Ein Artikel von GoingPublic aus 1999 anläßlich des IPO's von Comroad bestätigt zumindest die Vorwürfe von BWL'er bezüglich der Unregelmäßigkeiten beim Börsengang.
ComROAD - Anleger geprellt?
Am 26. November möchte das Unterschleißheimer Unter- nehmen ComROAD sein Debüt am Neuen Markt feiern. Plaziert werden sollen 1,29 Mio. Stückaktien (inklu- sive Greenshoe) mit einem rechnerischen Nennwert von 1 Euro. Die Emission wird von der Concord Effekten AG (Lead) und Hauck & Aufhäuser Privatbankiers be- gleitet. ComROAD ist nach eigenen Angaben Technolo- gieführer im Bereich "Global Telematic Systems & Mo- bile Online Services". Das klingt auf den ersten Blick recht spannend und zukunftsträchtig. Doch auf den zweiten Blick könnte sich hinter der Emission eine weitere Skandalfirma des Neuen Marktes verber- gen, denn Vorstand und Aufsichtsrat sind schon in der Vergangenheit durch äußert fragwürdiges Verhal- ten gegenüber Anlegern aufgefallen. Umfangreiche Re- cherchen der GoingPublic-Redaktion brachten folgende Fakten ans Tageslicht:
Das Unternehmen veröffentlichte am 23. März 1998 ei- ne Anzeige im Handelsblatt, in der Privatinvestoren die Teilnahme an einem Private Placement angeboten wurde. Sieben Personen folgten dem Aufruf. Im Zuge der folgenden Kapitalerhöhung, die auf der Hauptver- sammlung vom 14. November 1997 beschlossen worden war, zeichneten sie zu einem Bezugspreis von 50 DM und einem Nennwert von 5 DM je Aktie insgesamt 1,8 \% des Aktienkapitals. Der Vorstand bestätigte Mitte 1998 den Erhalt und die Annahme der Zeichnungsanträ- ge. Kurz darauf leisteten die Investoren ihre Einla- ge.
Am 26. November 1998 teilte das Amtsgericht München dem Notar des Unternehmens mit, daß die Zeichnungs- scheine aufgrund eines Formfehlers nicht § 185 AktG entsprechen. Zwei Wochen später gingen beim Regis- tergericht die korrigierten Zeichnungsscheine - je- doch nur die der Altaktionäre - ein. Die Privatin- vestoren hatten zwar ihre Einlage von insgesamt 90.000 DM geleistet, wurden von ComROAD jedoch nicht über den Formfehler unterrichtet. Somit hatten die Privatanleger keine Kenntnis des Formfehlers, ge- schweige denn Gelegenheit, rechtswirksame Zeich- nungsscheine einzureichen.
Noch im Mai 1999 hatte sich ein Investor bei ComROAD über die Entwicklung seiner Aktien erkundigt. Der jetzige Vorstand Bodo Schnabel sendete ihm daraufhin Informationsmaterial zu und teilte ihm schriftlich mit, daß der Börsengang für November 1999 im Segment Neuer Markt geplant sei.
Am 9. Juni 1999 wurden bei einer Hauptversammlung, zu der die Privat-Investoren nicht eingeladen waren und die laut Protokoll sage und schreibe nur 10 Mi- nuten dauerte, 14 Tagesordnungspunkte abgehandelt. Dabei wurde die Aufhebung des Kapitalerhöhungs- beschlusses vom 14. November 1997 verabschiedet und eine neuerliche Kapitalerhöhung in gleicher Höhe be- schlossen.
Weitere sechs Wochen später, nämlich am 27. Juli 1999 bedankte sich der Vorstandsvorsitzende Bodo Schnabel nochmals bei den Privat-Investoren für das entgegengebrachte Vertrauen und die Zeichnung der Aktien aus der Kapitalerhöhung vom 14. November 1997. Gleichzeitig teilte er den Investoren jedoch mit, daß die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bei Prüfung des Jahresabschlusses 1998 und einer nachfolgenden Due Diligence festgestellt habe, daß die Kapitalerhöhung nichtig sei. Im gleichen Schrei- ben kündigte er an, die Einlage zuzüglich einer Ver- zinsung von 8 \% p.a. in den nächsten Tagen zurückzu- zahlen. Weiterhin stellte er die Prüfung der bevor- rechtigten Zuteilung von Aktien im Rahmen des bevor- stehenden Börsengangs in Aussicht.
Nur drei Tage später, am 30. Juli 1999, erwarb der jetzige Konsortialführer Concord Effekten AG 113.800 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rech- nerischen Nennwert von 1 Euro gegen Zahlung von 1,745 Mio. Euro aus dem Besitz von Bodo Schnabel, Ingrid Schnabel und Hartmut Schwamm.
Am 11. August 1999 wurde bei einer weiteren Haupt- versammlung beschlossen, das Grundkapital um 1,745 Mio. Euro auf 2 Mio. Euro anzuheben. Hierfür wurden 1,745 Mio. auf den Inhaber lautende Aktien zu einem Preis von 1 Euro ausgegeben. Diese wurden von Herrn und Frau Schnabel und vom damaligen Aufsichtsrat und heutigen Vorstand Herrn Schwamm bezogen. Die Eintra- gung ins Handelsregister wurde am 16. September 1999 vorgenommen.
Ebenfalls noch am 16. September wurde ein weiterer Beteiligungsvertrag, diesmal mit TFG Venture Capi- tal, abgeschlossen. Diese erwarb 56.800 Aktien im Nennwert von 1 Euro für 1.596.151 Euro aus dem Be- sitz von Herrn und Frau Schnabel sowie Herrn Schwamm. Dies entspricht einem Kaufpreis von 28,10 Euro pro Aktie. Im gleichen Vertrag wurde eine wei- tere Kapitalerhöhung vereinbart, die schon am nächs- ten Tag von einer außerordentlichen Hauptversammlung beschlossen wurde. An dieser Kapitalerhöhung nahmen die Altaktionäre sowie Concord und TFG teil. Der Ausgabebetrag für eine Aktie im Nennwert von 1 Euro betrug 1 Euro.
Auf der bislang letzten außerordentlichen Hauptver- sammlung am 29. September 1999 wurde schließlich die Erhöhung des Grundkapitals um eine weitere Mio. Euro beschlossen. Diese Aktien sowie 170.000 weitere Ak- tien aus Altaktionärsbesitz und eines Greenshoe von 120.000 Aktien (ebenfalls aus Altaktionärsbesitz) werden noch bis 22. November dem breiten Anlegerpub- likum zur Zeichnung angeboten.
Soweit die Chronologie der Ereignisse. Den mit der Anzeige geworbenen Privatinvestoren stellt sich nun zurecht die Frage, warum sie von Vorstand und Auf- sichtsrat über ein Jahr lang im Glauben gelassen wurden, daß sie Aktionäre seien. Die mit 8 \% p. a. großzügige Verzinsung ihrer Kapitaleinlage ist ge- genüber dem entgangenen Gewinn, wenn sie denn Aktio- näre gewesen wären, ein schwacher Trost.
Dies mag um so frustrierender sein, als die Privat- Investoren bei einem Umsatz 1998 von 4,5 Mio. DM als Risikokapitalgeber eingestiegen sind. Nun, da sich für 1999 ein Jahresumsatz von 18 Mio. DM und ein Börsenerfolg abzeichnet, werden sie nachträglich als Fremdkapitalgeber behandelt.
GoingPublic ließ die schriftlich vorliegenden Unter- lagen von einem auf Aktienrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen. Dieser kommt zu dem Schluß, daß die Investoren zwar nicht Aktionäre geworden sind, jedoch im Wege des Schadensersatzes wegen treuwidri- gen Handelns der Gesellschaft, ihrer Organe und Ak- tionäre nicht nur die geleistete Kapitaleinlage zu- rückverlangen können, sondern darüber hinaus auch den entgangenen Gewinn.
Dies sollte von den Verantwortlichen, aber auch von Erstzeichnern in ihre Rechnung mit einbezogen wer- den. |