Handelsblatt.com - Unternehmen / Handel + Dienstleistung Tui sucht Schulterschluss mit Hamburg Dienstag 17. Oktober 2006, 09:24 Uhr Vorstandschef Frenzel hofft auf finanzielle Beteiligung der Stadt, um feindliche Übernahme abzuwehren - Aktionäre verlangen Zerschlagung.
HAMBURG/DÜSSELDORF. Der Touristik- und Transportkonzern Tui sucht den Schulterschluss mit der Stadt Hamburg, um sich gegen eine feindliche Übernahme zu wappnen. Wie das Handelsblatt aus Hamburger Senatskreisen erfuhr, hat Tui (Xetra: TUAG00 - Nachrichten) -Chef Michael Frenzel mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) über eine zehnprozentige Beteiligung der Stadt an seinem Unternehmen gesprochen. Sprecher des Hamburger Senats und der Tui wollen sich hierzu nicht äußern.
Senatskreise berichten aber, Frenzel habe ANZEIGE dem Bürgermeister vorgetragen, dass nach einer möglichen feindlichen Übernahme durch Investmentgesellschaften eine Zerschlagung des Konzerns droht, insbesondere ein Verkauf der Hamburger Tui-Schifffahrtstochter Hapag-Lloyd (HL). Diese beschäftigt in Hamburg mehr als 1 200 der 8 900 Mitarbeiter und ist einer der größten Steuerzahler der Elbmetropole.
Der Tui-Chef hofft deshalb auf Rückendeckung des Senats. Denn die Hansestadt hatte sich erst vor einigen Jahren mit rund zehn Prozent am Kosmetikriesen Beiersdorf beteiligt, um zu verhindern, dass er vom US-Konkurrenten Procter & Gamble feindlich übernommen werden konnte. Derzeit erwägt Hamburg zudem, sich an dem kriselnden Flugzeugbauer EADS zu beteiligen, um den Standort Hamburg zu sichern.
Frenzel steht aber unter erheblichem Zeitdruck. Denn der Aufsichtsrat schließt nicht mehr aus, dass die Zerschlagung bereits in den nächsten acht Monaten droht: "Ich muss ernsthaft damit rechnen, dass der Deutsche Bank (Xetra: 514000 - Nachrichten) -Fonds DWS auf der nächsten Hauptversammlung den Antrag stellt, den Konzern zu zerschlagen", sagt Uwe Klein, Aufsichtsratsmitglied bei der Tui, dem Handelsblatt. Die nächste Hauptversammlung findet am 16. Mai 2007 statt.
DWS hatte bereits auf der vergangenen Hauptversammlung vorgeschlagen, den Konzern aufzuspalten. Der Fonds griff zusammen mit anderen Investoren scharf die Zwei-Säulen-Strategie Frenzels an und bemängelte das Schwächeln des Aktienkurses. der Tui-Chef hatte damals aber eine Aufspaltung abgelehnt.
Am Wochenende hat sich aber der Druck auf den Vorstand erneut erhöht. Der britische Vermögensverwalter Hermes soll den Frenzel aufgefordert haben, den Konzern in den nächsten sechs bis 18 Monaten aufzuspalten. Hermes war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Bei Fonds, Investoren sowie Aktionären wird die Strategie von Frenzel seit längerem kritisch beäugt. Der Tui-Chef hatte den Konzern in den vergangenen Jahren von einem Industriekonglomerat zu einem Tourismuskonzern mit großer Schifffahrtssparte umgebaut. 2005 hatte Frenzel zudem die britisch-kanadische Reederei CP Ships zu einem überhöhten Preis von mehr als zwei Mrd. Euro erworben und damit unter seiner Führung die fünftgrößte Container-Reederei der Welt geschaffen.
Doch die Reederei bereitet Tui wenig Freude: Fallende Frachtraten drückten die Schifffahrtstochter im ersten Halbjahr ins Minus. Zudem schwächelt das Tourismusgeschäft und auch der Wettbewerb im Fluggeschäft hat sich verschärft.
Auch die Aktionäre fordern eine Aufspaltung des Konzerns. "Der Vorstand hat es nicht geschafft, den Konglomeratsabschlag zu verringern. Das Unternehmen ist meines Erachtens in Teilen mehr wert als zusammen", sagt Markus Straub, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Eine Beteiligung des Staats an Tui halte er aber nicht für sinnvoll. Der Tui-Kurs ist gestern um 2,74 Prozent auf 17,64 Euro gestiegen.
Mit dem britischen Vermögensverwalter Hermes macht ein außergewöhnlich effizienter Aktionär Druck auf das Management des Reise- und Logistikkonzerns Tui. Laut einer empirischen Studie der London Business School haben Aktionen eines Fonds der Kapitalanlagegesellschaft (Hermes UK Focus Fund), der 41 Beteiligungen umfasst, zwischen 1998 und 2004 in 15 Fällen zu einem Austausch des Konzernchefs geführt. In 13 Fällen musste der Chairman seinen Hut nehmen, zehn unabhängige Mitglieder der Boards, die in etwa deutschen Aufsichtsräten entsprechen, traten zurück.
Doch nicht nur Managementwechsel waren die Folge des Engagements von Hermes. Etliche Unternehmen mussten auf Druck des Fonds auch Strategieveränderungen in die Wege leiten: So wurde mehr als ein Drittel der Konzerne dazu bewegt, die Geschäfte zu fokussieren. Exakt dieser Punkt steht bei Tui im Mittelpunkt der Investoren-Forderungen.
In zwanzig Prozent der untersuchten Firmen stoppte Hermes weitere Zukäufe. Dieser Punkt könnte ebenfalls bei der Tui eine Rolle spielen, hat Konzernchef Michael Frenzel in der Vergangenheit doch Milliarden für Akquisitionen wie etwa die kanadische Reederei CP Ships hingeblättert.
Briefe an das Management, die wie im Falle Tui gemeinsam mit anderen Investoren geschrieben und dann der Presse zugespielt werden, kommen zwar laut der Studie nur in etwa zehn Prozent der Fälle vor, gehören dennoch zum Standardinstrumentarium von Shareholder-Aktivisten wie Hermes. Viel häufiger gehen sie direkt auf das Management zu. Genauso häufig, nämlich in drei Vierteln aller Fälle, kontaktieren sie andere Großinvestoren, um die Aktionen zu koordinieren. Nur selten drücken sie die Einberufung von Hauptversammlungen durch. Auch stellen sie auf Aktionärstreffen beachtlich wenige Fragen – in nicht einmal einem von zehn Fällen war das im Betrachtungszeitraum der Fall.
Dass ein Eingreifen von Hermes in der Regel Werte hebt, verdeutlicht die Aktienkursentwicklung der 41 betrachteten Unternehmen im Zeitraum vom Oktober 1998 bis Dezember 2004: Durchschnittlich sind die Kurse um 63 Prozent gestiegen. Der Londoner Leitindex FTSE schaffte lediglich 22,4 Prozent. Die jährliche Rendite von Hermes überragte mit acht Prozent die Benchmark um den Faktor Drei. mab
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Neues Geschäftskonzept von Frenzel ...: Steuerzahler soll blechen. Ist dieser Mann überhaupt noch als kompetent einzustufen, diesen Konzern zu führen? |