http://www.faz.net/s/...E183F0506801F787B6~ATpl~Ecommon~Scontent.html
22. Juli 2007 Mit ihrer neuen Billgmarke Congstar will die Telekom verlorenes Terrain bei der jungen Kundschaft zurück erobern. Congstar-Chef Alexander Lautz spricht im Interview über den Kundenschwund bei der Mutter und das Vorbild Ikea.
Herr Lautz, Congstar soll die Billigmarke der Telekom sein. Sie sind teurer als andere Anbieter. So kriegen Sie doch keine Kunden. Das sehe ich anders. Es ist schon so, dass eine Minute am Handy bei uns mehr als bei Discount-Anbietern kostet. Aber wir wollen gar kein Preisbrecher sein. Unser Vorteil liegt darin, dass wir günstige Flatrates anbieten, mit denen wir flexibel auf die Wünsche der Kunden eingehen. Und das spart am Ende Geld.
"Unser Auftrag ist nicht, Kunden zurückzuohlen." Was ist denn so flexibel bei Ihnen? Die Kunden zahlen immer nur das, was sie brauchen. Bei uns gibt es keine vorgefertigten Bündel oder Pakete. Kunden können sich ihre Tarife und Optionen selbst so zusammenstellen, wie es zu ihnen passt. Viele Leute brauchen beispielsweise gar keine Flatrate für Internettelefonie. Also müssen sie die bei uns auch nicht mitbezahlen, wenn sie sie nicht wollen.
Trotzdem kostet Ihr Angebot mindestens 31 Euro im Monat. Bei anderen Firmen zahlen Kunden weniger und bekommen die Telefon-Flatrate gratis. Da müssen Sie die Laufzeit betrachten. Bei uns verpflichten sich die Kunden nicht für 24 Monate, sondern nur für einen. Das ist gut, denn die Lebenssituationen ändern sich. Man weiß nicht: Ziehe ich in einem Jahr um? Habe ich eine neue Freundin? Bei uns können die Kunden ihre Verträge jederzeit an ihre neue Lebenssituation anpassen.
Mann mit billiger Marke: "Fastfood-Tarife" für Kunden, die "young at mind" sind Die Kunden haben sich schon an Ihre Konkurrenten gebunden. Congstar kommt zu spät. Der Handymarkt ist fast gesättigt, ja. Trotzdem haben wir gute Chancen, weil wir mit der kurzen Kündigungsfrist einen neuen Typ Handytarif anbieten: zwischen Prepaid-Karte und Langzeit-Vertrag. Und für DSL gibt es noch einige Kunden zu gewinnen, Fachleute sprechen von einer Million DSL-Neukunden pro Quartal. Das ist für einige Zeit noch ein großer Wachstumsmarkt.
Auf dem DSL-Markt hat die Telekom es schon mal probiert, mit Congster. Die Marke floppte. Congstar ist komplett neu. Richtig ist aber, dass wir mit Congster eine Vergangenheit haben. Hier wurden in erster Linie reine Internetzugänge für eine spitze Zielgruppe angeboten. Der Service ist hier immer sehr gut bewertet worden. Aber dann hat die Telekom ihre DSL-Bündelpakete eingeführt. Damit war klar, dass Congster in seiner ursprünglichen Positionierung so nicht mehr weiter bestehen konnte.
Jetzt läuft es umgekehrt. Congstar jagt dem Mutterkonzern Kunden ab. Wir jagen der Mutter auch Kunden ab, genauso wie wir das bei anderen Wettbewerbern auch machen werden. Wir gehen davon aus, dass wir unsere Kunden zum einen aus dem Neugeschäft und zum anderen von jedem der Wettbewerber entsprechend seinen Marktanteilen gewinnen.
Der frühere Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke musste auch deshalb gehen, weil sich bei der Telekom die Sparten gegenseitig Konkurrenz machten. Jetzt fangen Sie damit wieder an. Wie gesagt: Wir sind eigenständig, wir gewinnen unsere Kunden ganz normal auf dem Markt. Gerade bei DSL liegt dabei großes Potential in der Neukundengewinnung.
Im ersten Quartal hat die Telekom 600.000 Kunden verloren. Wie wollen Sie die zurückholen? Unser Auftrag ist nicht, diese 600.000 Kunden zurückzuholen. Wir wollen ein Angebot für eine Zielgruppe machen, die bei der Telekom gar nicht erst nach neuen Angeboten gesucht hätte. Damit wollen wir bis zum Jahr 2010 eine Milliarde Euro Umsatz machen.
Und welche Zielgruppe soll das sein? Das sind alle, die online einkaufen und die sich faire und flexible Tarife selbst zusammenstellen wollen und die Nähe zum ?T? nicht suchen, auf die technische Qualität aber nicht verzichten wollen.
Diese Menschen hätten also bei der Telekom gar nicht erst gesucht? Das ist eine Frage des Images. Telekommunikations-Anbieter werden inzwischen stärker nach dem Image ausgewählt als nach dem Preis.
Sie werben nun mit Ihrem neuen Image - mit ?Fastfood?. Mit dem Prinzip Fastfood wollen wir ausdrücken, wie flexibel unsere Kunden die Tarifbausteine zusammenstellen können. Diese Flexibilität hat übrigens auch in anderen Branchen Erfolg, zum Beispiel in der Möbelbranche. Da gibt es einen großen Möbelhändler, der genau darauf setzt, dass die Leute sich ihre Möbelwand selbst zusammenstellen. Dessen Möbel bauen die Leute sogar gerne selbst auf.
Das ?Ikea-Prinzip?. Ihr ?Fastfood? hört sich vergleichsweise unappetitlich an. Wir haben einen Spruch für das Call-Center erfunden. Wenn Sie bei uns anrufen, melden sich die Mitarbeiter mit: ?Willkommen bei Congstar, Ihre Bestellung bitte.? Unsere Kunden finden das gut, die sind ?young at mind? . . .
. . . ?jung im Kopf?. Für die Telekom bleiben also die geistig Alten, die mehr bezahlen? Nein. Die Telekom spricht zum Beispiel diejenigen an, die im Laden von einem Fachhändler beraten werden wollen. Oder die eine ganze Firma mit Telefon zu versorgen haben. Diese Segmente können wir bei Congstar nicht bedienen.
So klingt jede Zweitmarke - Motto: Wir bieten weniger Service, dafür sind wir billiger. Bei Congstar gibt es also noch weniger Service als bei der Telekom? Ich widerspreche. Bei uns müssen Sie überhaupt nicht auf Service verzichten. Im Gegenteil: Sie sehen bei uns im Internet sofort, welche Tarif-Bausteine Sie zusammengestellt haben. Mobilfunk und DSL sind digitale Produkte - warum soll man so was noch in einem Laden kaufen? Das ist doch eher altmodisch.
Das allgegenwärtige Telekom-?T? fehlt in Ihrer Werbung ganz. Ist Ihnen Ihre Mutter peinlich? Natürlich nicht. Sie stellt unser Netz bereit, das heißt, wir profitieren hier von anerkannt hohen Leistungsstandards. Aber wir müssen uns selbst am Markt durchsetzen. Und wir wollen Kunden erreichen, die die Deutsche Telekom bisher nicht erreicht. Dann ist es doch konsequent, auf das ?T? zu verzichten.
Aber der Kunde merkt doch: Hinter Congstar steckt die Telekom. Das merkt der Kunde nicht. Wir beziehen zwar unsere Dienstleistung von der Telekom, wie es die meisten Wettbewerber auch machen. Deshalb können wir uns auf ihre Qualität verlassen. Aber in der Kommunikation zu unseren Kunden ist Congstar eine eigene neue Marke. Wir stehen für etwas Eigenes.
Kein Wunder. Der Name Telekom hat ein schlechtes Image. Ich kann nicht über das Image der Telekom sprechen, nur über Congstar. Und für viele Kunden ist es ein Vorteil, dass sie ihren Telefonanschluss bei der Telekom behalten können.
Der ist doch ziemlich teuer. Die Telekom hat eine hohe Sprachqualität im Festnetz. Und wenn Sie mit Ihrem DSL-Anschluss zu uns wechseln, ist eines sichergestellt: Sie können weiterhin von dieser Qualität profitieren. Übrigens, diese gute Netzqualität haben Sie auch, wenn Sie mit einem Handy von uns telefonieren.
Sie haben aber noch keine Handys im Angebot. Wir werden das ab September tun. Diese Handys werden nicht an unser Netz gebunden sein. Und man muss sich auch nicht auf zwei Jahre verpflichten, wenn man eines haben möchte.
Dann können Sie die Handys nicht bezuschussen. Deshalb werden Ihre Geräte recht teuer sein. Wir werden die Handys zwar nicht bezuschussen, aber sie trotzdem zu einem attraktiven Preis anbieten. Der wird deutlich unter den Beträgen liegen, die heute für Handys ohne Zuschüsse verlangt werden.
Und mit so einem Angebot wollen Sie noch Geld verdienen? Mit den Handys werden wir nicht viel Geld verdienen. Das ist für uns kein Geschäft, in dem wir große Margen haben.
Wann werden Sie denn mit Ihrer ganzen Sparte erstmals Gewinne machen? Das werde ich Ihnen heute nicht verraten. Klar ist, wir haben unsere Ziele. Dazu gehört auch, dass wir das Geschäft profitabel entwickeln.
Das heißt: Sie jagen Ihrer Mutter fleißig Kunden ab und kosten sie noch lange Geld? Wir kosten nicht viel. Wir haben wenige Mitarbeiter, derzeit nicht mal 50. Die meisten Dienstleistungen kaufen wir von außen ein. Zudem ist unser Vertriebsmodell Internet sehr sparsam. Diese Ersparnis geben wir an den Kunden weiter. |