Die Aktien der produzierenden Solarunternehmen wie Sunpower und vor allem die China-Solaris mit Jinko Solar und Trina Solar kommen seit dem richtig tollen Turn Around-Jahr 2013 mit Kursgewinnen von 372% respektive 215% seit 2014 einfach nicht mehr kurstechnisch vom Fleck weg, während die Aktien von Vestas, Nordex und Gamesa schon seit drei Jahren richtige Highflyer sind. Jinko z.B. hat seit Anfang 2014 eine leicht negative Kursperformance von 4% und bei Trina sieht es noch schlechter aus mit einem Minus von 19%. Dagegen haben sich die Aktien von Vestas (+ 210%) und Nordex (+ 240%) in den letzten zwei Jahren mehr als verdreifacht. Nimmt man die Eurokurse dann haben zwar die China-Solaris besser abgeschnitten als auf Dollarbasis seit Anfang 2014 (Jinko + 19%/Trina + 5%), aber trotzdem haben Vestas, Nordex und Gamesa natürlich signifikant besser performt wie die China-Solaris seit Anfang 2014.
Diese klare Kursunderperformance von Jinko im Vergleich zu Vestas kann man durchaus mit fundamentalen Daten auf Branchen- und Unternehmensebene sehr gut begründen warum dem so war/ist.
Generell ist es so, dass die Windbranche ihre Konsolidierung schon seit gut 2 Jahren hinter sich hat (Abbau von Überkapapazitäten) und die Solarbranche wohl erst so 75% hinter sich hat und somit ist der Konkurrenz/Preisdruck nach wie vor enorm hoch bei Solar. Das sieht man auch an der Modulpreisentwicklung. Anfang 2014 kostete in China ein Modul noch 0,67 $/W und Ende 2015 nur noch 0,54 $/W. Also ein Rückgang von 19%. In Japan war der Modulpreisrückgang noch kräftiger, da ging es in den letzten zwei Jahren von 0,78 $/W auf 0,57 $/W runter (- 27%). In Solarländer wo es keine direkte Subventionen gibt wie in Indien, Südafrika oder Chile liegen die Modulpreise mittlerweile sogar unter 0,50 $/W. Da sieht es bei den Windmühlenbauer schon sehr viel besser aus, denn die Turbinenpreise sind bei Vestas so gut wie nicht gefallen in den letzten zwei Jahren. Ende 2013 lag der Turbinenpreis bei 0,97 Mio. €/MW und aktuell liegt er bei 0,96 Mio. €/MW. Dass die Windmühlenturbinenpreise nur marginal in den letzten 2 Jahren gefallen sind hat natürlich auch etwas mit dem schwächeren Euro zu tun, aber großteils damit, dass zum einen die Windmühlenbauer größere Effizienzschritte hinter sich haben (z.B. neu entwickelte Schwachwindanlagen, höhere Nabenhöhen, größere Rotordurchmesser, bessere Mess- und Regeltechnik um die Rotoren optimaler in Windrichtung zu stellen) und zum anderen ist der Konkurrenzdruck bei weitem nicht so hoch wie bei Solar. Zumal die chinesischen Windmühlenbauer (z.B. Goldwind, Sinovel, Ming Yang) allenfalls 10% ihres Absatzes exportieren und die China-Solaris 60 bis 70%.
Die sehr gute Kursperformance von Vestas im Gegensatz zu Jinko lässt sich auch anhand der Gewinnmargen sehr gut erklären. In Q3 2013 hatte Vestas eine EBIT-Marge von 4,6% und konnte die in den letzten 2 Jahren mehr als verdoppeln auf 10,9%. Jinko hatte in Q3 2013 eine EBIT-Marge von guten 11,3% und in Q3 2015 nur noch von ordentlichen 9,5% und das obwohl Jinko mittlerweile von den hochmargigen Stromeinnahmen profitiert (EBIT-Margeneffekt von ca. 1,5%) und gg. dem Q3 2013 den Umsatz in Q3 2015 nahezu vedoppelt hat (genau waren es 99%). Trotzdem ist die EBIT-Marge gefallen und das zeigt, dass die produzierenden Solarunternehmen in den letzten 2 Jahren überhaupt nicht von Umsatzskaleneffekten profitieren konnten, weil der Konkurrenz/Preisdruck zu hoch war/ist. Ganz im Gegensatz zu Vestas, denn die Verdoppelung der EBIT-Marge ist großteils auf Umsatzskaleneffekte (+ 47% gg. Q3 2013) zurückzuführen. Darüberhinaus scheint es auch so zu sein, dass bei Jinko und Co ab einem Jahresabsatz von 1,5/2 GW Umsatzskaleneffekte nur noch marginal positiv zu Buche schlagen. Jedenfalls kann man das bei den Zahlen der letzten 2 Jahren von Jinko, Trina und JA Solar einigermaßen gut raus analysieren.
Der größte Unterschied zwischen den Solaris und den 3 europäischen Windmühlenbauer tut sich bei der Cash Flow-Generierung auf. Vestas ist mittlerweile schon mehr als eine Cash Cow und konnte im November eigentlich aus der Portokasse ein 150 Mio. € großes Aktienrückkaufprogramm starten. Vestas hatte in 2015 einen Free Cash Flow von knapp 1 Mrd. € generiert, während Jinko selbst ohne dem Projektgeschäft einen negativen Free Cash Flow ausweisen wird. In den ersten 9 Monate lag der Free Cash Flow bei Jinko im reinen Modulbereich deutlich im Minus mit 252 Mio. $. Mit dem Projektgeschäft lag der Free Cash Flow in den ersten 9 Monate bei negativen 477 Mio. $. Vestas dürfte Ende 2015 über eine Nettocashposition von über 2 Mrd. € verfügt haben und Jinko hatte Ende September eine Nettofinanzverschuldung von 1,48 Mrd. $. Viel gegensätzlicher geht fast nimmer.
Man sieht an diesem kleinen Vergleich dann schon warum sich die europäischen Windmühlenbauer kurstechnisch doch deutlich besser entwickelt haben wie Jinko oder Trina in den letzten beiden Jahren und trotzdem sind die Aktienbewertungen eigentlich gar nicht so unterschiedlich. Vestas wird zwar beim 2016er KGV, das bei 22 liegt, deutlich höher wie Jinko bewertet (5,9), aber nimmt man das meines Erachtens wesentlich aussagekräftigere cashbereinigte 2016er KGV her, dann ist Vestas mit 18,4 (Nettocash pro Aktie 10,64 € Ende 2016 erwartet) fast gleich auf mit Jinko, das beim 2016er cashbereinigten KGV mit 17,7 bewertet wird (Nettofinanzverschuldung pro Aktie 55,18 $ Ende 2016 erwartet).
Wenn sich aber die Solarbranche so weiter entwickelt wie in 2015
- Fortsetzung der Konsolidierung, vor allem in China mit den vielen Tier 2/Tier 3-Solaris - Aufbau der Fertigungskapazitäten angepasst auf das Branchenwachstum - Nachfragewachstum weiter gut bleibt (überragend wird sie wohl nicht sein - keine 65 GW eher 62 GW in 2016)
dann könnte sich das ganze umkehren - vielleicht. Das wichtigste ist aber, dass die Modulpreise innerhalb eines Jahres nicht mehr im zweistelligen Prozentbereich fallen dürfen. Das könnte dann dazu führen, dass die Solaris (deutlich) besser performen wie die Windmühlenbauer und bei denen hat man super gesehen in den letzten Jahren wie Kursraketen abgehen können wenn die Branche sauber konsolidiert hat und der Preisdruck deutlich abnimmt. Mit den um 5 Jahre verlängerten Solarsubventionen in den USA ist schon mal ein ganz guter Anfang gemacht, dass sich die Jinko-Aktie nun endlich mal nachhaltig nach oben bewegt und endlich ein Gewinn je Aktie > 4 $ erzielt, was ja nun schon seit 2014 erwartet wird.
Was aber weiterhin mit ein großes Problem ist für die Zell/Modulbauer, das ist der hohe Investitionsdruck auf das Produktionsequipment, der hervorgerufen wird durch den Kampf um Marktanteile und durch den ständigen Preisdruck. Deshalb wird es schon noch ein gutes Weilchen dauern bis z.B. Jinko auch mal gute positive Free Cash Flows auf Jahressicht bringen wird wie die Windmühlenbauer. Dieses Problem mit den hohen Investitionen in die Produktion haben Vestas & Co nicht, darum haben sie u.a. auch so gute Cash Flows.
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