Die pünktliche Rückkehr des Bayern-Dusels
Hannover - Es ist keine 100 Stunden her seit dem Aus des FC Bayern München in der Champions League gegen den FC Chelsea.
Und es ist ebenso keine 100 Stunden her, dass sich der deutsche Rekordmeister über mangelndes Fortune ausheulte.
Darüber dürfen sich die Münchener seit Samstag, 17.18 Uhr nicht mehr beklagen.
Last-Minute-Sieg dank Hargreaves
Als Owen Hargreaves den Ball in der 90. Minute aus 23,8 Metern zum 1:0 (0:0)-Sieg der Bayern in Hannover in den rechten Winkel zimmerte, war klar: Der berühmt berüchtigte Bayern-Dusel ist pünktlich zum Bundesliga-Endspurt zurückgekehrt.
Wenige Sekunden später pfiff Schiedsrichter Lutz Wagner die Partie ab. "Das war ein sehr schöner Nachmittag für uns", frohlockte Bayern-Manager Uli Hoeneß kurz nach Spielende.
Bayern sechs Punkte voran
Seinem breiten Grinsen war zu entnehmen, dass Hoeneß von den Ergebnissen der Konkurrenz bereits in Kenntnis gesetzt worden war.
Durch Schalkes 1:2-Heimpleite gegen den HSV und Stuttgarts Ausrutscher in Rostock (1:2) ist der Vorsprung des FC Bayern in der Tabelle auf sechs Punkte angewachsen.
Bei noch fünf ausstehenden Spielen mehr als nur die halbe Miete auf dem Weg zum 19. Meistertitel.
"Wir sind noch lange nicht durch"
Davon will man in München allerdings nichts wissen. "Sicher war das ein Schritt Richtung Meisterschaft, aber wir sind noch lange nicht durch", warnte Trainer Felix Magath, "es sind noch 15 Punkte zu vergeben. Das sind nur zwei Spiele."
Oliver Kahn schlug in die gleiche Kerbe: "Wir sind sicher noch nicht Meister. Es sind noch jede Menge Spiele. Da ist noch alles möglich."
Kahns Versöhnung mit Sagnol
Sekunden nach Hargreaves' Tor rannte der Nationaltorhüter in Willy Sagnols Arme.
Ein echtes Zeichen der Versöhnung oder nur Show, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sich die beiden nach ihren gegenseitigen Vorwürfen in Folge des Ausscheidens gegen Chelsea wieder völlig grün sind?
"Bei uns wird immer aus jener Kleinigkeit ein Theater gemacht", beklagte Kahn, "ich hatte mit Willy noch nie ein Problem."
"Muss nicht alle Entscheidungen des Trainers akzeptieren"
Probleme hatte zuletzt allerdings Owen Hargreaves - weniger mit den Mitspielern als viel mehr mit Felix Magath, der ihn im Rückspiel gegen Chelsea 90 Minuten auf der Bank schmoren ließ.
Auch in Hannover durfte der Engländer nur drei Minuten ran, dankte es seinem Coach aber mit dem sehenswerten Siegtreffer.
"Ich muss nicht alle Entscheidungen des Trainers nachvollziehen können, sondern jetzt so spielen, dass er mich nicht mehr aus dem Team herausnehmen kann. Es war wichtig, dass ich der Mannschaft geholfen habe", sagte Hargreaves.
"Owen hat den frischesten Eindruck gemacht"
Es war Hargreaves' erster und einziger Ballkontakt und gleichzeitig sein erstes Saisontor.
"Ich habe mich für Owen entschieden, weil er den frischesten Eindruck gemacht hat", sagte Magath. Dieses Attribut hatte sich der Großteil seiner Kollegen allerdings nicht verdient.
Müde Bayern ohne Ideen
Abgesehen von den ersten 20 Minuten wirkten die Münchener müde und ohne Ideen gegen mauernde Niedersachen. "Es war sehr schwierig, gegen so eine defensive Mannschaft zu Chancen zu kommen", sagte Magath.
Bereits eine halbe Stunde vor Schluss fingen die 96-Fans an, das 0:0 ihrer Mannschaft gegen den FC Bayern zu fangen. Es deutete aber auch wirklich nichts darauf hin, dass den Münchenern noch ein Treffer gelangen würde.
Eichkorns Vorahnung
Doch einer gab die Hoffnung nie auf: Bayerns Co-Trainer Seppo Eichkorn.
"Vier Minuten vor Ende hat mein Co-Trainer zu mir gesagt: 'Wenn es Gerechtigkeit geben würde, schießen wir noch ein Tor'", gab Magath bekannt, "offensichtlich hat der Fußball-Gott zugehört."
"Offene Feldschlacht geht in doe Hose"
Hat er wohl. Ganz zum Leidwesen der Hannoveraner. Doch die Hausherren hatten es sich vor 50.000 Zuschauern in der erstmals ausverkauften AWD-Arena selbst zuzuschreiben, dass sie am Ende mit lerren Händen da standen.
Gleich sieben defensive Spieler hatte Trainer Ewald Lienen ins Rennen geschickt. "Eine offene Feldschlacht geht gegen Bayern immer in die Hose", begründete Lienen seine Aufstellung.
96 schien von der ersten Minute an mit einem Unentschieden zufrieden zu sein.
Hoeneß' Genugtuung
In Hälfte eins vergab der emsige Silvio Schröter noch zwei gute Chancen, doch nach der Pause ging nichts mehr nach vorne. "Es ist einfach ärgerlich, wenn man in der letzten Minute ein Tor kassiert", sagte Torhüter Robert Enke.
Geärgert hat sich auch Uli Hoeneß nach dem Aus gegen Chelsea. "In den letzten Tagen hieß es, wir könnten nichts und hätten es nicht verdient, ins Halbfinale zu kommen. Deswegen ist der Sieg in Hannover eine große Genugtuung für uns", sagte der Manager.
Und ein ganz großer Schritt Richtung Meistertitel.
mfg füx |