Mercedes gibt mächtig GasA-Klasse wechselt auf Überholspur
Von Axel F. Busse Bei der neuen A-Klasse von einem Generationswechsel zu sprechen, ist eine schamlose Untertreibung. Außer Baureihenkürzel und Frontantrieb blieb so gut wie nichts übrig. Bei den Premium-Kompakten wechselt Mercedes damit direkt von der Stand- auf die Überholspur. So sollen Audi und BMW-Fahrer die A-Klasse zu sehen bekommen: von hinten.
Kein Wunder eigentlich, schließlich schreibt man Angriffslust mit "A" und angreifen will der Stuttgarter Konzern schon lange. Dass Audi mit dem A3 und BMW mit dem 1er nicht nur im deutschen Premium-Sektor vorneweg waren, ist den Verantwortlichen der Stern-Marke schon lange ein Dorn im Auge. Im ersten halben Jahr wurden hierzulande nur noch 15.000 Neuzulassungen der bisherigen A-Klasse registriert, BMW brachte es mit seinem Kompakt-Modell auf glatt das Doppelte und auch Audi hat mit 23.000 einen komfortablen Vorsprung herausgefahren.
Dabei war die erste A-Klasse alles andere als ein Flop. Die revolutionäre Sandwich-Bauweise setzte sie erstmals in den Markt um und auch der Umfaller beim "Elchtest" hat letztlich tausenden von Autofahrern in aller Welt das Leben gerettet. Ohne dieses Missgeschick hätte die Schleuderbremse ESP wohl kaum so schnell zum Bestandteil der Standard-Sicherheitsausstattung der meisten Pkw werden können. Aber: Noch vor sechs Jahren schaffte die A-Klasse in Deutschland mehr als 35.000 Neuzulassungen im Halbjahr, der Rückgang illustriert die schwindende Akzeptanz des Konzepts deutlich. Sportlich tiefe Sitzposition Edles Ambiente, Oberflächen im Karbon-Design und Ziernähte prägen das Cockpit.
Die meisten bisherigen A-Klasse-Kunden werden vermutlich entsetzt sein, was ihnen da als Nachfolger präsentiert wird. Ein- und Aussteigen sind längst nicht mehr so bequem wie früher, das Fahrzeug ist ganze 16 Zentimeter flacher als der Vorgänger. Die Sitzposition wurde weitere zwei Zentimeter näher an den Asphalt gerückt, was die Rundumsicht nicht verbessert. Der Neue ist 45 cm länger und braucht deshalb mehr Parkplatz (kann sich aber jetzt selbstständig in die Lücke fädeln). Für Gepäck steht ein rund 90 Liter geringeres Volumen zur Verfügung.
Doch bei Mercedes sieht man nicht so sehr, was man verlieren, sondern was man gewinnen könnte. Bis zu 50 Prozent der künftigen Kunden sollen von anderen Marken abgeworben werden und das heißt nichts anderes als vor allem von Audi und BMW. Die A-Klasse ist mit der langen Motorhaube und dem gespannten Dachbogen keine singuläre Erscheinung mehr. Die Käufer bekommen jetzt einen modern gestylten Kompakten mit sportlich-dynamischen Ambitionen, effizienten Motoren und kaum überschaubaren Individualisierungsmöglichkeiten. Bisher wurde annähernd die Hälfte des A-Klasse-Volumens in Deutschland abgesetzt. Künftig dürften die Auslandskunden einen deutlich höheren Anteil ausmachen. Die Motorenpalette umfasst Benzin- und Diesel-Antriebe zwischen 1,6 und 2,2 Liter Hubraum.
Das "A" kann also ebenso für Aufbruchstimmung stehen. Die Antriebspalette aus drei Benzin- und vier Dieselmotoren ist mit einem manuellen Sechsgang- oder einem automatisierten Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe kombinierbar. Die Ottomotoren sind 1,6 oder zwei Liter groß und leisten zwischen 122 und 211 PS. Dank Turbolader kommen sie schon knapp über Leerlaufdrehzahl auf 200 bis 350 Newtonmeter Drehmoment. Letzterer Wert erinnert an die Durchzugskraft eines Diesels, weshalb der A 250 auch in 6,6 Sekunden von Null auf Hundert sprintet. Start-Stopp Serie in allen Ausführungen
Zwischen 109 und 170 PS (ab Dezember 2012) leisten die Selbstzünder, keiner hat weniger als 250 Newtonmeter Drehmoment. Der günstigste unter Ihnen, der 1,5-Liter-Motor aus dem A 180 CDI, soll sich auf 100 Kilometer mit nur 3,8 Litern Diesel zufrieden geben. Alle Aggregat- und Getriebekombinationen sind mit Start-Stopp-Technik ausgerüstet, so dass die Verbräuche laut EU-Normtest in keinem Falle den Wert von 6,1 Litern überschreiten. Niemand zweifelt mehr daran, dass es auch eine AMG-Version der A-Klasse geben wird, die Audi RS3 und BMW 135i die Rücklichter zeigen soll. Von mehr als 300 PS und Allradantrieb ist die Rede. Die neue Camtronic realisiert eine einlassseitige Ventilhubumschaltung und begrenzt dadurch im Teillastbereich die Frischgasmenge. Das soll laut Mercedes eine Kraftstoffeinsparung um drei bis vier Prozent ermöglichen.
Dynamisch ums Eck: die neue A-Klasse ist konsequent auf Sportlichkeit getrimmt. (Foto: Axel F. Busse)
Wer einst daran Freude hatte, das Ambiente der heimischen Nussbaum-Schrankwand auch im Cockpit-Dekor wieder zu finden, wird sich in der neuen A-Klasse umgewöhnen müssen. Die Oberflächen imitieren eine Gewebestruktur im Karbonlook, sind aber auch in anderen Farben als Schwarz erhältlich. Sie sehen edel aus und fassen sich gut an. Optisch dominierend sind die drei turbinenartigen Ausströmer der Klimaanlage, deren galvanisierte Chromringe die edle Atmosphäre noch ergänzen. Alles wirkt sachlich und funktionell, die Sitze sind sehr bequem und haben integrierte Kopfstützen.
Da es die A-Klasse zunächst nur als Fünftürer gibt, entfällt der Test eines verrenkungsintensiven Einsteigens nach hinten. Doch frei von Überraschungen ist die Sitzprobe nicht: Unter dem flachen Dach herrscht erstaunlich viel Kopffreiheit, auch der Knieraum hinter einem überdurchschnittlich großen Fahrer ist komfortabel. Die kleinen Fenster lassen zwar ein leichtes Bunkergefühl aufkommen, aber an der Bewegungsfreiheit gibt es auf den Rücksitzen nichts zu kritisieren. So kommen die Apps auf die Straße
Wie sehr der Neuling auf eine Verjüngung des Kundenstamms spekuliert, ist nicht zuletzt an den vielseitigen Integrations-Möglichkeiten des iPhones zu erkennen. Es gibt (gegen Aufpreis) eine Dockingstation und die Nutzung zahlreicher Apps, wer noch mehr investiert, bekommt Street-View für die Navigation und Wetterdarstellungen. Es kann nach Herzenslust getwittert oder über Facebook Kontakt gehalten werden – nur die Nutzer von Android-Smartphones müssen auf solch eine Vielfalt noch etwas warten. Bedienlogik und Fahrerorientierung sind tadellos, nur der Kontrast auf den Skalen der Rundinstrumente könnte etwas stärker sein. Mehr zum Thema
Der Einstieg in die A-Klasse ist wie gehabt teurer als bei den beiden größten Rivalen BMW und Audi. 18.06.12 Stattliche Sümmchen für den Angriff Preise für A-Klasse offengelegt Schön und leicht kommt er daher, der SL 500. Dabei ist es egal, ob er als Roadster oder Coupé dasteht. 29.06.12 Flieger, grüß mir die Sonne SL 500 - Tachonadel am Anschlag Die Verteidigung ist angetreten, den Angriff zu stoppen. Volvo schickt den V40 ins Rennen. 14.06.12 Verteidigung gegen den Angriff Volvo will mit V40 punkten Die "Rentner-Schaukel" hat bei Mercedes ausgedient. Aber zu den scharfen Linien gibt es nun auch neue Motoren. 10.05.12 Neue Motoren-Politik bei Mercedes A-Klasse brabbelt französisch Der SL 63 von AMG ist noch stärker auf Leistung und Fahrdynamik abgestimmt als sein "kleiner" Bruder der SL 500. 03.05.12 Mercedes SL 63 AMG Ein Monster mit Manieren Mit der A-Klasse könnte Mercedes der große Wurf gegen die Konkurrenz gelungen sein. 30.04.12 Studie prognostiziert: Mercedes könnte Audi überholen Der Mercedes CLS Shooting Brake geht in Serie. 01.07.12 Mercedes CLS Shooting Brake Luxus schafft sich Raum In 3,6 Sekunden beschleunigt der Bolide aus dem Stand auf 100 km/h, wenn er die Väth-Kur durchlaufen hat. 12.07.12 SLS AMG Roadster von Väth Aufgemöbelte Straßenrakete
Auf den ersten Testrunden präsentierte sich der A 250 als austrainierter Sportsmann. Gemeinsam mit der 7-Gang-Automatik beherrscht er das volle Repertoire vom beherzten Antritt bis zum sanften Cruisen und zum souveränen Durchzug beim Überholen. Das AMG-Sportpaket (+2987 Euro) schärft die Performance spürbar an, das um 15 Millimeter tiefer gelegte Fahrwerk und die besonders direkt ausgelegte Lenkung vermitteln einen agilen Fahreindruck. Lediglich bei langen Steigungen und unveränderter Gaspedalstellung kann das Getriebe die Übersicht verlieren. Es schaltet dann ratlos auf- und abwärts, da ist es sinnvoll, in den manuellen Modus zu wechseln oder durch deutliches Gasgeben die Absichten des Fahrers zu vermitteln.
Der mittlere Diesel schöpft aus 1,8 Litern Hubraum 136 PS, das 6-Gang-Getriebe ist sauber abgestuft und leichtgängig. Da auch dieser Motor 300 Newtonmeter aufbietet, gibt es in jeder Fahrsituation genügend Reserven für einen kurzweiligen Trip. Die Gangart des Motors ist dabei unaufdringlich und beherrscht, gegen 4000 Umdrehungen gibt er unabhängig vom Cockpit-Display eine akustische Schaltempfehlung. Die Ausfahrt beendete er mit 5,9 Litern im Schnitt (statt 4,1 nach EU-Norm).
Der Einstieg in den handgeschalteten Benziner A 180 ist ab 23.978,50 Euro möglich. Der günstigste Diesel (109 PS) entfaltet seinen Vorwärtsdrang vor der eigenen Garage ab 26.477,50 Euro. Mercedes wird die A-Klasse zur Modellfamilie ausbauen, tut sich aber erwartungsgemäß schwer, Konkretes zu nennen. Ein Dreitürer kommt gewiss, die Hoffnungen auf ein Coupé und ein Cabrio sind nicht unbegründet – wann sie Realität werden, steht in den Sternen.
Quelle: n-tv.de |