Wir haben in Deutschland ein Problem mit der Schrumpfung der Meinungsfreiheit Xivi! Da solltest Du mal nachdenken, ob Du diese Zensurbemühungen der Obrigkeit unterstützen möchtest:
Allerdings hat das allseitige Trommelfeuer zu einem politischen Klima geführt, in dem Kritik an Einschränkungen der Meinungsfreiheit gleichbedeutend ist mit einem AfD-Aufkleber auf der Brust. Im Parteienspektrum gibt es praktisch keinen politischen Widerstand gegen immer neue Forderungen der Kriminalisierung, des Blockierens und des Meldens.
Um den Sturm perfekt zu machen, veröffentlichte in dieser Woche die US-amerikanische Sendung "60 Minutes" eine kleine Dokumentation über das Verhältnis der Deutschen zur Meinungsfreiheit. Unfreiwillige Stars dieser Sendung sind drei Staatsanwälte aus Göttingen, die feixend berichten, wie schockiert "Hass und Hetze"-Täter reagieren, wenn sie ihnen das Handy wegnehmen, und zwar dauerhaft. Diese Doku kennt man inzwischen vermutlich überall auf dem Globus, es ist kein schöner Anblick.
Die Doku spitzt freilich zu, sie vermittelt einen schlechten Eindruck vom Staat Deutschland. Doch dieser deckt sich mit der jüngeren Rechtsgeschichte. Im Grunde hat es in den letzten etwa 30 Jahren meines Wissens praktisch kein einziges Gesetz gegeben, das die Meinungsfreiheit stärkt, dafür aber etliche, die sie einschränken. Gut: Nach dem Erdogan-Gedicht von Jan Böhmermann hat man die Beleidigung ausländischer Präsidenten legalisiert und es gab eine kleine Korrektur im Pornografiestrafrecht. Außerdem steht das Computerspiel Doom nicht mehr auf dem Index. Das war es aber auch.
Die Grundtendenz ist: Weniger Freiheit wagen. Als etwa der SPD-Justizminister Heiko Maas das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" vorschlägt, hagelt es in der Fachwelt zwar Kritik. Aber wen interessiert, was ein paar Juristen meinen, wenn die politische Mehrheit das Projekt mitträgt? Die Grünen sind begeistert, linke Teile dieser Partei wünschen sich sogar ein Vorgehen gegen "schädliche" Sprache, nicht nur gegen Straftaten. Die Idee: Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind eigentlich freiheitlich, denn dadurch können andere zu Wort kommen. Es ist eine Pervertierung dessen, was Grundrechte bezwecken sollen.
Die Union ist in diesem Chor auch dabei, obwohl sie ideologisch aus einer anderen Ecke kommt. Sie fremdelt seit jeher mit dem Internet und seiner Unkontrollierbarkeit. "Wenn das Netz weiter lügt, ist mit Freiheit Schluss", schreibt Volker Kauder im Jahr 2016, als handele es sich um ein experimentelles Jugendzentrum und nicht den Kommunikationsraum von Milliarden Menschen. Da wir womöglich auf eine Neuauflage der Großen Koalition zulaufen, sei erinnert: Die Große Koalition war es, die zuletzt den Beleidigungstatbestand verschärft hat. Seither wird härter bestraft, wer einen Politiker beleidigt - eine moderne Form der Majestätsbeleidigung. Diese neue Rechtslage nutzen rote, grüne, aber auch liberale Politiker mit größter Begeisterung. Im industriellen Ausmaß lassen sie mithilfe spezieller Anbieter Anzeigen auf den Weg bringen. Die eifrigen Staatsanwaltschaften, die bewaffnet durch die Wohnungen wütender Internetnutzer stapfen wollen, bekommen dadurch neue Ansatzpunkte.
https://www.n-tv.de/politik/...einen-wahren-Kern-article25580495.html |