Politdrama in Kiel - Patt im dritten Wahlgang
Die Ministerpräsidentenwahl in Kiel ist gescheitert. Heide Simonis hat es auch im dritten Wahlgang nicht geschafft, die erforderlichen 35 Stimmen zu bekommen. Jetzt berät der Ältestenrat über das weitere Vorgehen. Eine Möglichkeit: Neuwahlen.
| REUTERSSimonis nach gescheitertem Wahlgang: Keine Mehrheit | Kiel - Im dritten und letzten Wahlgang, in dem eine einfache Mehrheit genügt hätte, kam es zu einem Patt zwischen der SPD-Politikerin Simonis und ihrem CDU-Herausforderer Peter Harry Carstensen. Beide erhielten 34 Stimmen. Offensichtlich konnte sich ein Parlamentarier in den Reihen von SPD, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) in allen drei Wahlgängen nicht dazu durchringen, Simonis für ein drittes Mandat seine Stimme zu geben.
Carstensen, der im ersten Wahlgang auch noch eine Stimme weniger bekam, als CDU und FDP Sitze haben, erhielt dagegen im zweiten und dritten Wahlgang dann doch 34 Stimmen, was den Sitzen der beiden Parteien entspricht.
Der neu gewählte Landtagspräsident Martin Kayenburg unterbrach nach dem Ergebnis die Sitzung und berief den Ältestenrat ein. Die schockierte Simonis lehnte alle Interviews ab und verließ den Plenarsaal.
Wer der "Abweichler" war, ist unklar. Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) zeigte sich irritiert über das Wahlergebnis: "Es ist unanständig gegenüber Heide Simonis, weil es vorher keine entsprechenden Signale gegeben hat." Sie sei sehr enttäuscht und habe überhaupt nicht mit einem solchen Verlauf gerechnet.
Auch SPD-Fraktionschef Lothar Hay zeigte sich entsetzt. "Ich kann es nicht nachvollziehen und bin tief enttäuscht", sagte er unmittelbar nach dem dritten Wahlgang. Es müsse in den Reihen der Koalitionäre und Unterstützer einen Abgeordneten geben, "der Geschichte schreiben möchte". Hay sagte, er werde als Fraktionschef das Schiff nicht verlassen, wenn es angeschlagen ist. Die Situation sei schwierig.
SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk sagte, sie sei mehr als irritiert und wütend über den Verlauf der Abstimmung. Es stelle sich nun die Frage, ob die ganzen Gespräche und Verhandlungen der letzten Tage `pure Jux und Dollerei" gewesen seien. Über die neue Situation müsse der Südschleswigsche Wählerverband jetzt erst einmal in seinen Gremien sprechen. Der SSW habe es sich nicht leicht gemacht und immer gesagt, dass das Projekt Tolerierung einer Minderheitsregierung von Vertrauen ausgehen müsse und nicht von Misstrauen.
Bei der CDU brach dagegen Jubel aus. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki forderte den Rücktritt der Regierungschefin. "Wenn Simonis noch Selbstachtung hat", dann sollte sie für einen erneuten Wahlgang nicht mehr antreten, sagte Kubicki dem Fernsehsender Phoenix. "Das Land hat andere Probleme, als das wir hier solange wählen, bis der weiße Rauch aufsteigt", sagte Kubicki.
Simonis wollte eine rot-grüne Minderheitsregierung bilden, die vom dänisch orientierten SSW unterstützt wird. Carstensen hatte die SPD bis zuletzt zu einer großen Koalition aufgefordert.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Die bisherige Landesregierung bleibt zunächst geschäftsführend im Amt. Nach Angaben von Innenminister Klaus Buß (SPD) bietet die schleswig-holsteinische Landesverfassung mehrere Möglichkeiten. Der Ältestenrat könne einen vierten Wahlgang ansetzen, sagte Buß der Nachrichtenagentur ddp. Falls nicht, würde die amtierende Regierung geschäftsführend im Amt bleiben. Allerdings dürfte es in dem Fall keine personellen Veränderungen im Kabinett geben. Das würde unter anderem bedeuten, dass Wirtschaftsminister Bernd Rohwer (SPD), der seinen Rückzug angekündigt hatte, vorerst Minister bliebe. |