21.08.2008 Interview des Tages: Indexüberprüfung TUI im DAX vor dem Abflug – K+S auf dem Sprung
Schon bevor die Deutsche Börse am 3. September die Zusammensetzung ihrer Aktienindizes überprüft, scheint eine Änderung im DAX bereits beschlossene Sache zu sein. „Es besteht kein Zweifel, dass der Düngemittelhersteller K+S für TUI in den Leitindex aufrückt“, berichtet Manfred Jaisfeld von der National-Bank.
Welche Änderungen darüber hinaus zu erwarten sind, erklärt der Aktienexperte in den ExtraChancen.
?Herr Jaisfeld, die nächste turnusmäßige Anpassung für die Indizes der Deutschen Börse steht bevor. Was ist das Besondere am September-Termin?
Jaisfeld: Im Gegensatz zu den übrigen drei Anpassungen könen bei diesem Termin Änderungen bei der DAX-Zusammensetzung bereits auf Basis der weniger restriktiven Regular-Entry- und Regular-Exit-Regeln erfolgen.
?Was bedeutet das?
Jaisfeld: Nach der Eintrittsregel wird ein Nicht-Indexwert aufgenommen, sofern er sich nach den beiden zugrunde gelegten Kriterien unter den ersten 30 platzieren kann und gleichzeitig ein Indexwert existiert, der in einem Kriterium einen Rang höher als 35 aufweist.
?Und was besagt die Exit-Regel?
Jaisfeld: Dass ein Indexwert den DAX verlassen muss, wenn er sich nach einem Kriterium nicht mehr unter den ersten 40 platzieren kann und zudem ein Aufstiegskandidat existiert, der in beiden Kriterien mindestens Rang 35 belegt.
?Nach welchen Kriterien wird entschieden?
Jaisfeld: Entscheidend ist einerseits die Marktkapitalisierung, die anhand des volumengewichteten Durchschnittskurses der letzten 20 Handelstage berechnet wird, und andererseits wird der Börsenumsatz der zurückliegenden zwölf Monate herangezogen.
?Wann werden die Ranglisten erstellt?
Jaisfeld: Maßgeblich für Anpassungen, die am 22. September wirksam werden, ist die Rangliste per Ende August. Mit den Daten bis einschließlich des vergangenen Montags haben wir aber bereits eine vorläufige Prognose erstellt.
?Zu welchem Ergebnis sind Sie dabei gekommen?
Jaisfeld: Derzeit erfüllt mit K+S nur ein Nicht-Indexmitglied die Aufstiegskriterien, diese jedoch mit praktisch nicht mehr einholbarem Vorsprung. Der Düngemittelhersteller würde nach jetzigem Stand sogar die strengeren Fast-Entry-Kriterien erfüllen.
?Also rückt K+S in den DAX auf?
Jaisfeld: Richtig, daran besteht nunmehr kein Zweifel, da gleichzeitig die TUI-Aktie bei der Marktkapitalisierung mit Platz 43 bereits uneinholbar weit hinter den potenziell rettenden Listenplatz 35 zurückgefallen ist. Die K+S-Aktie wird den Touristik-Konzern im DAX ersetzen wird.
?Gibt es weitere Aufstiegskandidaten?
Jaisfeld: Mit Salzgitter lag zwar noch auf der letzten offiziellen Rangliste der Deutschen Börse Ende Juli ein weiterer MDAX-Wert unter den ersten 30 nach beiden Kriterien, allerdings büßte der Titel aufgrund der relativ stärkeren Kursentwicklung von Infineon und EADS sowie der Kapitalerhöhung bei Fresenius zuletzt drei Plätze bei der Marktkapitalisierung ein und liegt hier inzwischen nur noch auf Rang 31.
?Ist eine Rückkehr unter die ersten 30 bis Ende des Monats möglich?
Jaisfeld: Ja, das ist bei den aktuellen Abständen nicht auszuschließen, wird jedoch zunehmend unwahrscheinlicher.
?Dabei gibt es im DAX noch ein Unternehmen, das um den Verbleib zittern muss, oder?
Jaisfeld: Das ist richtig, die Hypo Real Estate liegt nach der weiteren Verringerung des Free-floats weiter außerhalb der ersten 35 Ränge bei der Marktkapitalisierung, bleibt jedoch noch deutlich oberhalb des Platzes 41, der die Regular-Exit-Regel auslösen würde.
?Wird es somit bei einer Änderung im DAX bleiben?
Jaisfeld: Es sieht derzeit so aus, wir halten momentan den Verbleib der Hypo-Aktie im DAX für das wahrscheinlichste Szenario. Für die Salzgitter-Aktie, die bereits vielfach als sicherer Aufsteiger gehandelt wurde, könnte der August daher mit einer bösen Überraschung enden.
?Gibt es auch Kandidaten für einen Aufstieg in den MDAX?
Jaisfeld: Die Liste der potenziellen Aufsteiger, die sich gemäß der Regular-Entry-Regel mit einem Rang unter den besten 60 bei beiden Kriterien für eine Aufnahme qualifizieren, umfasst aktuell mit Bauer und ElringKlinger nur zwei Werte. Vier höher kapitalisierte Titel wie u. a. Gerresheimer schaffen es dagegen nicht unter die ersten 60 beim Börsenumsatz.
?Wer muss um den Verbleib im Index zittern?
Jaisfeld: Mit Deutz erfüllt momentan nur ein Wert die Abstiegskriterien, während sich Pfleiderer von dem per Ende Juli belegten Platz 62 nach Marktkapitalisierung ein paar, möglicherweise entscheidende Ränge nach oben arbeiten konnte.
?Wie sieht es bei den Technologiewerten aus?
Jaisfeld: Für den TecDAX gelten zum anstehenden Überprüfungstermin die gleichen Regeln wie für den MDAX, mit dem Unterschied, dass die kritische Marke der Platzierung nicht bei 60 sondern bei 35 liegt. Die Aufstiegskriterien erfüllen unseren Berechnungen zufolge derzeit Manz Automation und der Börsenneuling SMA Solar.
?Wer muss den TecDAX aus heutiger Sicht verlassen?
Jaisfeld: Als Abstiegskandidaten identifizieren wir derzeit die Solaraktie Ersol, obwohl diese Ende Juli noch auf dem 20. Platz nach Marktkapitalisierung lag. Wie jüngst bekannt wurde, hat Bosch aber mittlerweile Zugriff auf 91,17% der Anteile, von denen 85,48% direkt und weitere 5,69% optional ab März 2009 gehalten werden, so dass die Aktie unseren Berechnungen zufolge je nach Bewertung der Option als Fest- oder Streubesitz auf Rang 36 oder 48 durchgereicht wird.
?Sind weitere Unternehmen gefährdet?
Jaisfeld: Ja, den zweiten Abstiegsplatz dürften IDS Scheer und QSC unter sich ausmachen, wobei aktuell die QSC-Aktie deutlich bessere Aussichten auf einen Verbleib im Technologie-Index besitzt. |