Genau in dem Moment als es charttenisch an der SMA200 für Bullen und Bären um hop oder top ging, wurde es hier im Forum sehr still. Ich kann daraus nur schließen, dass die ganz überwiegende Zahl der Forenzugriffe durch Charttrader erfolgt, die nichts mehr leiben als eine Range, die man bei TV binnen Monaten mehrmals traden kann. An einem stetigen Anstieg der Aktie entsprechend den Fundamentaldaten haben Daytrader und Co. absolut kein Interesse. Im Gegenteil wünschen sie sich nichts mehr als eine möglichst hohe Vola, die jeden Longie zur Verzweiflung bringt.
Die nach Veröffentlichung vorläufiger Geschäftszahlen und eines Insiderkaufs im Millionenbereich erzielten Kursgewinne werden an einem einzigen schwachen Handelstag komplett abverkauft. Nirgendwo gilt die alte Börsenweisheit "Was nicht steigt, fällt" mehr als bei TV. Hier wird hemmungslos in beide Richtungen gezockt. Die Argumente werden beliebig wiederholt. Shortseller betonen immer wieder das Damoklesschwert eines Permira-Ausstiegs (jeder Longie würde jubeln, wenn diese Betrüger sich endlich vom Acker machen!), kurzfristige Pushs wiederum betonen den starken Cashflow, das laufende Aktienrückkaufprogramm (das erkennbar null komma null positive Auswirkungen auf die Kursentwicklung hat) und das stetige Unternehmenswachstum.
Das Unternehmen bietet einfach zu viele widersprüchlichen Signale. Ist ein Unternehmen, das bei 6% Inflation 8 oder 9% Umsatzwachstum ausweist tatsächlich ein Wachstumsunternehmen? VW hat in 2023 Umsatz und Gewinn mit zweistelligen %-Marken gesteigert, wird von der Börse aber eher als totgeweiht denn als Wachstumsunternehmen bezeichnet. Giganten wie Nvidia oder Meta haben langjährigen Wachstumsraten zwischen 20% und 100%. Teamviewer mit kaum mehr als 600 Mio EUR Umsatz nimmt sich für 2024 nur 8-9% Umsatzwachstum vor und will als Wachstumsunternehmen bezeichnet werden? Wie ambitionslos muss man sein, um sich als Tech-Unternehmen in einer Welt mit unfassbarem KI Hype mit 8 oder 9% Wachstum zu bescheiden? Ein Wettbewerber wie ZOOM Video ist während Corona zu einem Multi-Milliarden Dollar Umsatz Unternehmen herangewachsen, während TV alle beim IPO kommunizierten Wachstumsziele zwischenzeitlich geschreddert hat und sich zudem in einem Anflug absoluten Größenwahns mit einem unfassbar teuren Sponsoringvertrag bei ManU eingekauft hat, einem Verein, der sich seit Jahren erfolgsmäßig im Niedergang befindet und zuletzt nur noch durch permanente Verkaufsgerüchte rund um den Club, betriebswirtschaftlich nicht rechtfertigbare Transfersummen und Spielergehälter auf sich aufmerksam machte. Konnte es irgendjemanden verwundern, dass ManU keinen Sponsor fand, der Teamviewers Irrsinnspreis überbieten wollte, weshalb TV den Vertrag erst zum 01.07.2024 ändern konnte und auch dort kein Komplettausstieg möglich war, da ManU andernfalls keinen finanziellen Anreiz gehabt hätte, TV vorzeitig aus dem Sponsoringvertrag zu entlassen...
Nun ist dieses unschöne Kapitel ja Gott sei Dank zum 01.07. beendet. Und dennoch will sich bei TV - trotz DAX auf ATH - kein nachhaltig positives Sentiment einstellen. Warum nur? Liegt es vielleicht daran, dass es einigen Bilanzlesern sauer aufstößt, dass das Konzern-EK - bedingt durch außerordentlich hohe Aktienrückkäufe in den letzten Jahren immer weiter sinkt, so dass die bilanzielle EK-Quote aussieht wie bei einem insolvenzbedrohten Unternehmen?
Muss man mit Aktienrückkäufen wirklich einen derart "heißen Reifen" fahren, dass man als Unternehmen mit 2,3 MRD Marktwert zum 31.12.2023 nicht einmal mehr 90 Mio € bilanzielles EK auf die Waage bringt?
Wäre es nicht deutlich solider, zunächst priorisiert die Verschuldung auf Null zu bringen und EK aufzubauen, bevor man große Aktienrückkäufe tätigt?
In einer durch hohe Unsicherheit und steigende Finanzierungskosten geprägten Welt suchen Aktionäre nach Beständigkeit, hoher Liquidität und niedriger Verschuldung. TV hätte es selbst in der Hand, sich binnen 24 Monaten komplett aus dem Cashflow zu entschulden und statt net debt ein Nettofinanzguthaben aufzubauen, wie es bei allen US-Bigtechs wie selbstverständlich dazugehört.
Mir scheint, bei TV wollte man von Anfang an wie ein Großer mitspielen, ohne die hierzu erforderliche Finanzausstattung zu haben. Insbesondere bei deutschen "Start-Ups" ist leider immer wieder festzustellen, dass von Anfang an unfassbar hohe Gehälter bezahlt werden und man sich mit den führenden Unternehmen des Silicon Valley vergleicht, dabei aber vergisst, dass die über viele Jahre sorgsam zu Cashmaschinen aufgebaut wurden, bevor sie ihren CEOs riesige Gehälter zahlten und Aktienrückkaufprogramme installierten.
Die Gründer von Google hatten in den Anfangsjahren bekanntlich mit 1 USD dotierte Fixgehälter und wurden allein über die Beteiligung am Unternehmenserfolg via Aktienoptionen reich. Deutsche Startup-Gesellschafter werden reich durch überteuerte IPOs auf Grundlage vollkommen unrealistischer Unternehmensplanungen, für die Streubesitzaktionäre noch jahrelang die Zeche zahlen... das ist vermutlich der Grund, warum trotz mittlerweile anständiger Geschäftszahlen kein positives Sentiment für TV aufkommen will und der Kurs ausschließlich durch Kurzfristzocker bestimmt wird.. wer Kleinaktionäre Finanzhaien wie Permira zum Fraß vorwirft, hinterlässt verbrannte Erde... |