@Pendulum: Mag ja sein, dass in den USA gerade das Fusionsfieber ausbricht. Allerdings muss man immer im Hinterkopf behalten, dass die Übernahme von US Airways durch United schon öfter im Gespräch war, und bisher nicht durchgekommen ist. Ich denke zwar, dass dies diesmal wahrscheinlich ist, eine Übernahme der Air Berlin halte ich aber aktuell für eher unwahrscheinlich. Gerade den europäischen Airlines fehlen die Mittel, um größere Übernahmen zu stemmen. Die müssen erstmal ihren eigenen Haushalt stemmen, bevor sie wieder an Übernahmen denken können. Auch glaube ich, dass CEO Hunoldt kein echtes Interesse an einem Verkauf/einer Fusion hat.
Ich habe vor kurzem auch mit einem angehenden Lufthansa-Piloten gesprochen, Thema waren unter anderem der Tarifstreit bei der Lufthansa und ein wenig AirFrance-KLM. Die Details komplett aufzulisten wird mir zwar nicht möglich sein, ich werde dennoch mal versuchen, dies ein wenig zusammenzufassen.
Der Streit bei der Lufthansa ging zu keinem Zeitpunkt ums Geld. Die Piloten sind mit ihrer Bezahlung zufrieden, die Gehaltsforderung wurde lediglich gestellt, da sonst die Piloten nach deutschem Streikrecht nicht hätten Streiken dürfen. Dies wurde durch die Medien und die Konzernführung aber weitestgehend so dargestellt, alös ob die Piloten den Rachen nicht vollbekommen würden. Viel entscheidender ist die Tatsache, dass die Lufthansa Ambitionen zeigt, die Piloten in billiger operierende Tochterunternehmen auszugliedern, in denen der bisherige Lufthansa-Konzerntarif nicht weiter Gültigkeit besitzt. Dieser besagt, dass Piloten, die eine Lufthansa-Maschine über einer bestimmten Größe führen eine entsprechende Vergütung erhalten sollen. Auch die Auslieferung von neuen Maschinen, die an sich an Regionaltöchter gehen solten, gingen nun erst an die Italiener der Air Dolomiti. So plant die Lufthansa wohl auch, die bisherigen Boeing 737, die nach und nach ausgemustert werden, an die Eurowings weiter zu reichen, nur dass die Piloten da auch nicht mehr unter Konzerntarifvertrag fallen dürften. Eine Anpassung des Tarifvertrags an die mittlerweile neuen Dimensionen des Regionalflugverkehrs wird durch VC zwar schon einige Zeit gefordert, die Lufthansa stellt sich hier aber ziemlich quer. Summa sumarum ist hier schlicht die Sorge, dass der Markenname Lufthansa durch diese Auslagerung von Kapazitäten wie durch "Lufthansa Italia" den Prestige der Airline in den Dreck zieht, da jede dieser Töcvhter einen eigenen Sicherheitsstabdard und eigene Wartungsroutinen erstellen würde. Die Piloten sehen das Qualitätsprodukt Lufthansa dadurch gefährdet.
Zum Thema AirFrance-KLM hat er mir an sich nicht allzu viel sagen können/wollen, dennoch hat er mir ein paar Details betreffend AirFrance-Flug 447 erzählt. Prinzipiell ging es um die Bedeutung der Pitotsonden am Absturz. Da ein entsprechendes Memo durch Airbus bereits deutlich vor dem Absturz rausgegeben wurde, war AF an sich in der Pflicht die Pitotsonden auszutauschen, damit diese nicht weiter vereisen können, und so die Flugsicherheit beeinträchtigen können. Sollte sich nun Herausstellen, dass die (vereisten) Pitotsonden tatsächlich ein wesentlichen Bestandteil des Unglücks ausmachen, also ordentlich funktionierende Pitotsonden wohl einen Absturz verhindert hätten, Versicherungsforderungen in Höhe von 5-6 Milliarden Euro auf AF zukommen würden. Das würde AirFrance mit ziemlicher Sicherheit das Genick brechen. Da AF aber auch nach wie vor eine staatliche Airline ist, legt dieser Zusammenhang den Verdacht nahe, dass weder AirFrance noch die französische Regierung ein echtes Interesse an der Aufklärung des Unfalls haben. Diese Details sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, sie sagen auch nichts über den tatsächlichen Unfallhergang aus. Dennoch legen solche Gedankenspiele nahe, wie schlecht es der AirFrance tatsächlich geht. Für mich ist klar, und das ist nur meine persönliche Einschätzung: AirFrance hat massive Probleme, die aber bisher von seiten des Managments nicht eingeräumt werden (ich verweise an das Interview mit AirFrance-Chef Gourgeon in der Wirtschaftswoche 12 vom 22.03.2010).
Aus diesen beiden Aspekten ergibt sich für mich, dass die immerhin sechstgrößte europäische Airline Air Berlin sehr gute Chance hat, sich in diesem Dickicht durch ihre mittlerweile recht effiziente Kostenstruktur und ihrem Qualitätsanspruch, der sich ja doch etwas an der Lufthansa orientiert, gut durchzusetzen. Ich bitte zu entschuldigen, dass ich hier von der Thematik Air Berlin als solche recht weit abgewichen bin, ich halte es dennoch für wichtig, auch solche Zusammenhänge zu kennen, um ein Investment in Air Berlin angemessen bewerten zu können.
Mit freundlichen Grüßen, MrSumner ----------- Ich gebe keinerlei Handelsempfehlungen ab. |