Ui, nach einem halben Jahr auf der Auswechselbank darf ich auf einmal wieder hier posten? Frage ist nur: will ich das eigentlich? Fuzzi, kein Kommentar von Dir zu der Aktie im letzten halben Jahr und Dein einziger Beitrag zum Forum war das Sperren von Leuten, um die Diskussion zu unterbinden? Und das wo jedes meiner Postings mE mehr oder weniger gut begründet war und ich niemanden beleidigt habe? Schon beeindruckend wie manche Leute denken - da wird jede Meinung akzeptiert, wenn sie denn der eigenen entspricht…aber vllt sollte ich mich auch bedanken, da Du mir eine Menge Zeit erspart hast. Und da ich nach diesem Posting ggfs wieder gesperrt bin, muss ich wohl alles hier reinpacken. Also: bis evtl in einem halben Jahr wieder!
Inhaltlich: mein Blick auf die Aktie hat sich seit meinem letzten Posting nicht verändert: ich sehe keinen Grund, warum man sich jetzt diese Aktie ins Depot legen sollte, es sei denn man hält sich für einen guten Trader, der hier das 3-5 Euro Band spielen kann. Ich kann das nicht. Genauso wenig würde ich aber auch auf der Short-Seite unterwegs sein wollen, da mir der Kurs zu erratisch ist – siehe die Kursexplosion auf 7 Euro Mitte des Jahres. Bei dieser Einschätzung sind mir die Diskussionen um einen Impfstoff erst einmal recht egal.
Warum würde ich die Aktie momentan nicht im Depot haben wollen? Meine Gedanken sind wie folgt (bitte habt Verständnis wenn das nicht alles 100%ig genau nachgeschaut/-gerechnet ist, dafür fehlt mir die Zeit für eine Aktie, die ich momentan nicht im Depot habe):
1) TUI hatte vor dem Covid-Ausbruch schon ein „asset heavy“ Geschäftsmodell und war finanziell nicht besonders solide aufgestellt, was man auch an den Ratings der Ratingagenturen gesehen hat. Vor einem Jahr lag die EK-Quote bei rund 26%, diese ist mittlerweile auf 6% gefallen. Seit Jahresbeginn hat man zusätzliche Kredite (bzw. Linien, die wahrscheinlich noch nicht alle gezogen wurden) der KfW iHv rund 3 Mrd. bekommen. Wenn ich jetzt mal unterstelle, dass dieses neue FK auch zu einem Viertel mit EK unterlegt werden solle, dann müsste TUI hier 750 Mio Euro einsammeln.
2) Dass eine Kapitalerhöhung kommen muss, steht für mich daher außer Frage. Wenn TUI 50% neue Aktien emittiert, vllt mit 35% Abschlag zum theoretischen Ex-Bezugsrechts-Preis, dann würde das 295 Mio neue Aktien bei 2,20 Euro je Aktie bedeuten und „nur“ 650 Mio Euro einspielen. Ob TUI hier den Luxus hat, sich auszusuchen wann und bei welchem Kurs man eine KE macht, weiß ich nicht. Ich finde TUI hätte die Chance bei Kursen über 6 Euro nutzen sollen, um zumindest 10% der Aktien damals zu platzieren. Wollte ich damals hier schreiben, durfte ich aber nicht :-). Aber jeder, der sich jetzt eine Aktie kauft und mittelfristig halten will, der muss sich mE schon jetzt Gedanken machen, ob er bei der KE mitmachen will und nochmal >30% des Investments nachschießen will. Bevor eine solche KE nicht durch ist (zumindest aber noch nicht angekündigt ist), ist diese Aktien ein no go für mich.
3) Was in meinen Augen zu einfach gedacht ist, ist die Denke „na ja wenn die noch mehr Liquidität brauchen, dann verkaufen die eben noch Unternehmensteile oder holen sich einen neuen Kredit“. Wer bitte gibt denen denn heute noch Kredit? Außer staatlichen Kreditgebern wird das wohl keiner mehr machen. Und weitere Vermögenswerte versilbern? Welche wären das denn, wer würde die heute zu welchen Preisen kaufen und vor allem: was bedeutet das für die Profitabilität des TUI-Konzerns in den nächsten Jahren wenn man jetzt noch das verbliebene Tafelsilber, das noch profitabel ist, veräußern muss?
4) Ja, TUI will mehr digitalisieren, aber das kostet alles Geld und verschlingt liquide Mittel. Deshalb hatte TUI ja schon eine Dividendenkürzung für diesen Zweck angekündigt. Heißt aber auch, dass wahrscheinlich alle diese Digitalisierungsvorhaben reduziert werden müssen wegen Covid-19.
5) Wird TUI überleben? Zwar macht mir die EK Position (geringer als der Verlust im letzten Quartal) schon Angst, aber TUI ist zu groß/wichtig und wird mE daher nicht fallen gelassen. Aber die entscheidende Frage: bleibt dabei etwas für den Aktionär übrig? Das bringt mich zum nächsten Punkt.
6) Was ich weiterhin in keinster Weise einschätzen kann: was wird/könnte eine TUI in den „normalen“ Jahren 2023/24/25 verdienen? Sind das 100 Mio pro Jahr, 300 Mio, 500 Mio? Was sind die dauerhaften Kosten durch Corona, wie hoch werden die Zinskosten bleiben? Wieviele Jahre braucht TUI um die Verbindlichkeiten auf ein normales Level zu bringen? Ab welchem Jahr könnte man wieder mit einer Dividende rechnen? Wird das System der Urlaubsanzahlungen weiterhin Bestand haben?
7) Auch bemerkenswert: von 22 Analysten sind nur 2 auf Kauf und diese sind wohl nicht die Kurstreiber am Markt (Redburn & Panmure). Kann man zwar auch als Chance auf zukünftige Heraufstufungen sehen, aber so ein schlechtes Analystenbild habe ich selten gesehen…außer vllt bei der DB Aktie und da lagen die alle richtig die letzten Jahre. Wie schwer wird es für eine TUI Aktie sein bei so einem Analystenbild eine gute Performance zu zeigen?
So, das war’s für’s erste und bitte das obige nicht falsch verstehen: ich will hier niemanden zum Verkauf überreden, ich wünschen den Investierteren viel Geduld & Glück bei dem Investment. Aber bei den weiterhin vorhandenden Risiken, Unsicherheiten, etc. fehlt mir wirklich jeder Anreiz per Stand heute auf eine 2023/24 „recovery story“ zu setzen. Wenn ich hier den Wald vor Bäumen nicht sehe und das hier die Chance des Jahres ist, die ich gerade verpasse, dann freue ich mich über Rückmeldung. |