Fair enough, templer. Wer kritisiert, sollte schliesslich auch in der Lage sein, Alternativen aufzuzeigen, nur ist das bei deutschen Biotechs mal nicht ganz so einfach. Ich selbst bin bis auf ein historisches Investment bei Morphosys momentan an der Seitenauslinie und auf der Suche nach guten Ideen. Mit Anlageempfehlungen ist das allerdings so eine Sache. Ich möchte hier im Forum ungern etwas propagieren, weil da viel schief gehen kann und weil auch bei mir die letzte Konfidenz noch fehlt. Wenn man jedoch als Anleger vor der Wahl von Einzeltiteln die nachfolgenden Grundregeln beachtet, ist das Risiko zu scheitern schon mal deutlich geringer:
Sind branchenkundige Investoren investiert? Die haben in der Regel die erforderliche Expertise. Noch besser ist, wenn Investoren aus dem anglo-amerikanischen Raum investiert sind. Dort sitzen meist die erfahrensten Professionals.
Hat das Management Industrie-Expertise mit entsprechenden Kontakten und/oder einen Deal-making track record?
Gibt es bereits Partnerschaften mit etablierten Pharma-Unternehmen?
Existiert Financial Research von unabhängigen, seriösen Brokern? Payd Research und Studien von Brokern aus der zweiten/dritten Reihe geben in der Regel nur die Meinung des Management wider.
Gibt es eine gute Öffentlichkeitsarbeit und wie aussagefähig ist die Website? Jeder Anleger sollte in der Lage sein, Aussagen des Unternehmens nachzuprüfen
Bei deutschen Biotechs trifft all das nur auf Morphosys zu, mit deutlichen Abstrichen ggf. noch auf Epigenomics und Evotec. Epigenomics könnte sich auf Sicht von 6-8 Monaten zu einer ziemlich guten Story entwickeln. In seriösen Fachzeitschriften habe ich mehrfach gelesen, die FDA habe die Zulassung für den EpiColon Test abgelehnt, was definitiv so nicht der Fall ist. Die FDA hat den Test nicht abgelehnt, aber eine zusätzliche Hürde aufgebaut, was Zeit kostet und schlimmstenfalls eine weitere KE notwendig macht. Andererseits besteht bei Epi auch die Möglichkeit eines positiven surprise-Effekts durch einen Zulassungsentscheid in China. Ich denke nicht, dass das viele auf dem Radarschirm haben. Evotec hat für sich die frühphasige Entwicklungs-Nische entdeckt und setzt auf den breiten ‘Schrotschuss‘-Ansatz. Ich find’s nicht schlecht, ist aber eher etwas für langfristig orientierte Investoren. Medigene erfindet sich gerade mal wieder neu, hat diesmal auf Grund der Qualität des wissenschaftlichen Ansatzes aber die Chance auf einen ganz großen Wurf, wenn sie es richtig anpacken. Mologen ist momentan gezwungen, die Projekte selbst durch die Klinik zu prügeln und wird sicher noch die ein- oder andere KE benötigen. 4SC macht erkennbare Fortschritte, aber das Scheiterungs-Risiko ist nach wie vor hoch. Immerhin stünde mit Bayer ein logischer Partner bereit, falls die klinischen Daten überzeugend ausfallen sollten. Paion verzettelt sich meiner Meinung nach mit kleinen regionalen Deals und läuft so Gefahr, das große Ganze aus dem Auge zu verlieren. Man ist geneigt, sich auf die Sache einzulassen, aber mit der uralten Evotec-Geschichte (sleep drug EVT 201) gab es ja schon mal einen ähnlich gelagerten Fall eines (angeblich) hinreichend gut differenzierten Produkts, das dann am Ende still und leise beerdigt wurde. Immer dann, wenn sich über längere Zeit kein namhafter Pharma-Partner finden lässt, sollte man als Anleger ohnehin sehr vorsichtig werden. Zu Formycon kann ich leider nicht viel beitragen, weil ich mich mit Biosimilars nicht auskenne. Vielleicht kann ja einer aus dem Forum die Frage beantworten, warum das weltweit größte Generika-Unternehmen (TEVA) aus der Biosimilars Entwicklung ausgestiegen ist, ein deutsches Start-Up Unternehmen darin aber einen attraktiven Markt sieht. Wenn sich hierauf eine überzeugende Antwort finden liesse, wäre Formycon evtl. auch ein interessantes Investment, weil das entwicklerische Risiko beherrschbar ist und man hier vermutlich recht schnell zum Ergebnis (Zulassung) kommen kann. |