News - 23.08.08 16:47 Investoren lieben Agrarland
Farmland ist in den Zeiten der Finanzmarktkrise ein gefragtes Gut. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung und der daraus ansteigenden Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln, stecken immer mehr Länder ihre Überschüsse in die Agrarwirtschaft. Folge: Die Preise für Ackerland schießen vielerorts in die Höhe.
FRANKFURT. "Ackerland ist ein wertbeständiges Anlagegut mit Inflationsschutz", sagt Ottmar Lotz von der vor dem Börsenlisting stehenden Agrarius AG in Bad Homburg. Die Gesellschaft hat bei Anlegern Kapital für Agrarland-Investments in Rumänien eingesammelt. Vor dem Hintergrund der globalen Nahrungsmittelkrise und der alarmierenden Versorgungslage, die sich in niedrigen Getreidebeständen zeigt, ist Farmland ein "heißes" Investmentthema.
In den USA erreichen die Preise für Ackerland Jahr für Jahr neue Rekorde; Großbritannien und Brasilien melden für das erste Halbjahr 2008 Preiserhöhungen um 24 Prozent beziehungsweise um rund 20 Prozent. Die Gründe für die Preisexplosion liegen auf der Hand. Auch wenn weltweit bis zum Jahr 2020 nach Schätzungen der Experten der Agrarhandelsfirma Toepfer noch eine Fläche von 88 Millionen Hektar zusätzlich ackerbaulich genutzt werden kann, sind die auf dem Globus vorhandenen und genutzten Agrarflächen nicht beliebig vermehrbar.
Investments in Ackerland dürften wegen der zunehmenden Weltbevölkerung, der daraus resultierenden höheren Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln und wegen der absehbar höheren Preise für Agrarrohstoffe auf Sicht stabile Erträge abwerfen. Das weltweit verfügbare Agrarland müsse effizienter genutzt werden, fordert Bernhard Chilla von der Alfred einer Tochter des US-Agrarriesen ADM. Das Potenzial zur Erschließung ungenutzter Flächen sei jedoch begrenzt, sagt der früher für Aventis, Bayer und Agrevo tätige Agrar-Experte Gerhard Prante. Im Handelsblatt-Gespräch weist er auf kritische Klimabedingungen zahlreicher Regionen und die mangelnde Infrastruktur vieler Länder als Hürde für eine effizientere Nutzung hin.
"Da in den nächsten 25 Jahren mit einer Verdopplung der Nachfrage nach Lebens- und Futtermitteln gerechnet wird, müssen bisher brach liegende Felder zusätzlich unter den Pflug genommen werden", fordert Chillas. Weitgehend ausgereizt sei das Flächenpotenzial in der EU, während in Süd- und Mittelamerika noch erhebliche Flächenreserven von 41 Mill. ha schlummerten. In Subsahara-Afrika könnten 19 Mill. ha in Produktion genommen werden und in den Staaten der früheren Sowjetunion weitere 18 Mill. ha. "In Russland ist das Interesse der Großinvestoren an Farmland-Investments riesig", sagt Prante, der heute Vorstandsmitglied der Agrarius AG ist und zuletzt russische Oligarchen bei Farmland-Investments beraten hat.
Der weltweite Wohlstandstransfer, der nicht zuletzt durch die Entwicklung an den Energiemärkten ausgelöst wurde, hat dazu geführt, dass immer mehr Ölproduzentenländer in den Schwellenländern Agrarland kaufen oder pachten. So haben die Wüstenstaaten der Vereinigten Arabischen Emirate jetzt erklärt, einer Verknappung an Nahrungsmitteln durch Investments in Agrarland in Ägypten, Indien, Pakistan, Kasachstan, Vietnam, Kambodscha, im Sudan und in Lateinamerika begegnen zu wollen.
Bereits vor Jahren hat die Volksrepublik China einen Teil ihrer riesigen Währungsreserven genutzt, um sich landwirtschaftliche Anbauflächen in Lateinamerika und anderen Teilen der Welt zu sichern. Auch Abu Dhabi nimmt einen Teil seiner Petrodollars in die Hand, um Agrarflächen im Sudan zu entwickeln. Bahrain hat sich zudem entschlossen, den Philippinen bei der Entwicklung von Reis-Anbauflächen finanziell unter die Arme zu greifen.
Diese auf riesigen Überschüssen aus Ölexporten sitzenden Länder reihen sich damit in die lange Liste institutioneller Kapitalanleger wie Stiftungsfonds, Pensionskassen, Hedge-Fonds, spezieller Land-Fonds und vermögender Privatanleger ein, die für Farmland interessante Perspektiven sehen. Besonders aktiv waren Finanzinvestoren in der Vergangenheit in den USA, wo die Preise immer neue Rekorde erreichen Nach Angaben von Farm Credit Services of America kletterte der durchschnittliche Wert für Farmland in den vergangenen zehn Jahren im US-Bundesstaat South Dakota um 220 Prozent, im Getreidegürtel Iowas um 123 Prozent und in Wyoming um 118 Prozent. Der Markt habe vor dem Hintergrund haussierender Agrarpreise in den vergangenen Monaten verrückt gespielt, habe sich jetzt jedoch etwas beruhigt, sagen Fachleute.
"Die US-Landpreise waren niemals höher als derzeit", erklärt Mac Boyd von Farmers National Co., der bereits seit mehr als 30 Jahren mit Ackerflächen handelt. Der Wert von Ackerland werde in den USA in den kommenden fünf Jahren jährlich zwischen sechs und zehn Prozent steigen, prognostiziert Murray Wise, Vorstandschef der auf diesen Markt spezialisierten Westchester Group gegenüber der Agentur Bloomberg.
Wenn Preise steigen und Kapitalanlagen hohe Erträge versprechen, ist das ein Lockruf für Finanzinvestoren. "Wir beobachten eine klare Tendenz weg von Finanzanlagen hin zu Sachanlagen", erklärt Don Lindsey vom Stiftungsfonds der George Washington University. Agrarflächen würden mit Sicherheit dazu gehören.
Auf Farmland-Investments spezialisierte Investmentfonds weisen durchaus beeindruckende Ergebnisse auf. UBS AgriVest LLC erzielte seit 1991 jährliche Wertzuwächse von elf Prozent. Die Hancock Agricultural Investment Group erwirtschaftete in den vergangenen zehn Jahren Renditen von 12,3 Prozent p.a.
Quelle: Handelsblatt.com |