sowas wird IDTE natürlich nie verstehen. wieso rechtfertigt " ... verfehlte wirtschaftspolitik, sozialabbau, lohndumping und steigende arbeitslosigkeit .." nazis? tolle gehirnakrobatik!
Kommentar
Auschwitz vergeht nicht Die Täter von Auschwitz waren "gewöhnliche Menschen". Dies wird alle Deutschen in Zukunft nicht loslassen. Von Kurt Kister, Süddeutsche Zeitung
Rudolf Höß, einst Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, verfasste vor seiner Hinrichtung im Jahre 1947 in der Gefängniszelle eine Art Autobiographie. Auschwitz, so schrieb Höß darin, sei "die größte Menschen-Vernichtungs-Anlage aller Zeiten" gewesen.
Zwischen 1941 und dem Januar 1945 sind allein in Auschwitz rund 1,5 Millionen Menschen von Deutschen umgebracht worden. Sie wurden vergast, erschossen, zu Tode geprügelt, sie starben an Krankheiten, Entkräftung und Verzweiflung.
Dies alles geschah, weil für diese Menschen, die meisten von ihnen Juden, in der nationalsozialistischen Staatsideologie kein Platz zum Leben vorgesehen war. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sowie der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Elite trug diese Ideologie mit, unterstützte sie oder war zumindest zu ängstlich oder gleichgültig, um Widerstand zu leisten.
Was die Vertreter von Ämtern und Ministerien in der Wannsee-Konferenz ordentlich beschlossen hatten, setzten Deutsche in SS-Uniform in Auschwitz und anderswo pflichtgemäß um.
60 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945 gehört das singuläre Menschheitsverbrechen zum Gedenk-Kanon der ganzen Welt. 2005 gab es zum ersten Mal eine UN-Sondersitzung aus diesem Anlass. Bisher hatten dies zahlreiche Staaten unter dem Vorwand des Antizionismus, oft getrieben vom Antisemitismus, verhindert.
Die Hölle gesehen
Am Donnerstag trafen sich in Auschwitz 30 Staats- und Regierungschefs, um den Toten und den immer weniger werdenden Überlebenden die Ehre zu erweisen. Bei einer anrührenden Feier im Bundestag trug Wolf Biermann Auszüge aus dem "Großen Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk" vor. Sein Autor Jizchak Katzenelson starb in Auschwitz.
All diese Veranstaltungen haben eines gemeinsam: In ihrem Mittelpunkt stehen die Opfer. Je deutlicher Gesichter und Schicksale aus der riesigen Masse werden, desto eher wird aus dem Wissen um die Verbrechen ein Gefühl für ihre Ungeheuerlichkeit - gerade bei den Nachgeborenen.
Wer damals die KZ überlebt hat, der braucht keine Anleitung dafür, was Auschwitz war und was es bis heute bedeutet. Er hat die von Menschen bereitete Hölle gesehen. Weder ihm noch seinen Nachkommen ist es zu verdenken, wenn sie heute deutsche Narren, die wie Sachsens Rechtsradikale das Gedenken an den Massenmord für "Nationalmasochismus" halten, verabscheuen, ja fürchten.
Von Frankreich bis Russland leben in unserer Nachbarschaft noch viele ältere Menschen, die trotz aller Veränderungen seit 1945 tief in ihren Seelen jenes Trauma haben, das in Katzenelsons Gesang so umschrieben wird: "Ein Getrampel. Knobelbecherschritte. Deutsche."
Nun werden die Angehörigen der so genannten Erlebnisgeneration bei Opfern, Tätern und Mitläufern immer weniger. In diesem Jahr der 60. Jahrestage wird auch deswegen die Frage debattiert, ob das allmähliche Verschwinden der direkten Erinnerung nicht auch zu einer Historisierung des Ungeheuerlichen führen kann, ja führen soll.
Wer gedenkt heute noch des "Weißblutens" von Verdun (General Falkenhayn)? Wem, außer den Nachfahren der Ermordeten, ist der von Türken an Armeniern verübte Genozid noch ein Anliegen? Und: Ist die von etlichen deutschen Politikern angestrebte "Normalisierung" der Rolle Deutschlands in der Welt nicht auch ein indirekter Aufruf zur aktenmäßigen Ablage von Trauer, Entsetzen und Scham über Dachau und Auschwitz?
Hausse zeitgeschichtlicher Themen
Nein, auf absehbare Zeit wird der Zivilisationsbruch der NS-Ära bestimmend bleiben für das Selbstverständnis der Deutschen. Dies wird nicht nur deutlich an der seit Jahren anhaltenden Hausse zeitgeschichtlicher Themen in den Medien.
Auch der Einzug von NPD und DVU in diverse Landesparlamente sowie die empörte Reaktion der übergroßen Mehrheit auf die Aktivitäten des rechten Randes ist ein Zeichen dafür, dass immer noch nichts dieses Land mehr bewegt als die Zeit seiner tiefsten Schande.
Es gibt tausenderlei Erklärungen dafür, warum die Nazis an die Macht gekommen sind, wieso eine immer größere Mehrheit der Deutschen sich mit dem Hitler-Regime in den dreißiger Jahren mindestens arrangierte und warum der Widerstand ehrenhaft war, aber marginal blieb.
Selbst der deutsche Angriffskrieg und die Mitwirkung der Eliten und großer Teile des Volkes lässt sich aus den historischen Zusammenhängen erläutern, wenn auch keineswegs rechtfertigen. Die Bereitschaft von Zehntausenden Deutschen aber, Millionen Menschen umzubringen, weil sie Juden, Sinti, Polen, Russen, Dissidenten waren, entzieht sich jedem Verständnis und damit jeder Erklärung.
Die vielleicht erschreckendste Erkenntnis bei dem Versuch, die Gräuel durch das Justizsystem der Bundesrepublik zu bestrafen, war diese: Auf den Anklagebänken saßen selten sadistische Monster, Triebverbrecher oder Halbidioten.
Man war mit einem Querschnitt "gewöhnlicher Menschen" konfrontiert, wie sie der Autor Christopher Browning in einem Buch über ein massenmordendes Polizeibataillon einmal genannt hat. Dies wird alle Deutschen, die sich ernsthaft Gedanken über sich selbst und ihr Land machen, auch in Zukunft nicht loslassen.
(SZ vom 28.1.2005) |