen aus den Ausfallversicherungen durch das Element der Freiwilligkeit des Schuldenschnitts zu verzichten. Wenn sowieso nichts mehr zurückgezahlt wird, kann man es auch drauf ankommen lassen und wenigstens noch die Ausfallprämie kassieren.
Ließe sich ein weiterer Schuldenschnitt denn eigentlich überhaupt noch als freiwillig klassifizieren? Das läßt sich m.E. schon beim ersten Schuldenschnitt kaum aufrecht erhalten, folgt diese vermeintliche Freiwilligkeit doch einer Notwendigkeit, da die Forderungen nicht mehr zurückgezahlt werden können und ein default von den Folgen negativer bewertet wurde als ein freiwilliger Verzicht auf einen Teil der Rückzahlungen. Die Option, dass die Zahlungansprüche tatsächlich voll erfüllt werden, lag ja bei ralitätsnaher Würdigung der wirtschaftlichen Situation der Griechen gar nicht mehr auf dem Tisch. Eine echte Freiwilligkeit kann ich hier nicht erkennen.
Wollte man nun bei einem zweiten Schuldenschnitt auch Staaten und Zentralbanken beteiligen hätte man das Problem, dass sich dies beim besten Willen nicht mehr freiwillig organisieren ließe. Die EZB kann nicht einfach freiwillig auf Forderungen verzichten, dies wäre ein ganz harter und direkter Fall von monetärer Staatsfinanzierung, die ihr strikt untersagt ist - auch ein Staat kann nicht einfach freiwillig verzichten, das wäre ein unüberwindbarer Verstoß gegen die No-bailout-Klausel. Bisher kann man aus rechtlicher Sicht immerhin noch argumentieren, dass diese zwar aufgeweicht wurde, aber streng genommen noch kein Verstoß vorliegt.
Das Vertrauen in unsere europäischen Institutionen und in ihre Verträge, und damit letztendlich auch das Vertrauen in den Euro selbst würde damit beschädigt werden. Solche Vertragsbrüche ließen sich nicht mehr einfach wegreden, es würden aller Wahrscheinlichkeit nach auch entsprechende Klagen folgen.
Wie man es auch dreht und wendet, es dürfte große Probleme geben, einen solchen 2ten Schuldenschnitt wieder als freiwillig zu organisieren. Abgesehen von oben dargestellten Problemen müsste man auch sehen, wie die Ratingagenturen ein solches Vorgehen bewerten würden.
Das Risiko, dass ein weiterer Schuldenschnitt auf einen default hinausliefe sehe ich insofern als nicht unbeachtlich an. Dies bedeutete dann in letzter Konsequenz allerdings auch den Austritt Greiechenlands aus der Währungsgemeinschaft.
Losgelöst von diesen Problemen ergäbe sich bei einer Beteiligung der EZB zudem das Problem, dass dort zum ersten Mal reale Verluste anfielen, an denen die Staaten der Währungsunion, ihrem Kapitalschlüssel entsprechend beteiligt werden müssten. Ob dies angesichts der problematischen Situation vieler Staaten durchgehalten werden könnte, muss zumindest als fraglich erscheinen. http://www.ariva.de/forum/...ilungsfrage-472111?page=371#jump16078246
Ein neuer Schuldenschnitt ist aus diesen Erwägungen m.E. als höchst problematisch und riskant anzusehen, daneben wären auch dann immer noch Zweifel angezeigt, ob es das mit einem zweiten Schuldenschnitt denn auch gewesen wäre, oder ob nicht in der Zukunft doch noch weitere Schuldenschnitte erforderlich wären.
Man sollte hier m.E. versuchen, die Situation so realistisch wie möglich einzuschätzen und Hoffnungen und vermeintliche politische Notwendigkeiten mal für einen Augenblick bei Seite zu schieben. Ich hoffe, dass es am Ende nicht doch darauf hinausläuft, zwar ein paar Jahre mehr Zeit erkauft zu haben aber damit am Ende nur die sozio-ökonomischen Kosten eines Austrittes erheblich in die Höhe getrieben zu haben. |