Commerzbank will Kapitallücke ohne Hilfe schließen
Die Commerzbank will die von der europäischen Bankenaufsicht EBA beanstandete Milliarden-Kapitallücke aus eigener Kraft schließen - ohne weitere Staatshilfen. Mit verschiedenen Maßnahmen soll das Kernkapital der Commerzbank um 6,3 Milliarden Euro gestärkt werden. Foto: Marius Becker Mit verschiedenen Maßnahmen soll das Kernkapital der Commerzbank um 6,3 Milliarden Euro gestärkt werden. Foto: Marius Becker
Die Commerzbank kann ihre Eigenkapital-Lücke von 5,3 Milliarden Euro nach Einschätzung des Vorstands aus eigener Kraft schließen. Die zweitgrößte deutsche Bank brauche keine Hilfe des Staates und könne aller Voraussicht nach auch auf eine Kapitalerhöhung verzichten, sagte Vorstandschef Martin Blessing am Donnerstag in Frankfurt. Das Maßnahmenpaket enthalte sogar einen Sicherheitspuffer von einer Milliarde Euro. 60 Prozent der geforderten Summe habe die Bank schon in der Tasche. Mehr als drei Milliarden Euro soll allein der Abbau von Bilanzrisiken (RWA) bringen, mehr als die Hälfte davon habe die Bank bereits sicher.
Zudem haben Blessing und sein Finanzchef Eric Strutz rund 2,4 Milliarden Euro Gewinn in den Monaten zwischen Oktober 2011 und Juni 2012 eingeplant. Um das zu schaffen, dürfe sich aber die Staatsschuldenkrise in Europa nicht weiter verschärfen, warnte die Bank.
Erleichterung an der Börse
An der Börse herrschte große Erleichterung. Die zuletzt in die Tiefe gestürzte Aktie sprang um fast 14 Prozent auf ein Zwei-Monats-Hoch von 1,61 Euro. „Das hört sich alles viel besser an als erwartet“, sagte ein Händler. „Für die Aktie heißt das: viel Luft nach oben.“ Erst in den vergangenen Tagen war die Zuversicht der Experten gestiegen, dass die Commerzbank das von der EU-Bankenaufsicht EBA in einem Stresstest ermittelte Loch werde ohne weitere einschneidende Maßnahmen stopfen können.
Blessing hatte sich früh darauf festgelegt, dass er nicht noch einmal den Staat zu Hilfe rufen werde. Der Bund hatte der Commerzbank in der Finanzkrise schon mit mehr als 18 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen.
Die 71 größten europäischen Banken müssen bis zum 30. Juni eine harte Kernkapitalquote von neun Prozent nachweisen - auch dann, wenn alle Staatsanleihen in ihren Büchern auf Marktwerte abgeschrieben werden müssten. Für die Commerzbank bedeute das eine Quote von 10,5 Prozent, hatte Strutz vorgerechnet. Ende 2011 habe die Kapitaldecke schon bei zehn Prozent gelegen, bis Juni sollen es mehr als elf Prozent werden.
Die Kreditversorgung der Kunden und für Projekte in Polen und Deutschland soll durch den Schrumpfkurs nicht beeinträchtigt werden, wie Mittelstandsbank-Vorstand Markus Beumer beteuerte. 2011 sei das Kreditvolumen an den deutschen Mittelstand sogar gestiegen. Dennoch sei die risikogewichtete Bilanzsumme (RWA), die mit Eigenkapital unterlegt werden muss, schon in den drei Monaten von Oktober bis Dezember um 17 Milliarden Euro gesunken. Dadurch brauche die Commerzbank 1,6 Milliarden Euro Kernkapital weniger. Noch einmal so viel will sie bis Juni aus der Bilanz herausquetschen, etwa durch die Trennung von Randbereichen. Der Verkauf von Bilanzposten, die ohnehin abgewickelt werden, soll 350 Millionen Euro bringen.
Mitarbeiter sollen ihren Beitrag leisten
Auch die Mitarbeiter sollen ihren Beitrag leisten: Variable Gehaltsbestandteile der Führungskräfte sollen in eigenen Aktien ausgezahlt werden, was bis zu 250 Millionen Euro bringe. Zudem seien Kostensenkungen von 150 Millionen Euro eingeplant.
Blessings Plan steht und fällt aber mit dem Gewinn: Rund 1,2 Milliarden Euro konnte die Bank bereits im vierten Quartal 2011 zurücklegen, 735 Millionen davon kamen allein aus dem Rückkauf von Hybridanleihen. Allerdings sind darin noch keine weiteren Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen eingeplant, die noch mit knapp der Hälfte des Nennwertes in der Bilanz stehen. Bei einem Schuldenschnitt um 75 Prozent müsste die Bank weitere rund 700 Millionen Euro Verlust verbuchen. Dennoch rechnet der Vorstand im ersten Halbjahr 2012 mit einem Gewinn von weiteren 1,2 Milliarden Euro.
Eine Umwandlung der 750 Millionen Euro großen Stillen Einlage der Allianz ist vorerst nicht Teil des Plans. Die Gespräche darüber hätten nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können, hatte Reuters aus Verhandlungskreisen erfahren. Kapitalmaßnahmen seien nur für den Notfall geplant, hieß es. (rtr)
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