Die Finanzkrise 2008 wurde nicht durch die invertierte Zinskurve ausgelöst, sondern durch zu waghalsige Banken und zu viele faule Kredite. Ob sich das Schema aus 2007/2008 als Vorlage für heutige Prognosen verwenden lässt, ist ungewiss. Ich glaube es eher nicht (Begründung unten).
Im Sommer 2007 offenbarten sich - als Vorläufer der Finanzkrise - bereits erste Liquiditätsprobleme. PE-Fonds fanden über Nacht plötzlich kaum noch Geldgeber. Dies führte dazu, dass die US-Zinskurve invertierte (siehe Chart in # 506).
Die Zinskurve invertiert meist dann, wenn die Marktakteure der Ansicht ist, die Leitzinsen seien gemessen an der (als prekär wahrgenommenen) Wirtschaftslage zu hoch. Dann werden zukünftige Leitzinssenkungen der Fed und womöglich zukünftiges QE eingepreist. Kommt eine Rezession, sinkt die Kreditnachfrage, was ebenfalls auf die Langlaufzinsen drückt.
Bondkäufer versuchen daher, sich noch rechtzeitig vor Beginn einer Rezession die (zu diesem Zeitpunkt noch recht passablen) Langlaufzinsen am Markt für US-Staatsanleihen (UST) zu sichern. Die verstärkten Käufe treiben die Kurse der UST hoch, und entsprechend sinken die Renditen. Also flacht die Zinskurve am langen Ende ab. (Die Fed scheint dem Rechnung zu tragen, indem sie auch am kurzen Ende den Fuß vom Gaspedal nimmt.)
Man konnte im September 2018 10j.-UST mit schönen 3,25 % Coupon kaufen. Nicht schlecht für eine Geldanlage, die dann über 10 Jahre ingesamt 32,5 % (ohne Zinseszins) abwirft und bei der mit relativ hoher Sicherheit das angelegte Geld am Ende wieder voll ausgezahlt wird. Tatsächlich ist die beste Zeitpunkt für längerfristige Staatsanleihenkäufe der letzte Aufwärtsschub einer Börsenhausse (also z. B. Frühjahr 2000, Herbst 2007, Herbst 2018), wenn die Fed bereits mit Zinserhöhungen gegen Überhitzung vorgeht, der Aktienmarkt aber noch nicht reagiert.
Bonds sind vor allem dann interessant, wenn die Notenbanken in der nächsten Finanzkrise - die "Maßnahmen" müssen ja von mal zu mal gesteigert werden - auf breiter Flur Negativzinsen einführen, so dass also pro Jahr z. B. 3 % vom Girokonto "eingezogen" werden (eine Art Strafsteuer dafür, das man das Geld nicht ausgibt). In einem solchen Szenario bringen UST eine Super-Rendite - 3,25 % statt -3 % auf Cash, also unterm Strich 6,25 %. Hinzu kommen Kursgewinne, wenn man sie einige Jahre vor Endfälligkeit verkauft.
Die jetzige Lage ist mit der aus 2008 kaum zu vergleichen. Seit 2008 sind die Notenbanker als gigantische Kurs-Manipulateure (Bonds und Aktien) in Aktion getreten. Das ist finanzhistorisch eine Novität. Folglich kann man auch alte Chart-Schemen aus 2007 heute nicht (mehr) als prognostische Muster verwenden.
Die Notenbanken verfolgen offenbar das Ziel, den allfälligen Überschuldungszusammenbruch, der die gesamte Finanzwelt von USA bis China erschüttern wird, mit Inflationierung auf Gedeih und Verderb bis zum Geht-nicht-mehr aufzuschieben. Es bleibt dennoch ein Aufschub. Aber niemand weiß (auch Wawidu nicht ;-), wann diese Mega-Blase wirklich platzen wird. |