EON in der Klemme schreibt die Wirtschaftswoche...Wäre es nach Eon-Chef Wulf Bernotat gegangen, würde der spanische Energieversorger Endesa bereits seit knapp einem Jahr zu dem deutschen Stromriesen gehören. Doch Bernotat kassierte mit dem erzwungenen Rückzug aus dem Bietergefecht Mitte dieser Woche seine wohl bitterste Niederlage.Und Eon steht nun vor drei großen Problemen: Was geschieht mit den drei Milliarden Euro Liquidität, die nach der Bezahlung des Endesa-Pakets im Konzern auf Anlage warten? Findet Eon neue Übernahmeziele, die weniger Probleme bereiten als Endesa?
Und was passiert mit Wulf Bernotat, dessen Amtszeit noch bis April 2008 dauert undüber deren Verlängerung in "einer der Aufsichtsratssitzungen im Frühsommer“, wie es im Konzern heißt, entschieden wird?Zwar stieg der Börsenwert von Eon seit Bernotats Amtsantritt im Mai 2003 um rund 130 Prozent. Und als der Übernahmekampf entschieden war, kletterte der Kurs um weitere fünf Prozent.Aber Kollege Harry Roels, Vorstandschef beim benachbarten Konkurrenten RWE aus Essen, musste kürzlich erfahren, dass es bei seiner Vertragsverlängerung nicht allein auf Börsenbewertung und eine gute Kassenlage des Konzerns ankommt. Roels nimmt seinen Hut, weil er bei RWE keine großen Zukäufe hinbekam und keine Fantasie entfachte – weder im Unternehmen noch im Aufsichtsrat.Fantasie ins Unternehmen wird auch Bernotats Einigung mit den Widersachern Enel und Acciona nicht bringen. Eon übernimmt, sobald die beiden Rivalen die Kontrolle über Endesa erlangt haben, Unternehmensteile in mehreren Ländern im Wert von rund zehn Milliarden Euro.
Aber jetzt steht schon fest: Die Brocken, die nun für Eon von den Siegern des Endesa-Kampfes abfallen sollen, bringen den Konzern nicht wirklich weiter. "Weit und breit nichts, was zu großen Geistesblitzen führt“, sagt ein Eon-Manager.
"Eine spannende Zeit"
Einem internen Ziel zufolge, das Bernotat und Eon-Aufsichtsratschef Ulrich Hartmann aufgestellt haben, strebt Eon in seinen jeweiligen Märkten mindestens Platz drei an. Darunter wollen die ehrgeizigen und früher erfolgsverwöhnten Eon-Macher eigentlich nicht mitspielen.Nun bleibt ihnen nichts anderes übrig, als das zu nehmen, was man ihnen gibt. Rückblickend auf die Übernahmeprozedur um Endesa sagt Bernotat nachdenklich: "Es war eine spannende Zeit.“
Seinen weiteren Expansionsplänen droht nun von Aktionärsseite eine Bremse. Nachdem Enel und Acciona den Weg versperrten, muss Eon keine 42 Milliarden Euro für die Komplettübernahme von Endesa aufwenden.Die Liquidität bei Eon beläuft sich auf dreizehn Milliarden Euro. Abzüglich der zehn Milliarden, die Eon für die Endesa-Teile zahlen muss, bleiben drei Milliarden Euro übrig, auf die die Aktionäre scharf sind.
Bernotat in der Defensive
Da Bernotat zurzeit keine Alternative für eine andere Großakquisition zu bieten hat, könnten die Aktionäre – die Eon-Anteile sind breit in Streubesitz – auf eine Sonderausschüttung pochen. Würde die Kasse komplett ausgeschüttet, wären das 4,33 Euro pro Aktie zusätzlich zur angekündigten Dividende von 3,35 Euro.Bernotat, der sich lange gegen einen solchen Liquiditätsabfluss an die Anteilseigner gesträubt hat, ist durch das Endesa-Scheitern in die Defensive geraten und kann den Geldregen nicht mehr ausschließen.
Schon am 3. Mai, dem Tag der Eon-Hauptversammlung wird das Thema auf der Agenda stehen. Die Spekulation auf die Sonderdividende war vor allem der Grund für den vorösterlichen Höhenflug der Aktie. Eon-Aktionäre wollen Geld sehen oder Erfolge ihres Vorstandschefs.
Glückloser Feldherr
Mit Erfolgen an der Akquisitionsfront tut sich Bernotat allerdings schwer: Überall, wo er ein lohnendes Übernahmeobjekt identifiziert, wird ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Schon argwöhnen Eon-Manager, ob ihr Chef Bernotat in seinen Eroberungsfeldzügen wirklich alles richtig macht. Lobbyarbeit ist seine Sache jedenfalls nicht. Der frühere Shell-Spitzenmanager wollte die enge Verzahnung zwischen Energiewirtschaft und Politik aufbrechen und nur noch das Votum der Kapitalmärkte sprechen lassen.
Dass er gleich bei Amtsantritt für Gespräche mit Investoren auf Reise ging, haben die ihm hoch angerechnet. Aber dass er in dieser Sache vielleicht des Guten zu viel getan und politische Empfindlichkeiten missachtet hat, gibt er sogar indirekt zu: "Hinterher ist man immer klüger“, sagte er kürzlich. In seinen bisherigen vier Amtsjahren wurde der Eon-Chef auch von Pechsträhnen verfolgt. Neben der Expansion in westeuropäische Stromversorger hatte er vor allem das Gasgeschäft mit Russland im Blick.
Doch hielten ihn die Manager von Gasprom hin: Noch vor Eon hielt die BASF mit ihrer Tochter Wingas eine Beteiligung an einem lukrativen sibirischen Gasfeld. Und als es dann so weit war, dass auch Eon 25 Prozent erhielt, wurde bekannt, dass sich der Anteil der BASF an dem Gasfeld auf 35 Prozent erhöht hatte.Ob das alles die Karriere von Bernotat stoppen wird, wagt bisher konzernintern keiner vorauszusagen. Vor allem Aufsichtsratschef Hartmann galt als ehrgeiziger Verfechter des Endesa-Übernahmekampfes. Er hat Bernotat eher getrieben als gebremst.
Doch während der nun Gescheiterte in Madrid seinen Kampf ausfocht, wurde einer seiner Vorstandskollegen befördert. Der 47-jährige Johannes Teyssen, bisher Chef des deutschen Eon-Stromgeschäfts, wurde auf die neu geschaffene Position des Chief Operating Officers im Düsseldorfer Eon-Zentralvorstand gehievt.Als möglicher Nachfolger von Eon-Chef Bernotat kommt er infrage – "nicht weil er ein so großer Stratege ist, sondern vor allem ein Realisator“, sagt ein Eon-Manager trocken.Die vollständige Analyse lesen Sie in der WirtschaftsWoche http://www.businessnews.com/business/...9edc604ed9a61142e29d9236d1516 |