Mich macht Evotecs Stillschweigen zu all den Spekulationen rund um miserable Q3 Zahlen und eine Verfehlung der Guidance nachdenklich.
Wenn Evotec irgendetwas vermelden kann, was auch nur positiv klingt, hat man das in der Vergangenheit unverzüglich getan.
Wenn das Unternehmen hingegen still wurde, lagen regelmäßig schlechte Nachrichten in der Luft. Wenn ihr der CEO wärt und ein Analyst der Dt. Bank stößt euch einen Monat vor Zahlenbekanntgabe kräftig vor's Schienbein und zwar exakt in dem Moment, da einige US Hedgefonds die Aktie wieder hart attackieren, was würdet ihr tun? Stillschweigend einem weiteren 10%-Abverkauf zusehen oder aktiv kommunizieren und Transparenz über die aktuelle Lage schaffen?
Gerade dann, wenn das Quartal tatsächlich schlecht lief würde ich den Anlegern unverzüglich reinen Wein einschenken, um Vertrauen zu schaffen und diese elende wabernde Unsicherheit zu beseitigen.
Den meisten hier ist doch klar, dass Evotec miserabel gewirtschaftet, die Kostenbasis aufgebläht und Verträge allein um des Umsatzwachstums Willen zu extrem schlechten Konditionen abgeschlossen hat. Das Ergebnis in Gestalt einer desaströsen Profitabilität kennen wir mittlerweile alle. Aus diesem Dilemma gibt es kurzfristig auch kein Entkommen, denn die überzähligen Arbeitnehmer / Kapazitäten sind vorerst da, Arbeitsplatzabbau in Euroland extrem teuer und langwierig. Wer die von mir gepostete Unternehmenspräsentation gelesen hat, weiß, dass der Arbeitsplatzabbau - oh Wunder - bis dato nur in UK und USA abgeschlossen werden konnte, In Deutschland, Frankreich und dem Rest der EU noch nicht einmal die Verhandlungen mit dem Betriebsrat durch sind, geschweige die notwendigen Entlassungen. All das ist nicht nur kostenintensiv, es hemmt das Unternehmen und folglich können sich Führungskräfte aktuell nicht den Themen widmen, die für die Zukunft des Unternehmens wichtiger wären als Verhandlungen über Personalabbau... Darüber hinaus hat Evotec aber nicht nur ein Kostenproblem, man hat langfristige Verträge für Auftragsforschung und Biologika zu offensichtlich extrem schlechten Konditionen abgeschlossen. Die Preise der vereinbarten Dienstleistungen kann Evotec nicht einfach so anpassen. Pacta sunt servanda! Somit kann Evotec seine Preise zunächst nur bei Neuaufträgen korrigieren. Bei laufenden Verträgen kann man den Versuch der Nachverhandlung unternehmen oder eine Änderungskündigung vornehmen. In jedem Fall kostet das alles viel Zeit und verursacht zusätzliche Beratungs- und Verwaltungskosten, belastet demnach erst einmal die Profitabilität bevor sich ein, zwei Quartale später die ersten Früchte in Form einer deutlich verbesserten Ertragslage einstellen. Wer noch nie die Buchhaltung eines Unternehmens geführt hat, macht sich keine Vorstellung davon, wie langwierig, anstrengend und teilweise auch frustrierend solche Restrukturierungsprozesse üblicherweise sind. Kostensenkungsmaßnahmen anzukündigen geht schnell. Sie tatsächlich umzusetzen dauert mindestens mehrere Monate, wenn nicht Jahre. Wir haben in Deutschland einen extrem hohen Kündigungsschutz. Hire and fire außerhalb einer Insolvenz ist nicht...
Wenn ich also lese, was das Unternehmen hier binnen eines Quartals an Verbesserungen liefern soll, so fehlt mir der Glaube. Wer wirklich glaubt, dass die Ergebnisse der nächsten beiden Quartale positiv sein könnten, geschweige denn irgend eine Aussage über den Unternehmenswert liefern könnten, sollte sich besser heute als morgen vom Acker machen, denn er kann nur enttäuscht werden.
Die zukünftig nachhaltig erzielbare Ertragskraft des Unternehmens wird weder dieses Jahr noch den Quartalsergebnissen des Jahres 2025 entnehmbar sein. Daher ist es ja so überragend wichtig, eine verlässliche Mittel- und Langfristplanung des Unternehmens zu erhalten. Ohne eine solche ist eine valide Bewertung des Unternehmens absolut UNMÖGLICH!
Und nun kommen wir dem Kern des Problems näher... Ein bestimmer Zocker von Sharedeals trommelt wie verrückt für die Aktie und setzt die Behauptung in die Welt, Evotec werde mit dem Q3-Bericht eine aktualisierte Mittelfristplanung veröffentlichen.
Ich frage mich, woher dieser Zocker diese Erkenntnis nimmt. Von Evotec kommt diese Info garantiert nicht. Denn auf telefonische Nachfrage bei der IR Abteilung erhält man die Auskunft, das genau das bei Vorlage des Q3-Berichts NICHT GEPLANT ist! Zwar habe man eine zweistündige Q&A-Session im Rahmen der üblichen Telko geplant, die seit Monaten erwartete Mittelfristplanung werde nach aktuellem Kenntnisstand indes NICHT mit dem Q3-Bericht publiziert.
Jetzt darf sich jeder mal selbst fragen, wie man ein börsennotiertes Unternehmen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ohne Existenz einer strategischen Kurz-, Mittel- und Langfristplanung führen kann...???
Und genau da ist der Ansatz der Shortseller. Solange die Führungsmannschaft des Unternehmens selbst nicht weiß, wo die Reise hingeht und was das Unternehmen Stand heute wert ist, wie will man die Aktie auf solch einer Grundlage einem ohnehin hochnervösen und risikoaversen Kapitalmarkt verkaufen?
Natürlich kann man zunächst einfach mal ein paar Directors Dealings durchführen. Das beruhigt den Markt genau so lange bis der nächste Analyst eine negative Prognose raushaut... siehe Jefferies und Dt. Bank. Seither herrscht erneut großes Nervenflattern und die Shortseller machen mit dem Kurs was immer sie wollen...
Wenn bei smart money auch nur ähnlich viel Optimismus für die Produktpipeline des Unternehmens herrschen würde wie hier im Thread, stünde die Aktie vermutlich zweistellig. Dass sie das nicht tut, sollte auch dem allergrößten Optimisten Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Wenn ein Unternehmen Evotec übernehmen wollte, würde man die Aktie einfach kaufen oder sich massiv mit Kaufoptionen eindecken. Ein solcher Kauf von Calloptionen würde indes sofort Aktienkäufe des Emittenten der Optionsscheine nach sich ziehen, um die Position zu hedgen. Es wäre demnach mit kurzer zeitlicher Verzögerung bis zur Erstmeldung einer wesentlichen Beteiligung unmöglich, Kaufinteresse nachhaltig zu verbergen... Als Finanzinvestor muss ich nicht das Management fragen, ob es meine Beteiligung für wünschenswert erachtet. Man kauft die Aktie und spätestens bei Erreichen der 30%-Schwelle publiziert man ein Übernahmeangebot. Da muss man nicht monatelang irgendwo Klinken putzen und ganz sicher wartet man nicht ab, bis die Aktie wieder bei 20 oder 30 EUR steht, wenn man das Unternehmen Stand heute als unbedingt kaufenswert erachtet.
Natürlich spielen bei Finanzinvestoren immer auch Zinsen eine Rolle. Man könnte auf weitere EZB Zinssenkungen spekulieren und dann mit einer günstigeren Refinanzierung an den Start gehen. Der alles entscheidende Punkt ist aber doch der KAUFPREIS. Je billiger dieser, desto geringer das Zinsthema. Und im übrigen wäre ein Investor in Erwartung sinkender Zinsen ja auch nicht gezwungen, die Übernahme langfristig zu finanzieren. Man könnte die Spekulation auf einen steigenden Unternehmenswert natürlich um eine Spekulation auf fallende Zinsen ergänzen, indem der Kaufpreis kurzfristig finanziert und anschließend umgeschuldet wird...
All das beschreibt den typischen Arbeitsauftrag von Investmentbankern und Private Equity Investoren...
Wer also meint, da spielen sich im Hintergrund gerade großartige Übernahmeverhandlungen ab, der möge sich einfach mal selbst fragen, wie er selbst bei einem Unternehmenskauf vorginge, wenn er die Aktie HEUTE für spottbillig hielte. Ob er dann auch Monate oder Jahre zuwarten würde, bis die Aktie wieder TEUER ist oder dann kaufen würde, wenn das Unternehmen niemand sonst haben will...
Ich habe eher den Eindruck, dass bei Evotec aktuell weder Fonds noch andere Großinvestoren für eine Beteiligung oder Übernahme Schlange stehen. Es ist wie häufig im Leben. Wenn etwas optisch zu billig ist, steckt meist der Wurm drin. Und Leute mit viel Geld wollen vor allem eines nicht, Geld verlieren. Viele Kleinaktionäre indes hängen dem Glauben an, ein Investment müsse erst einmal richtig weh tun, bevor die Rendite kommt. Schmerzensgeld... Sorry, das ist Bullshit! Es ist im Regelfall viel erfolgreicher, ein Unternehmen im starken Aufwärtstrend zu kaufen... von der ersten Minute des Kaufs an im Plus zu stehen und das Unternehmen zwecks Dividenertrag dauerhaft zu behalten oder später mit Gewinn zu veräußern.
Wer 2015 1000 EUR in Nvidia gesteckt und bis heute gehalten hat, hält heute eine Position von mehr als 800.000 EUR... Langfristcharts wie Amazon, Microsoft, Meta, Nvidia... die über die Jahre von links unten nach rechts oben verlaufen, gibt es in Deutschland mit Abstrichen nur bei Siemens und SAP...
Das ist vermutlich einer der Gründe für die hundsmiserable Aktionärsquote in Deutschland. Hier erinnert man sich vor allem an Betrugsfälle wie Wirecard, Adler Immobilien... knallharte Ausbeutung von Minderheitsaktionären bei Aurelius oder Rocket Internet... Oder eben auch kleine Betrügereien durch Intransparenz und völlig irrationale Managementprognosen wie bei Evotec oder Teamviewer, mit denen Kleinanleger zu weit überteuerten Kursen in die Aktien gelockt und dann durch InsiderVERKÄUFE knallhart abgezockt wurden... was übrig bleibt ist verbrannte Erde und ein nachhaltig zerstörtes Anlegervertrauen...
Kann man etwa bei Teamviewer aktuell sehr schön sehen, wo das Unternehmen mittlerweile super Zahlen liefern kann und diese dennoch immer nur für einen kurzen Hype ausreichen, um anschließend wieder komplett abverkauft zu werden und das Unternehmen dauerhaft auf einem im Peergroupvergleich unterirdisch niedrigen Bewertungsniveau zu halten. Natürlich heilt Zeit alle Wunden... aber Vertrauensbildung dauert bisweilen Jahre, wenn man die Anleger einmal richtig übervorteilt hat...
Das gleiche Problem könnte Evotec ereilen, sofern man überhaupt jemals auch nur näherungsweise ein Profitabilitäts- und Cashflowniveau wie Teamviewer erreichen sollte... Insofern wäre eine Übernahme für alle Longies wohl ein Segen...
Sollte das Unternehmen seine Kommunikationspolitik nicht deutlich transparenter aufstellen und mir als Aktionär das Gefühl geben, dass man sich dem SHAREHOLDER VALUE tatsächlich verpflichtet fühlt und Aktionäre nicht dem Dauerbeschuss von US Shortsellern aussetzt sondern aktive Kurspflege zu betreiben bereit ist, muss ich mein als langfristig geplantes Investment definitiv überdenken. Es kann einfach nicht sein, dass man sich als Aktionär ständig einem Fallbeil ausgesetzt fühlt, weil das Unternehmen unangenehme Wahrheiten nicht transparent offenlegt sondern es Analysten und Zockerblättchen wie Sharedeals überlässt, abwechselnd positive und negative Spekulationen und Unsicherheit über kursrelevante Tatsachen in die Welt zu setzen. Wenn der ganze Kapitalmarkt auf die Publikation einer Mittelfristprognose wartet, will ich nicht erst von der IR Abteilung erfahren, dass diese aller Voraussicht nach nicht mit dem Q3-Bericht veröffentlicht wird...! |