Die Marktbeoachter in USA behaupten, die US-Futures seien über Nacht gestiegen, weil Biden im Vorwahlkampf seinen Vorsprung ausgebaut habe.
----------------------------------- https://www.marketwatch.com/story/...rmoil-biden-victories-2020-03-04
Dow industrials seen opening sharply higher gains a day after Fed’s surprise rate cut
Wall Street traders are pegging stock futures gains on Wednesday to Biden’s Tuesday night victories in the Democratic primary vote for a U.S. presidential candidate -----------------------------------
Warum ist das Unsinn? Weil Biden als Demokrat eine weniger unternehmensfreundliche Politik betreibt als Trump und den Börsen daher eher schaden würde. Höchstwahrscheinlich macht er Trumps Unternehmenssteuersenkungen rückgängig. Läge Bernie Sanders in den Vorwahlen vorn (er geriert am gestrigen Super Tuesday ins Hintertreffen), würde eine Wiederwahl Trumps wahrscheinlicher. Dann gäbe es für die Börsen wirklich einen Grund, zu steigen. Biden hingegen hat gegen Trump zumindest noch die Spur einer Chance.
Die Marktkommentatoren in USA agieren mal wider wie üblich. Sie sehen zwei Phänomene:
1. Die Futures steigen über Nacht 2. Biden wird in den Vorwahlen Favorit der Demokraten
und behaupten, es bestünde ein Kausalzusammenhang. Begründungen sind immer gut, um Börsenbewegungen glaubwürdig zu machen.
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Meine Interpretation des Geschehens ist eine gänzlich andere:
Wall Street und Trump kriegen die Muffe, weil alte Patentzrezepte ("Krisen mit Geld zuscheißen") nicht mehr funktionieren. Es ist in der US-Börsengeschichte bislang wohl nur einmal passiert - nämlich im Herbst 2008 nach dem Lehman-Knall -, dass die US-Indizes nach einer starken Notfall-Zinssenkung der Fed (gestern um 0,5 % mitten im US-Handel) ihren Sinkflug ungerührt fortsetzen: DOW, SP-500 und Nasdaq schlossen gestern rund 3 % im Minus.
Was ist also - vor diesem Hintergrund - wirklich passiert? Die realen Marktakteure (Fonds, Kleinanleger) ahnen, dass billigeres Geld kein wirksames Instrument im Kampf gegen eine Virenkrise ist. Keiner, der aus Angst vor Ansteckung nicht in ein Flugzeug steigt, macht es nun, weil die Ticketpreise fallen. Es ist ein "Nein" aus wohlbegründeter Angst. Auch reparieren Zinssenkungen keine abgerissenen Lieferketten von Zulieferern aus China.
Also müssen Wall Street und die Propaganda gegensteuern.
Die Propaganda in USA arbeitet - wie in China - emsig daran, die Krisengefahr durch das Virus kleinzureden. "Man" will schließlich nicht ganze Städte lahmlegen müssen wie in China. Also muss Panik vermieden werden. Trump würde das Virus am liebsten "weghexen". Da das nicht geht, veröffentlicht die US-Gesundheitsbehörde CDC seit gestern keine Corona-Infiziertenzahlen mehr auf ihrer Webseite. Am gleichen Strang zieht die WHO, die Wall Street Schützenhilfe leistet. WHO-Vertreter in Italien beklagten vor einigen Tagen ernsthaft, dort würden zu viele Corona-Tests durchgeführt, das erzeuge ungerechtfertigte Panik.
Und was ist, begleitend zu dieser Propaganda, an den Märkten passiert?
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, hat Wall Street die relativ handelsenge Zeit außerhalb der US-Handelszeiten ("overnight") genutzt, um die US-Futures hochzujubeln. Wie erwartet, tauchen dann auch zur Börseneröffnung in Europa wieder die Schnäppchenjäger und Dip-Buyer auf und kaufen den DAX hoch. Ein "Die Virenkrise ist überwunden" liegt in der Luft.
Das kann freilich falscher nicht sein. Die Infiziertenzahlen außerhalb Chinas, nehmen weiterhin stark zu. Am aktuellen "Tabellenstand" (unten) fällt auf, dass Italien für heute keinen einzigen Neuinfizierten und keine neuen Toten gemeldet hat. Dass dies nach dem Chaos der Vortage der Wahrheit entspricht, ist mMn sehr unwahrscheinlich. Wohl nicht ohne Grund hat Italien hat heute sämtliche Schulen und Unis geschlossen (# 024). Ist das Teil des neuen WHO-Konzepts, auf Teufel komm heraus "keine Panik" zu schüren? Damit Wall Street über Nacht mit Future-Käufen "die Märkte retten" kann.
Es stinkt jedenfalls von hinten bis vorn. Mich würde nicht wundern, wenn der Eröffnung in USA heute abverkauft wird und die US-Indizes erneut tief im Minus schließen. |