Auf der Kostenseite vertrauen Sie also den Aussagen und Warnungen des Managements... erstaunlich.
Warum fallen die Düngerpreise seit Monaten wie ein Stein? Weil z.B. Ammoniak-Produzenten unbedingt Verluste machen wollen?
Die Antwort gibt ein Blick auf die Erdgaspreise, die u.a. auch für die Frage der "Nachhaltigkeit" von Kostensteigerungen bei K+S kriegsentscheidend sind.
Ich wage mal die These, dass kaum ein Marktteilnehmer und mit Sicherheit nicht Herr Lohr auch die Entwicklung der Erdgaspreise auch nur ansatzweise so vorhersehen konnten, wie sie jetzt eingetreten ist.
Die Erosion der Düngerpreise ist in ganz erheblichem Maße logische Konsequenz von exponentiell fallenden Rohstoffpreisen und mithin den Produzentenpreisen quer durch die Weltwirtschaft.
FED und EZB stieren wie das Kaninchen auf die Kerninflationsrate, die hochvolatile Rohstoffpreise außen vor lässt. Nur ist der Konsument nicht von irgendeiner Kerninflation sonder der Inflationsrate betroffen. Und die sinkt seit Monaten wie ein Stein!
Und Teil dieser allgemein sehr wünschenswerten Normalisierung sind eben auch rückläufige Kalipreise. Mit K+S und der Leistung des Managements hat das mal überhaupt gar nichts zu tun. Deshalb erschließt sich mir auch die fortlaufende Kritik an K+S nicht....
Wer glaubt, der Verlauf der K+S-Aktie sei der Schwäche des Managements geschuldet, möge sich doch ganz einfach den Kurs des Düngemittelgiganten Yara anschauen. Die Kursentwicklung der letzten Wochen war nahezu 1:1 mit K+S. Ebenso bei Mosaic und Nutrien, wo die Kursverläufe wegen Währungsdifferenzen zu K+S allerdings nicht 1:1 vergleichbar sind.
Meine These ist, dass Herr Lohr - wie sämtliche Wettbewerber und die Börse - weder den rasanten Einbruch der Düngerpreise noch den Einbruch der Gaspreise zutreffend prognostiziert hat.
Und zum Thema Entwicklung der Kalipreise erachte ich die Annahme, dass die Marktpreise zeitnah weltweit in die Nähe von 300 USD/t sinken könnten, für unzutreffend. Der für K+S horrend wichtige europäische Kalipreis sinkt m.E. in nächster Zeit nicht im entferntesten in Richtung 300 USD/t. Trotz deutlich rückläufiger Tendenz liegt der europäische Kalipreis im Juni noch fast doppelt so hoch nahe 500 €/t, womit die vergleichsweise kostenintensive deutsche Kaliproduktion noch immer im Mehrjahresvergleich hochprofitabel wirtschaftet und dies auch bei 400 €/t noch tun wird.
Was ich bei aller Kritik an Managemententscheidungen der Vergangenheit nicht verstehe, ist der permanente Versuch, K+S als Sondersituation unter sonst im Gewinnrausch befindlichen Düngemittelproduzenten darzustellen. Das ist evident nicht der Fall. Sonst müsste man K+S ja auch für einen gigantischen Gewinn 2022 beglückwünschen, der die Verschuldungsbilanz der letzten 10 Jahre auf einen Schlag gedreht hat... Herr Lohr hat mit diesem Sonderertrag genauso wenig zu tun wie mit dem rein durch die Entwicklung der Marktpreise induzierten Rücklauf von Umsatz und Gewinn 2023.
Unter vollständigem Wettbewerb orientiert sich der Marktpreis an den Produktionskosten. Der Weltmarktpreis wird also im Fall eines Überangebots dorthin fallen, wo der kostengünstigste Wettbewerber noch gerade einen Anreiz hat, sein Produkt am Markt anzubieten.
Wenn man den K+S-Verlautbarungen Glauben schenken darf, zählt Bethune zu den modernsten und kosteneffizientesten Kalibergwerken der Welt.
Wenn der Weltmarktpreis also weiter sinkt, dürften viele anderen Wettbewerber früher in rote Zahlen schlittern und mithin die Produktion massiv einzuschränken bereit sein, als Bethune.
Die europäische Kaliproduktion wird sich meiner Ansicht nach - Putin sei Dank - noch viele Jahre eines deutlich über dem Weltmarktpreis liegenden Kalipreises erfreuen, was die evidenten Kostennachteile des deutschen Kalibergbaus kompensieren dürfte.
Ich gehe daher nicht davon aus, dass K+S infolge der sinkenden Kalipreise ein nachhaltiges Profitabilitätsproblem bekommt. Selbstredend kann es sein, dass sie durch einmalige Bewertungseffekte (-> Wertberichtigung des Vorratsvermögens auf den gesunkenen Marktpreis) auf Ebene eines Quartalsabschlusses rote Zahlen schreiben, auf Sicht eines Jahresergebnisses sehe ich das aktuell nicht, weil sämtliche Wettbewerber vor demselben Problem stehen und bei Fall der Kalipreise in die Nähe der Produktionskosten einen hohen Anreiz zu Produktions-/ Angebotskürzungen haben. Und da dies gleichermaßen alle Wettbewerber trifft, wird der Marktpreis nicht dauerhaft auf einem für die Produzenten unattraktiven Niveau verharren können.
Wir werden sehen, ob Canpotex den China-Kontraktpreis von 307 USD/t dauerhaft zu halten anstrebt, oder ob dieser Preis nicht auch politisch gewollt war, um russische und weißrussische Chinaimporte vom Markt zu verdrängen und so Putins Kriegskasse weiter zu schmälern. Man darf wohl davon ausgehen, dass der eklatante Preisunterschied zum Indien-Kontrakt nicht als Geschenk an die Chinesen zu verstehen ist, dass Canpotex also auch bei 307USt/t noch Luft zum Grenzpreis (-> Produktionskosten) hatte, sich am chinesischen Markt aber in hohem Maße russischen Dumpingangeboten ausgesetzt sah und daher - im Gegensatz zu 2022 - keine Traumrenditen mehr durchzusetzen imstande war.
Da in anderen Märkten (z.B. Brasilien) deutlich andere Bedingungen insbesondere hinsichtlich der Transportkosten aus Russland bestehen, werden die Russen den Preis dort m.E. nicht derart dumpen können wie in China, so dass der Chinakontrakt - wie in vielen Jahren vorher auch - in anderen Regionen nicht näherungsweise erreicht wird und somit als Signal einer zumindest bis zum Kontraktende Dez 2023 weltweit gültigen Kalipreisuntergrenze zu verstehen ist.
Da K+S den chinesischen Markt nicht beliefert und zudem im Heimatmarkt Europa mit weitaus höheren Marktpreisen konfrontiert ist, dürfte K+S im Durchschnitt des Jahres 2023 einen die erwarteten Produktionskostensteigerungen weit überkompensierenden Kalipreis erzielen und mithin auch im zweiten Halbjahr profitabel wirtschaften, wenngleich der Großteil des Jahresergebnisses zweifelsohne in Q1 erwirtschaftet worden sein dürfte.
Mein Prognose: Gewinn 2023 > 1,5 €/Aktie |