http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,728267,00.html
Spekulation Dollar-Angst treibt Goldpreis in die Höhe
Von Kai Lange
Fotostrecke: 13 Bilder REUTERS
1000, 1200, 1400 Dollar: Der Goldpreis klettert von Rekord zu Rekord. Grund ist die Geldpolitik der USA. Weil die Notenbank Fed immer mehr Dollar druckt, flüchten Anleger massenweise in das vermeintlich sichere Edelmetall. Doch damit gehen sie voll auf Risiko - die Spekulationsblase wächst.
Hamburg - 2000 Dollar pro Feinunze Gold, warum nicht. Die Finanzkrise hat den Goldpreis erst im vergangenen Jahr über die 1000-Dollar-Grenze getrieben, und jetzt marschiert der Preis bereits in Richtung 1500 Dollar.
ANZEIGE Noch nie war es so leicht, beim Gold-Rush dabei zu sein: Die Finanzindustrie wirft im Wochentakt immer neue ETFs, ETCs, Swaps sowie allerlei bunte Fonds auf den Markt, die irgendwie mit Gold zu tun haben. Und selten gab es so viele Gründe, diese hochspekulativen Wetten auch einzugehen.
Der wichtigste Grund für den Kauf des Edelmetalls: Gold ist nicht Geld. Geld druckt die US-Notenbank Federal Reserve seit Monaten in gigantischem Umfang, bis Mitte 2011 werden noch einmal 600 Milliarden frische Dollar hinzukommen. Die Menge des Geldes wächst immer schneller, fast wirkt es, als werfe US-Notenbankchef Ben Bernanke seine Dollar mit dem Hubschrauber über der siechen Wirtschaft ab.
Gold dagegen ist wie andere Rohstoffe begrenzt: Anleger tauschen Geld in Kupfer, Silber oder Gold, weil sie dem wachsenden Berg der Geldscheine misstrauen. Warum Papiergeld zu Minizinsen auf dem Konto schimmeln lassen, wenn in Washington bereits die Druckerpressen für noch mehr Papier rattern?
Hinzu kommt, dass das billige Geld nicht wie von der Fed erhofft in neue Maschinen fließt, in neue Güter, Waren oder Arbeitsplätze, was der US-Wirtschaft auf die Beine helfen würde. Vielmehr nutzen die Marktteilnehmer die Liquidität, um wieder kräftig zu spekulieren: All das neue Geld pumpt die Preise an den Rohstoffbörsen auf - und es rauscht in die Kriegskassen der Konzerne, die bereits neue Übernahmekämpfe austragen, was auch die Aktienmärkte anheizt. Zu bemerken ist der Finanzboom auch in Deutschland: Der Dax Chart zeigen klettert von einem Hoch zum nächsten.
Gold, Silber oder Kupfer kann die Fed nicht drucken
Doch so erfreulich die jüngsten Gewinnsprünge der Dax-Konzerne sind: Das Tempo, in dem der Aktienindex steigt, zeigt vor allem eines: Es gibt sehr viel Geld am Markt, das sich Anlageziele sucht. Beispiel Volkswagen Chart zeigen: Der Konzern, nicht eben ein Geheimtipp, hat seinen Börsenwert binnen zwei Wochen um mehr als 20 Prozent gesteigert. Anleger kaufen wie verrückt Aktien - obwohl ein weltweiter Handelskrieg droht, und obwohl vieles auf einen neuen Absturz der US-Wirtschaft hindeutet. Der Grund? Den Investoren fehlen schlicht Alternativen - sie wissen nicht, wohin mit all ihrem Geld.
ANZEIGE Wer Geld hat, tauscht es deshalb in Gold, Silber, Kupfer oder VW-Aktien, denn solche Dinge kann die Fed nicht drucken.
Warnungen, dass ein Platzen der Gold-Blase unmittelbar bevorstehe, gehören zur üblichen Begleitmusik. Doch für Investoren ist es durchaus lukrativ, bei entstehenden Blasen dabei zu sein - solange man rechtzeitig den Ausstieg schafft. Erfolgreich zu spekulieren heißt nicht, Blasen zu meiden, sondern möglichst lange mitzufliegen. Erst wenn sich der Dollar stabilisiert und die Zinsen steigen, droht Gold-Anlegern der Fall - doch danach sieht es im Moment nicht aus.
Wer sagt, dass bei einem Goldpreis von 1500 Dollar Schluss sein muss? So unsicher, wie die Perspektiven für den Dollar und die US-Wirtschaft sind, so sicher könnte der Preis auch Richtung 2000 oder 3000 Dollar fliegen. Genug Anleger, die mitfliegen wollen, sind da. Vielleicht bringt der erste Spekulant bald schon einen Goldpreis von 10.000 Dollar ins Spiel - in der gegenwärtigen Lage scheint alles möglich. |