Abmahnung für Freenet-Chef Finanzinvestor Hermes droht Vorstand mit Nichtentlastung auf der Hauptversammlung VON CHRISTINE SKOWRONOWSKI
Der Finanzinvestor Hermes ruft den Vorstand der Internetfirma Freenet in scharfer Form öffentlich zur Raison. Dieser nimmt es nach Ansicht des britischen Fonds, der mit fünf Prozent an Freenet beteiligt ist, vor allem mit den Corporate-Governance-Regeln, also den Vorschriften für eine ordnungsgemäße und transparente Unternehmensführung, nicht so genau.
Dem Vorstand mit Eckard Spoerr an der Spitze kann deshalb auf der Hauptversammlung am 20. Juli ein Antrag auf Nicht-Entlastung blühen. Auch der Aufsichtsrat muss sich auf Widerstand gefasst machen. Beides werde derzeit ernsthaft geprüft, wie ein Hermes-Sprecher der FR sagte.
Default Banner Werbung Zahlreiche Entscheidungen der Firma will Hermes auf dem Aktionärstreffen massiv kritisieren und unter Umständen nicht mittragen, droht der Finanzinvestor. Die Kritikpunkte nennt er in einer ausführlichen Erklärung, nachdem Vorstandschef Stephan Howaldt zuvor mit der Forderung nach Zerschlagung von Freenet im Gespräch mit der FAZ für Wirbel gesorgt hatte. An die Öffentlichkeit zu gehen sei eigentlich nicht die Art von Hermes, meinte der Fonds-Sprecher gestern. Dies sei nur die "ultima ratio", wenn der "Dialog" mit dem Vorstand nicht weiter führe.
Hermes moniert vor allem, dass Freenet ein Aktienwertsteigerungsprogramm beschlossen habe, mit dem sich Firmenchef und Finanzvorstand kräftig bedienten. Dies sei im Vergleich zur Größe von Freenet mit 5,145 Millionen viel zu üppig. Davon sind 3,1 Millionen für den Vorstand reserviert. Steigt der Aktienkurs im erwarteten Umfang, könnten die Spitzenmanager bis zu 50 Millionen Euro kassieren. Das Programm habe der Freenet-Aufsichtsrat trotz der von Hermes vorgebrachten Einwände beschlossen. In dem Kontrollgremium ist Hermes nicht vertreten. Zum damaligen Zeitpunkt stimmte aber noch der frühere Großaktionär Texas Pacific mit, der sein Paket von 18,7 Prozent inzwischen an die Vatas-Holding veräußert hat. Freenet erwirtschaftete im vorigen Jahr bei zwei Milliarden Euro Umsatz 117,6 Millionen Gewinn vor Steuern.
Hermes bemängelt zudem, dass Freenet die Rechnungslegung geändert, dies aber nicht erläutert habe, was sehr stark und "unnötigerweise" zu Lasten der Transparenz gehe.
Freenets Zerschlagung gefordert zu haben, bezeichnet der Fonds als "Überinterpretation". Er sei vielmehr besorgt darüber, dass die Firma wichtige Entwicklungen in der Branche zu verpassen drohe. Deshalb habe der Fonds an den Vorstand appelliert, für alle Optionen offen zu sein.
Freenet äußerte sich auf Anfrage der FR gestern nicht zu den Vorwürfen. Laut FAZ soll Spoerr sich geweigert haben, das Wertsteigerungsprogramm zurecht zu stutzen und auf einen Teil der sich für ihn ergebenden Vorteile zu verzichten. Dass Hermes sich mit Anteilseignern gegen den in die Kritik geratenen Spitzenmanager verbündet habe, bestreitet der Fonds-Sprecher. "Es gibt keine konzertierte Aktion." Es sei nur hier und da von Äußerungen anderer Aktionäre zu lesen.
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