Hallo katjuscha,
die Pensionen hatte ich nicht bewusst einbezogen, da ich die Bilanz von IVU nicht kenne und keine Ahnung hab, welche Verpflichtungen da genau bestehen. Wollte ja eigentlich nur ein Beispiel geben, wie man so etwas Vertracktes wie eine in 8 Jahren anfallende höhere Steuer quantitativ einbeziehen kann.
Die 10 Mio. hatte ich einfach aus dem boersengefluester-Artikel. Nachdem, was Du schreibst, hat boersengefluster selbst die Pensionsverpflichtungen anscheinend ja voll mit in das Net-Cash reinberechnet. Daher hast Du wohl recht, dann sind sie in meiner Rechnung implizit mit verwurstet.
GegenAnalgebetrug: was die offzielle Definition des Enterprise Value angeht, hast Du sicher recht, da muessen alle Verpflichtungen mit abgezogen werden, egal ob Kredite oder sonstige zukünftige Verpflichtungen, wie Pensionen.
Wenn ich mir selbst adjustierte KGV zurechtbastele, nehme ich aber für mich persönlich nicht immer den Enterprise Value, sondern adjustiere je nachdem, was aus meiner Sicht ökonomisch die Ertragsstärke des Unternehmens am besten reflektiert. Falls es irgendeinen interessiert (ist nur meine sehr persönliche Herangehensweise, behaupte nicht, dass es die "richtige" Art ist vorzugehen):
- Wenn ich davon ausgehe, dass die Firma aufgrund der Komplexität der Branche immer einen großen Cashberg braucht, um seine Kunden von der eigenen langfristigen Zahlungsfähigkeit zu überzeugen (z.B. Semiconductors), dann bereinige ich normalerweise nicht um das positive Net-Cash. Denn wenn die Firma einfach normal weiteroperiert ohne selbst übernommen zu werden, wird dieses Cash halt einfach immer gebraucht werden und kann daher nicht besser investiert werden als Festgeldkonto. Die Habenszinsen die dafür anfallen sind im EPS eh schon drin. Gibt also keinen Grund zu adjustieren aus meiner Sicht, da das Cash nie aktiv verwendet werden wird.
- Wenn andererseits davon auszugehen ist, dass das positive Cash zeitnah sinnvoll investiert wird (z.B. weil die Firma gerade eine Tochtergesellschaft verkauft hat, deren Erlöse demnächst in neue Zukäufe investiert werden), dann rechne ich das Net-Cash schon raus. Denn dann geben die aktuellen Gewinne ja nicht wieder, dass hier demnächst höhere Gewinne durch die Neuinvestition erfolgen. Ähnlich verfolge ich, wenn wahrscheinlich erscheint, dass das überschüssige Cash als Sonderdividende ausgeschüttet werden könnte oder in ein Rückkaufprogramm investiert wird. In all diesen Fällen ziehe ich das Cash von der Marktkapitalisierung ab.
- Genauso verfolge ich wenn die realistische Outside Option einer Übernahme besteht (dem eigentlichen Anwendunghintergrund von Kennziffern wie EV/EBITDA). Kommt sehr selten vor, aber hin und wieder schon.
- Schließlich: Ich ziehe Net-Cash normalerweise NICHT ab, wenn es negativ ist (d.h. Schulden bestehen), aber die Schulden dennoch im Rahmen sind und kein ernsthaftes Risiko besteht, dass die Firma in einer schlechten Phase in Liquiditätsprobleme kommen könnte. Bei mäßig Schulden nehme ich daher einfach nur das normale KGV und nicht EV-basierte Multiples. Es ist aus meiner Sicht vollkommen ok für ein Unternehmen in moderatem Umfang Schulden einzugehen, die fortwährend weitergeschrieben werden. Solange diese Schulden realitisch nie zurückgezahlt werden müssen, sondern immer nur Zinszahlungen geleistet werden, sehe ich daher keinen Grund die Schulden über die Zinskosten hinaus als Belastung anzusehe. In solchen Fällen (der Normalfall) schaue ich mir daher das unadjustierte KGV an und nicht EV/EBITDA oder ähnliches.
Ich mische unter diesen Ansätzen schon auch ein wenig, um mir Multiples zu berechnen, um den Besonderheiten einer Firma gerecht zu werden. Z.B. hat ADVA Optical mit 60 Mio. Net-Cash einen riesigen Cashberg. Ein Teil davon wird im Laufe der nächsten Jahre durch Rückkaufprogramm bzw. Übernahmen wahrscheinlich sinnvoll ausgegeben werden. Aber ein anderer Teil wird sicher immer auf dem Festgeldkonto bleiben müssen, da in der betroffenen Industrie das von den Kunden erwartet wird (jedenfalls von Firmen, die so klein sind wie Adva). In diesem Sonderfall rechne ich daher für mich persönlich 50% des Net-Cashs bei den Multiples raus, um dieser Situation gerecht zu werden. Das ist dann zwar kein "offizieller" Ansatz, sondern nur meine eigene Extrawurst-KGV, aber deshalb muss ja auch niemand übernehmen. |