Ich stimme allen Vorrednern zu, die Teamviewer einen starken Q3 Bericht attestieren.
Meiner Meinung nach ist hier erneut vor allem Charttechnik im Spiel. Der RSI14 war seit Tagen im deutlich überhitzten Bereich und das hat potenzielle Kaufinteressenten und insbesondere die Algotrader ganz offensichtlich vom Kauf der Aktie abgehalten. Wie dünn das Eis bei 13,50 schon wieder war, kann man daran sehen, dass man den Kurs mit wenigen 100.000 Aktien im Xetra-Handel um mehr als 12% crashen konnte.
Die Aktie ist und bleibt ein hochbeliebter Charttrading-Zock. Erschwerend kam heute ganz sicher die enorme Verunsicherung angesichts der Trump-Wahl hinzu. Während der DAX Stabilität signalisiert ist mein Depot heute tiefrot mit teilweise enormen Einschlägen.
Wenn man ein Haar finden wollte, ist es mit den Billings gelungen. Wenn ich hätte wetten müssen, hätte ich darauf getippt, dass die Analysten den auf 41 Mio € gesunkenen FCF als Steilvorlage für einen Abverkauf nehmen. Es muss einfach jedem klar sein, dass der FCF nach Zinszahlungen nicht dauerhaft über dem Quartalsgewinn liegen kann. In der Vergangenheit hatte Teamviewer steuerliche Verlustvorträge, weshalb der in der GuV gebuchte Steueraufwand faktisch zu keinen bzw. nur geringen Ertragsteuerzahlungen führte. Diese Verlustvorträge sind aufgebraucht, was zwangsläufig zu einer Annäherung von Cashflow und EPS führt.
Wer von 1,60 € Cashflow je Aktie träumt, setzt implizit ein EPS nahe 1,60 € je Aktie voraus. Auf bereinigter Basis lässt das auf ein Jahr hochgerechnete Q3-Ergebnis aktuell für 2025 ein EPS von 1 € je Aktie erwarten. Um die Ertragskraft Richtung 1,60 € je Aktie zu erhöhen bedarf es deutlichen Umsatzwachstums bei gleichbleibend hoher Profitabilität.
Bis jetzt war TV nicht unbedingt als EPS-Monster bekannt, was ein erwartetes KGV2024 von 17 verdeutlicht. Bei einem Kurs von 12 € und einem erwarteten EPS 2024 i.H.v. 75 Cent reden wir immer noch über ein KGV i.H.v. 16, was bei 8% Wachstum sicher im Rahmen, aber nun auch nicht spottbillig ist. Wie gesagt, wenn man ein Haar in der Suppe finden will, dann findet man auch eines...
Man hätte freilich auch sagen können, dass eine Umsatz- und Gewinnsteigerung inmitten einer tiefen Rezession Ausweis eines bärenstarken Geschäftsmodells ist und ein KGV jenseits 20 mehr als verdient hätte... In Deutschland tun wir uns leider wahnsinnig schwer mit der Bewertung digitaler Geschäftsmodelle, weil wir im Hinterkopf einstellige KGVs von VW etc. haben und den dramatischen Unterschied beim Cashflow der Unternehmen nicht wirklich zu würdigen wissen. Solange Deutsche lieber Ertragswertverfahren statt DCF-Modelle rechnen erreichen Cashcows wie Teamviewer wohl nie eine faire Bewertung und erst recht keine der weltweiten Peer Group angemessene Bewertung. Für Bestandsaktionäre einfach nur schade... für Kurzfristzocker ein Traum... |